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Heidenaus Lehrer schweigen aus Protest

Mit einer „stummen Stunde“ wird am Freitag im Gymnasium die Bildungspolitik kritisiert. Dabei geht es um mehr als nur Geld.

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© dpa

Von Heike Sabel

Heidenau. Die dritte Unterrichtsstunde wird am Freitag im Heidenauer Gymnasium etwas anders laufen als gewohnt. Es wird sehr leise sein, denn die Lehrer werden nicht reden. Ansonsten soll der Unterricht wie immer ablaufen. Mit ihrem Schweigen wollen sie protestieren. Das Programm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen“ der Regierung sei nach ursprünglich geweckten Hoffnungen eine erneute Ernüchterung.

Auf der Strecke blieben vor allem die jüngeren Lehrer, die über 42-Jährigen sowie die, die nicht verbeamtet werden wollen, sagen sie. Genau diese Gruppen aber machen insbesondere an Gymnasien den Großteil aus. „Wir haben jahrzehntelange Erfahrungen und haben uns auch über die Zeit bewährt“ heißt es in dem offenen Brief der Heidenauer Interessengemeinschaft „Fair Play im Lehrerzimmer“, welche die Aktion organisiert.

Dabei gehe es keinesfalls nur um Geld. Viele Lehrer seien demotiviert, weil sie das Recht aller Kinder und Jugendlichen auf bestmögliche Bildung im Freistaat gefährdet sehen. Es würde zu oft reagiert, statt agiert, zu viel experimentiert.

Zunächst war erwogen worden, bei der Aktion zusätzlich Mundschutz zu tragen. Davon aber haben sich die Lehrer verabschiedet. Sie wollen keine weitere zusätzlichen Konfrontation mit dem Kultus-Ministerium und dem Landesamt für Schule und Bildung. Das hatte erst versucht, die Aktion als Streik zu werten. Damit hätten die teilnehmenden Lehrer mit personalrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Das Landesamt versicherte den Lehrern und gegenüber der Sächsischen Zeitung, dass die Aktion ohne negative Folgen für die Lehrer durchgeführt werden darf. Am Freitag will ein Vertreter des Landesamtes in Heidenau mit den Lehrern ins Gespräch kommen.

An der Aktion beteiligt sich unter anderem auch das Pirnaer Herder-Gymnasium. In Pirna wird jedoch geredet, statt zu schweigen. Hier wollen die Lehrer die Stunde nutzen, um mit den Schülern die Themen Lehrermangel- und -motivation, Bildungsqualität und Attraktivität des Berufs zu diskutieren.

Herder-Direktorin Marion Paßmann hält sich, anders als ihr Heidenauer Amtskollege, nicht zurück. „Die jetzige Situation ist das Ergebnis der vergangenen 28 Jahre“, sagt sie. Es würden immer nur Schäden repariert. An manchen Stellen sieht sie die Zukunft sehr düster. Obwohl das Pro und Kontra in den Lehrerzimmern viel diskutiert wird, seien die Verärgerung, die Wut und die Irritationen groß. In Pirna sollen weitere Aktionen folgen, unter anderem auch eine Podiumsdiskussion.

Die Heidenauer Biologie-Lehrerin Irene Ullrich gehört zu der Gruppe, die die Aktion initiierte. Sie ist aufgeregt. Das öffentliche Interesse ist doch groß. Doch genau das brauche man, um etwas zu erreichen. Eltern und Schüler wurden bereits rechtzeitig informiert. Die Zwölftklässler am Gymnasium unterstützen ihre Lehrer, auch wenn sie am Freitag andere Sorgen haben: Sie schreiben ihre Englisch-Abiturprüfung.