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Hauseigentümer im Glück

Die gestohlene Klingel-Tafel von Franz von Kunowski fand sich bei einem Schrotthändler. Doch nicht überall landet die Polizei so einen Erfolg bei der Messing-Diebstahlserie.

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Von Ralph Schermann

Görlitz. Franz von Kunowski freut sich. Das Klingel-Tableau von der Leipziger Straße 23 in Görlitz ist wieder da. Der in Dresden lebende Hauseigentümer wollte sich nicht damit abfinden, dass Unbekannte die Messingtafel in der Nacht zum 16. Januar mit brachialer Gewalt aus der Hauwand gerissen hatten. Immerhin hat der 60-Jährige zu ihr eine besondere Bindung.

Bei Klinken wie solchen von 1910 ist es dagegen schwer, einen Eigentumsnachweis zu führen.
Bei Klinken wie solchen von 1910 ist es dagegen schwer, einen Eigentumsnachweis zu führen. © privat

Der Eigentümer und Verwalter weiterer Görlitzer Häuser hatte einst gemeinsam mit Design-Studenten solche Tableaus entworfen, um seine Gebäude zu verschönen und ihnen eine ganz eigene Note zu verleihen. Nach eigener Formgestaltung wurden solche Klingelplatten in Krakow gegossen und schmücken seit 1998 auch Häuser der Leipziger Straße in Görlitz. Als in der Nummer 17 ein Diebstahlversuch scheiterte, die Platte der Nummer 23 aber gestohlen war, zeigte Franz von Kunowski das nicht nur der Polizei an, sondern verteilte Handzettel und verständigte alle Görlitzer und Zgorzelecer Schrotthändler. Mehr noch – für Hinweise auf die Tafel lobte er eine Prämie von 500 Euro aus.

Das hatte Erfolg. Ein Görlitzer Händler meldete sich. Bei diesem hatte ein Mann nur wenige Stunden nach dem Diebstahl die 33 Kilogramm schwere Platte gegen Bargeld getauscht. „Weil ihm das Stück aber irgendwie nicht geheuer vorkam, hat er den Messingblock erst einmal zur Seite gestellt und nicht gleich dem Shredder anvertraut“, erzählt Franz von Kunowski. Und weil der Händler sich von dem Anbieter die Personalausweisdaten abschrieb, hat die Polizei einen weiteren Anhaltspunkt, auch wenn der betreffende Ausweis gefälscht ist oder der Inhaber versichern sollte, die abgegebene Platte „nur am Straßenrand gefunden“ zu haben.

Durch die guten Preise für Kupfer gilt die Legierung Messing derzeit bei Kriminellen als lukrativ. Messing zählt neben Bronze und Rotguss zu den drei häufigsten Kupferlegierungen und kann problemlos weiterverarbeitet werden. Messingschrott besitzt keinen Qualitätsnachteil gegenüber aus Erzen hergestellten Metallen und ist in der Industrie als korrosionsbeständig sowie als idealer Wärmeleiter gefragt. Je nach Legierung zahlen Händler für jedes Kilogramm Messingschrott zwischen 2,50 und drei Euro. Der Dieb von der Leipziger Straße brachte es also auf rund Hundert Euro.

„Das ist eindeutig Beschaffungskriminalität, um sich eine Sucht zu finanzieren“, ist Franz von Kunowski überzeugt. „In Dresden hatten wir vor vier Jahren auch mal so eine Serie, die kaum abzureißen schien.“ In Görlitz erinnern sich viele an ebenfalls nicht zu enden scheinende Kupfer-Diebstähle vor einigen Jahren: Dachrinnen, Fensterbleche, Signalkabel. „Eine vergleichbare Serie an Messing-Diebstählen ist in den vergangenen fünf Jahren jedoch polizeilich nicht bekannt“, berichtet Tobias Sprunk von der Polizeidirektion Görlitz.

Jetzt aber ist sie da: Das Polizeirevier Görlitz hat in diesem Jahr bereits über 20 solche Fälle registriert. Beim Diebesgut handelt es sich vor allem um Türbeschläge und Klinken, und eben auch um einige massive Klingeltableaus. „Es werden in der Regel handwerklich hochwertige Garnituren gestohlen. Bei diesen ist der Schrottwert aber eher niedrig einzustufen, da das Gewicht einer einzelnen Klinke gering ist“, erklärt Tobias Sprunk. Während schwere Tableaus zum Schrotthändler kommen, suchen Diebe bei den Klinken also eher nach Hehlern. Über den Nostalgie- und Liebhaberwert lässt sich ein höherer Preis als für Schrott erzielen. Weil Messing edel wirkt, sind daraus auch Lampen und Schmuckwaren begehrt.

Und die Täter wissen: Einen Eigentumsnachweis können die Bestohlenen dabei kaum aufbringen, selbst ein Foto identifiziert keine Klinke wirklich eindeutig. Franz von Kunowski hat auch dafür eine Lösung gefunden: „Ich lasse jetzt alle Klinken und Türdrücker in meinen Häusern mit einer unverwechselbaren Gravur versehen“, kündigt er an. Selbst, wenn man diese Gravur ausfeilt, ist dann ein Hinweis auf einen Diebstahl gegeben.

Die Ermittlungen dauern an und werden vom Kriminaldienst des Polizeireviers geführt. Auch einen Erfolg haben die Ermittler schon sicher: Anfang dieser Woche ging ihnen ein 25-jähriger Deutscher ins Netz. In seinen Taschen befanden sich Messing-Türbeschläge und Werkzeuge.