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Haus im Haus

Innovative Architekturideen sind am Wochenende zu besichtigen. Eine besonders kühne wird auf der Bautzner Straße umgesetzt.

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© Gerd Priebe

Von Ulrike Kirsten

Wer Neues wagt, muss mit Rückschlägen rechnen. Das hat Gerd Priebe durch den Starkregen der vergangenen Tage selbst erfahren müssen. Das Wasser hat sich seinen Weg in das alte Kutscherhaus in der Bautzner Straße 76 gebahnt. Trotz Planen und Abdeckungen hat das Nass einige Holzelemente im Inneren des Gebäudes beschädigt. „Fünf Teile haben sich so stark verzogen, dass wir sie auswechseln müssen“, sagt der 56-Jährige. Eine kleine Katastrophe für das Projekt des Architekten.

Gerd Priebe will einen Meilenstein in der Dresdner Architektur schaffen. 170 Quadratmeter Nutzfläche entstehen in den „Holzräumen“. Mit der Villa will er sich noch Zeit lassen.
Gerd Priebe will einen Meilenstein in der Dresdner Architektur schaffen. 170 Quadratmeter Nutzfläche entstehen in den „Holzräumen“. Mit der Villa will er sich noch Zeit lassen. © André Wirsig

Gerd Priebe will auf dem 2 500 Quadratmeter großen Areal in der Radeberger Vorstadt einen spannungsreichen und inspirierenden Lebensraum schaffen, ein Gebäude, das es in Dresden in dieser Art noch nicht gibt. Entmutigen lässt sich der gebürtige Kölner dennoch nicht. „Eigentlich wollen wir bis Jahresende durch sein mit dem Ausbau, aber das hängt eben vor allem von der Witterung ab. Wenn man mit Holz arbeitet, spielt das Wetter eine entscheidende Rolle“, sagt Priebe. „Mir sind die Ergebnisse und die Qualität wichtiger, als einen strikten Zeitplan einzuhalten.“

Die bisherigen Resultate des Ausbaus können sich Besucher am Sonnabend und Sonntag zum Tag der Architektur ansehen und werden auf Ungewöhnliches treffen. Denn Gerd Priebe verzichtet bei seinem Projekt auf alles, was herkömmlichen Hausbau ausmacht. Kein Beton, kein Laminat, keine Heizkörper. Stattdessen setzt der Architekt auf den sparsamen Einsatz ökologischer Materialien und Energie. Nur wenige Gewerke sind für den Ausbau des Gebäudes vonnöten. Vor allem ortsansässige Tischler sind beteiligt. Weil fast ausschließlich Holz verarbeitet wird, braucht er weder Heizungsmonteure, Maler oder Fußbodenleger.

2008 hat Gerd Priebe die Fläche, die einst zum Linck’schen Bad gehörte, gekauft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand dort die Villa des Rittergutbesitzers Max Gottlieb Nordmann. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb nur das ehemalige Kutscherhaus übrig. Das unter Denkmalschutz stehende Haus baut Gerd Priebe nun zu einem Akademie- und Gästehaus aus, in dem innovative Baukonzepte entwickelt und gelehrt werden sollen. Auch sein Büro GPAC will er dann dort unterbringen.

Dabei ist nur die historische Fassade des Kutscherhauses erhalten geblieben. In die Gebäudehülle werden drei Würfel aus Buchenholz gesetzt. Dabei entsteht quasi ein Haus im Haus. Der erste Raumkörper ist nun fast fertig. Die hölzernen Wände der einzelnen Elemente sind nur 40 Millimeter breit und werden später durch Kork verbunden. Eine Dämmung im klassischen Sinne gibt es nicht. Hinter dem Buchenholz werden zwei hintereinanderliegende Reflektionsfolien sichtbar, die die Wärmestrahlen zurück in den Innenraum lenken. Sie unterstützen die Temperierung des Hauses. Dabei wird Carbonheizvlies in jede zweite Holzschale eingelegt. Das wird dann durch Strom erwärmt und das Holz auf 26 Grad temperiert. Zwei weitere konstruktiv und thermisch von der historischen Substanz getrennte Räume werden entstehen. Diese verteilen sich auf zwei Etagen im Mitteltrakt und drei Geschosse in den beiden äußeren Gebäudeteilen. Die Räume werden über die Kanten der originalen Außenwand hinausragen – in kräftigem Blau. In den Glaselementen wird eine organische Solarfolie integriert, die das Gebäude mit der notwendigen Energie versorgt und die neuen Raumkörper wie Saphire erscheinen lässt.

Neben seinem Konzepthaus, das er unter das Motto „Denk-mal anders“ stellt, will Gerd Priebe dort eine Villa in Form eines Smarties bauen. Dafür möchte er einen Hightech-Baustoff, sogenannten Textilbeton, nutzen. In dem linsenförmigen Gebäude will der Architekt später selbst leben.

Tag der Architektur in der Bautzner Straße 76, Sonnabend von 11 bis 23 Uhr , Sonntag von 10 bis 15 Uhr