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Hausverbot für Flüchtlinge

Vor allem in Gemeinschaftsunterkünften verhalten sich einige Asylsuchende sehr auffällig. Der Kreis hofft auf den Bund.

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© Dietmar Thomas

Von Maria Fricke

Mittelsachsen. Sie randalieren, sie prügeln sich, sie gehen mitunter mit Messern aufeinander los – die Situation in den mittelsächsischen Gemein-schaftsunterkünften ist nicht immer harmonisch. „Wir haben zunehmend Probleme mit Flüchtlingen, die mit dem Gesetz in Berührung kommen“, schilderte Dieter Steinert, der Leiter der Stabsstelle Asyl am Landratsamt Mittelsachsen, beim vergangenen Kreistag. Von verhängten Strafen ließen sich die auffälligen Asylbewerber oftmals nicht abschrecken. „Sie machen einfach weiter“, so Steinert.

Asylbewerber erhalten Hausverboten oder werden umverteilt

Die Folge: Einige Asylbewerber haben in den Heimen Hausverbot. Die Heimleiter bitten um Umverteilung oder verweigern die Aufnahme von bestimmten Personen. Zum Teil hätten Mitarbeiter des Landratsamtes bei der Auszahlung des Geldes bereits polizeiliche Unterstützung benötigt. „Es gibt Gefahrenlagen, aber oft reicht es nicht, die Personen zu inhaftieren oder je nach gesundheitlichem Zustand in eine geschlossene Psychiatrie einzuweisen“, ergänzte Kreissprecher André Kaiser.

Landratsamt hofft auf eine Lösung durch den Bund

Doch eine Lösung des Problems sei Steinert zufolge derzeit nicht in Sicht. „Es müssen die rechtlichen und materiellen Voraussetzungen geschaffen werden, um auch auffällige Flüchtlinge unterzubringen“, sagte der Leiter der Stabsstelle. Er hofft auf Hilfe vom Bund. Bis diese kommt, bleibe nur die Zusammenarbeit mit anderen Behörden, wie zum Beispiel der Polizei. Teilweise gebe es auch einen Austausch von Flüchtlingen zwischen den Landkreisen. Lediglich in Bezug auf Sachbeschädigungen kann das Landratsamt selbst aktiv werden. „Es gibt bereits höhere Schäden“, teilte Dieter Steinert mit. „Aber hier holen wir uns das Geld zurück“, betonte der Leiter der Stabsstelle. Das Geld werde den Leistungsbeziehern abgezogen.

Kreis zahlt rund 14 000 Euro pro Monat für leerstehende Wohnungen

Fast 1 500 Asylsuchende lebten Ende September in den Gemeinschaftsunterkünften, Wohnprojekten und Wohnungen des Kreises. Hinzu kommen fast 200, die privat untergebracht sind. Mit rund 900 befindet sich die überwiegende Mehrheit in den Gemeinschaftsunterkünften. Die Einrichtungen werden maximal zu 85 Prozent ausgelastet. „Religiöse und ethnische Gründe lassen eine Vollbelastung nicht zu“, begründete Steinert. Rund 14 000 Euro seien im September für leerstehende Wohnungen ausgegeben worden, ergänzte der Leiter der Stabsstelle. „Aber das gehört dazu. Wir müssen Wohnungen vorhalten, in denen keiner lebt.“ Gerade im Bereich der Wohnungen gebe es eine hohe Fluktuation. Denn sobald die Asylsuchenden eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, suchen sie sich selbst eine Unterkunft. Im Anschluss an den Auszug werden die Wohnungen vorgerichtet. Auch aus diesem Grund können sie nicht belegt werden.

Mehr als ein Drittel der Plätze in Döbeln ist noch frei

In der Gemeinschaftsunterkunft in Döbeln waren Ende September über 140 der 210 zur Verfügung stehenden Plätze belegt. Darunter waren elf Personen, die eine Aufenthaltsgenehmigung hatten, aber noch keine eigene Wohnung. Im Wohnprojekt an der Döbelner Friedrichstraße 9 lebten 40 Personen, für 50 ist Platz. Ähnlich sah es in Waldheim an der Hauptstraße 1 bis 12 aus. Von 65 zur Verfügung stehenden Plätzen waren 42 belegt, neun weitere Asylbewerber mit Aufenthaltsgenehmigung kamen hinzu.

Landratsamt hat fast 1 200 Plätze zur Unterbringung wieder abgebaut

Die Zahl der Zuweisungen ist weiter rückläufig. Bis Ende September kamen fast 350 Asylsuchende neu nach Mittelsachsen, rund 40 pro Monat. Über 630 haben den Kreis seit Jahresanfang bis Ende September verlassen. Aufgrund der zurückgehenden Zahlen hat das Landratsamt 1 200 Plätze zur Unterbringung abgebaut, zuletzt die Erstaufnahmeeinrichtung in Rossau.

Die Mehrheit der Asylbewerber lebt in Freiberg

Der größte Anteil an Asylsuchenden ist in Freiberg zu finden. Über 40 Prozent leben in der Kreisstadt. „Die Situation ist für die Bevölkerung nicht rosig“, sagte Steinert. Dem Landratsamt sei es in der Vergangenheit gelungen, die Zahl der Asylsuchenden in der Stadt auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Schwierig ist allerdings, dass sich die Asylsuchenden nach Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung ihren Wohnort selbst wählen dürfen. Viele ziehe es dann in die große Stadt. Vor allem Dresden, Leipzig und Chemnitz haben damit zu kämpfen. Der Freistaat will hier mit einer Wohnsitzauflage gegensteuern. Sobald die Flüchtlinge ihre Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung erhalten haben, sind sie auch verpflichtet, an einem bestimmten Ort zu bleiben. Aber: „Eine zeitlich befristete Wohnsitzauflage wird dazu führen, dass ein Teil der betreffenden Personen sich noch länger in unseren Unterkünften aufhalten wird. Ein bestehender Wunsch, in eine größere Stadt zu ziehen, wird dadurch nur aufgeschoben“, teilte Cornelia Kluge, Sprecherin des Landratsamtes, mit.