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Hausmeister und Spielzeugerfinder

Seit zehn Jahren arbeitet Jürgen Knauer im Kinderhaus in Wachau. Ein Tag ist ihm besonders in Erinnerung geblieben.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Wachau. Läuft man mit Jürgen Knauer über das Gelände des Awo-Kinderhauses in Wachau, dann zeigt er immer wieder in die ein oder andere Richtung: „Den Zaun habe ich gebaut, diese Holzstühle, die sind auch von mir. An der Lok und den Hängern habe ich auch mitgearbeitet.“ Der bärtige Wachauer sagt das beiläufig, keineswegs Erfolg heischend, eher der Vollständigkeit halber.

Im Grunde will er den ganzen Rummel nicht, der in diesen Tagen um ihn gemacht wird. Seit zehn Jahren ist er bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) als Hausmeister angestellt. Aus diesem Anlass haben die Mädchen und Jungen der größeren Gruppen ein paar Lieder gesungen und sogar einen Tanz um seinen Stuhl aufgeführt. Immer wieder wollte er aufstehen. Doch die vielen Kinderhände drückten ihn immer wieder in den Stuhl zurück. Da konnte er nichts machen. Vor zehn Jahren im Sommer war es, dass er bei seinem damaligen Arbeitgeber, einem Transportunternehmen, kündigte und sich bei der Awo um eine Stelle als Hausmeister bewarb. „Ich wurde dann zum Gespräch eingeladen, aber eine Hausmeisterstelle hat man mir nicht angeboten“, erzählt er. Stattdessen schlugen sie ihm einen anderen Job vor. „Er nannte sich Arbeitsvorbereiter für Ein-Euro-Jobber. Das hab ich gerne angenommen.“ Jürgen Knauer war damit Chef von etwa sechs Mitarbeitern. Ein halbes Jahr arbeitete er mit ihnen in der Kita Lomnitz, ein weiteres halbes Jahr in der Schule und im Hort in Wachau. „Im Juni 2006 wurde ich wieder zum Gespräch einbestellt und dort sagte man, es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Da ist mir erst mal das Herz in die Hose gerutscht.“ Die schlechte war, dass die Arbeit mit den Ein-Euro-Jobbern ausläuft, die gute, dass er eine Festanstellung in der Kita in Wachau bekommt. „Das war natürlich ein Traum.“

Was machst du denn da?

Seitdem hängt er sich mächtig rein, für seine Kinder, wie er sagt. Da ein neues Spielgerät, dort eine Reparatur, hier eine neue Glühlampe. Seitdem hat sich hundertfach die gleiche Gesprächsszene wiederholt: „Was machst du denn da?“, fragen ihn nahezu täglich seine Kinder. Jedesmal lautet seine Gegenfrage: „Wonach sieht es denn aus?“ Kurze Pause, dann kommt die meist richtige Antwort: „Du reparierst einen Stuhl.“ „Genau“, sagt er daraufhin. Mittlerweile hat sich auch herausgestellt, dass die Kita Wachau auch der richtige Arbeitsort für ihn ist. Ganz klar war das am Anfang nicht. Denn seine Frau ist im gleichen Haus Kita-Leiterin, also seine Chefin. „Wir haben nach wenigen Tagen eine klare Linie gezogen, das ist ihrs, das meins.“ Mit „ihrs“ meint Jürgen Knauer ihre Arbeit mit den Kindern, sein Reich ist die Werkstatt.

Wenn Reparaturen anfallen, die für den Kita-Ablauf wichtig sind, werden die sofort erledigt, alle anderen Aufgaben teilt sich Jürgen Knauer selber ein. „Ganz wichtig. Wir vermeiden, zu hause über die Arbeit zu sprechen“, sagt Veronika Knauer.

Ein Tag in den zehn Jahren ist ihm ganz besonders in Erinnerung geblieben: der Tag nach dem Pfingsttornado 2010. „Als ich hier auf dem Gelände stand, bekam ich fast einen Schock. Es sah wie auf einem Schlachtfeld aus“, sagt er. Entwurzelte Bäume lagen wild über das Kita-Gelände verteilt. „Spielgeräte waren zertrümmert, ein Baum hatte ein Stück Fassade eingeschlagen und auch das Saunahaus hatte etwas abbekommen. Die Kinder haben wir an dem Tag gleich zu hause gelassen.“ Nur nach und nach und mit der Hilfe vieler Unterstützer konnten die Schäden beseitigt werden.

Stolz auf die Matschstrecke

Fast hätte Jürgen Knauer bei dem Rundgang über das Kita-Gelände sein wichtigstes Gerät vergessen. Es ist die Matschstrecke. Ein liebevoll gestaltetes System von Becken, Überläufen und kleinen Kanälen. Bis auf die Pumpe ist alles aus Holz. Akazienholz, wie er sagt. Das hält besonders lange. Mit dem Vater eines Kindergartenkindes hat er das entworfen, dann mit einer Motorsäge vorgesägt und schließlich ganz fein in seiner Werkstatt nachgearbeitet. Jetzt wird vom Strahl der Pumpe ein Wasserrad angetrieben, dann verteilt sich der Bach über mehrere Holzleitungen. „Die Anlage gehört zu den Lieblingsplätzen der Knirpse“, sagt er mit etwas Stolz in der Stimme und geht in seine Werkstatt im Keller der Kita. Die ist sein Reich, in das er so schnell niemanden reinlässt. Hier entsteht schon die nächste Überraschung für seine Kinder. Garantiert.