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Haute Cuisine in Tharandt

Die Tharandter Spezialitätenmanufaktur glänzt mit gutem Handwerk – und einem klaren Bekenntnis zur Region.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Franz Werfel

Tharandt. Wer das Bistro der Tharandter Spezialitätenmanufaktur betritt, hat das Gefühl, in einer richtig guten Fleischerei zu stehen. Es riecht nach abgehangenem, gewürztem Fleisch. „Hauswirtschaft“ nennen Annett und André Borgwardt ihre kleine Gaststätte – und das ist wörtlich gemeint. Denn hier geht es gemütlich und familiär zu. Und das bei einer Spitzenqualität der angebotenen Lebensmittel.

Schinken sind das Markenzeichen der Manufaktur. Luftgetrocknet gibt es etwa Wildschinken aus dem Tharandter Wald.
Schinken sind das Markenzeichen der Manufaktur. Luftgetrocknet gibt es etwa Wildschinken aus dem Tharandter Wald. © Karl-Ludwig Oberthür
In dieser Schinkenpresse ist derzeit das wertvolle Fleisch des japanischen Wagyu-Rindes eingelegt. Fotos: Karl-Ludwig Oberthür
In dieser Schinkenpresse ist derzeit das wertvolle Fleisch des japanischen Wagyu-Rindes eingelegt. Fotos: Karl-Ludwig Oberthür © Karl-Ludwig Oberthür

Mittlerweile ist die Tharandter Spezialitätenmanufaktur längst kein Geheimtipp mehr. Das war sie anfangs durchaus, als vor einem Jahr die Geschwister Annett und André Borgwardt die 69 Jahre alte Traditionsfleischerei samt Bistro von ihren Eltern übernahmen. Nun kommt es schon mal vor, dass Jäger oder Jagdschüler – oft Tharandter Studenten – mit ihrem selbst geschossenen Fleisch vorbeischauen. „Die fragen uns dann, ob wir für sie daraus Wildschinken herstellen können, als Auftragsschlachtung“, sagt André Borgwardt. „Das machen wir natürlich immer gern, wenn es unsere Zeit erlaubt.“ Als einmal im Radio ein Bericht über das Tharandter Unternehmen gesendet wurde, kamen an dem Tag viele Pendler in die Forststadt. Sie waren von der Autobahn abgefahren, um die Spezialitäten von André Borgwardt zu verkosten.

Eine davon nennt sich Waidwerk. Dabei kooperieren die Borgwardts mit dem Sachsenforst. „Garantiert im Forst erlegte Tiere schlachten wir hier und verkaufen sie unter diesem Namen“, so Borgwardt. Sein Markenzeichen ist luftgetrockneter Wildschinken. Das Ziel ist klar: „In zehn Jahren soll das die Fleisch-Marke des Sachsenforsts sein.“

Borgwardt ist gelernter Koch. Zusammen mit seiner Schwester Annett, einer gelernten Bürokauffrau mit Erfahrung im Unterhaltungs- und Marketingbereich, entwickelt er viele Ideen. Manchmal schwirrt den beiden der Kopf – weil sie mit der Umsetzung gar nicht schnell genug hinterherkommen. Und weil es richtig gut läuft. „Uns geht es darum, ehrliche, transparente Produkte anzubieten. Mit einem deutlichen Bezug zu unserer Region und der jeweiligen Saison.“ Was wie hohles Marketing-Geblubber klingen könnte, meint André Borgwardt ganz ernst. Auch im Privaten lebt er seine Ideale: gutes, vernünftiges und leckeres Essen.

Ein echtes Highlight

Zu Ostern etwa schlachten die Borgwardts Ziegen und Schafe aus Altmittweida. Die Rinder, die sie verarbeiten, kommen aus Blankenstein und Frauenstein. An jedem Sonnabend mietet André Borgwardt einen Schlachtraum in Dorfhain.

Nun ist ihm kürzlich ein echtes Highlight zugelaufen. Davon werden aber die Tharandter nicht profitieren. „Über einen befreundeten Dresdner Schlachter habe ich Kontakt zu einem Rinderzüchter im Harz bekommen“, erzählt Borgwardt. Der züchtet japanische Wagyu-Rinder. Wegen ihres zarten, mit nur wenigen Sehnen durchzogenen Fleisches gilt diese Rasse als teuerstes Hausrind der Welt. „Mein Kumpel hat von dem Fleisch ein edles Barbecue ausgestattet“, so Borgwardt. Am Ende blieb nur der Hintern übrig. „Da haben die uns gefragt, ob ich daraus Schinken machen könne“, so Borgwardt. Der geht zum Großteil in den Harz zurück.

Üblicherweise schaut André Borgwardt bei neuen Kreationen im Internet nach, zu welchem Preis er sie verkaufen könnte. „Doch wenn man nach Wagyu-Schinken schaut, findet man nichts.“ Es ist ein teures Experiment, für das der Kunde am Ende bis zu 150 Euro pro Kilo zahlen müsste.

Damit die beiden künftig noch mehr Zeit fürs Marketing und für die Planung neuer Produkte haben, wollen sie sich ein wenig aus dem Tagesgeschäft ihrer Fleischerei zurücknehmen. Deshalb stellen sie ab Januar zwei neue Mitarbeiter an. Verantwortung tragen beim Schlachten und in der Fleischerei aber nach wie vor auch ihre Eltern. Die sind beide 64 und denken noch gar nicht ans Aufhören. So ist das wohl in einem richtigen Familienbetrieb.

www.kauf-lokal-sachsen.de