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Hatte Clean Diesel die Lösung?

Die Firma aus der Region brachte neuartige Rußfilter auf den Auto-Markt, gab aber auf. Jetzt kocht die Abgas-Debatte.

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© dpa

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Der CDC-Schriftzug ist vom früheren Firmengebäude des Unternehmens in Großröhrsdorf verschwunden. Inzwischen ist eine neue Firma eingezogen. Bei CDC - Clean Diesel Ceramics - kam vor einem Jahr das Aus für den Traum vom sauberen Diesel. Jetzt gibt es den Abgasskandal und kaum noch ein anderes Thema – für CDC ein Jahr zu spät? Die Firma stellte Dieselpartikelfilter insbesondere für Baumaschinen, Busse, auch Kehrmaschinen her. Grundlage war eine Entwicklung gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden. Die wurde Ende des vorigen Jahrzehnts sogar preisgekrönt. Das Besondere war die Geometrie des Filters in Wabenform und Materialeigenschaften. CDC warb mit der großen Effizienz. Den Großröhrsdorfer Hersteller gibt es nicht mehr. Das Institut schon. Die SZ fragte dort, was aus der Entwicklung geworden ist.

Prüfstand für keramische Komponenten im Abgasstrang am Institut in Dresden. Ähnlich sah auch der Rußfilter aus dem Rödertal aus.
Prüfstand für keramische Komponenten im Abgasstrang am Institut in Dresden. Ähnlich sah auch der Rußfilter aus dem Rödertal aus. © IKTS

Wird dieser Rußpartikelfilter aus Keramik noch hergestellt?

Nein. Diplom-Kristallograph Jörg Adler vom IKTS kann das ausschließen. Es sei ein Produkt für einen speziellen Markt und für Kleinserien gewesen. Mittlerweile gebe es eine Reihe vergleichbarer Produkte von Wettbewerbern, die es offenbar besser geschafft hätten sich zu etablieren. Dennoch bedauern es die Fachleute sehr, dass ihr keramischer Partikelfilter Geschichte ist. Es sei eine sehr gute, funktionstüchtige Entwicklung gewesen, so Adler. Das Institut erhalte auch heute immer noch Anfragen zu dem Ruß-Partikel-Filter aus Keramik, weil er zuverlässig gearbeitet habe. Die Antwort ist dann enttäuschend.

Warum konnte sich der CDC-Filter nicht durchsetzen?

Der Wissenschaftler sieht wirtschaftliche wie politische Hintergründe. Einer war wohl: CDC hatte sich auf die Großmaschinen wie Bagger konzentriert. Ein schwieriger Markt sei das. So hatte CDC das Geschäftsmodell auf die Nachrüstung in kleinen Stückzahlen gelegt, heißt es. Solche Maschinen haben aber eine äußerst hohe Lebensdauer. Die rollen und baggern unermüdlich und sind oft mit Uraltzulassungen unterwegs. Schärfere Schadstoffgrenzwerte gebe es schon inzwischen, sagt Jörg Adler. Die ziehen aber nur bei neuer Technik. Und in den Markt sei kaum reinzukommen. Es fehle der politische Druck, auch alte Fahrzeuge aufzurüsten. Denn ohne den, sind weiter Uraltdiesel unterwegs. Schlecht für den CDC-Filter.

Kam das Aus etwas zu früh – wäre der Filter die Diesel-Lösung gewesen?

Ob die Firma hätte gerettet werden können, ist für den Wissenschaftler eher fraglich. Im Fokus der Diskussion stehen ja mehr die Autos. Außerdem ist einiges zu beachten. Es geht um zwei Schadstoffgruppen: Stickoxide, die derzeit heftig diskutiert werden und Rußpartikel. Die standen bisher im Zentrum der Forschungen, konnten aber inzwischen gegen Null gefahren werden. Der CDC-Filter war ein reiner Rußkiller. Jörg Adler: „Unser System würde auch heute noch gut funktionieren.“ Was da heraus komme sei sauberer als die normale Luft. Aber es löse nicht das Problem des gasförmigen Stickoxids, um das es heute geht. Die Grenzwerte für dieses Gas wurden inzwischen auch deutlich verschärft.

Arbeitet das Institut auch auf dem Gebiet des Stickoxids?

Ja. Dabei geht es um sogenannte „DeNOx“-Kats. Das Kürzel steht für das Reinigen des Abgases von Stickstoffoxiden. Das Institut beschäftigt sich mit der Forschung zu den keramischen Bauteilen für diese Technik. Dabei ist alles ziemlich geheim. Auch Firmennamen der Partner dürfen nicht genannt werden. Das Institut arbeitet zum Beispiel an Hightech-Oberflächen der Keramik und analysiert keramische Werkstoffe für die Partner.

Wo liegt das Problem mit den Stickoxid-Kats?

Die Katalysatortechnik ist vorhanden, aber Abgasreinigung ziemlich kostspielig. Jörg Adler: „Die Hersteller machen letztlich nur, was sie wirklich müssen, um zu sparen und nutzen Schlupflöcher in Gesetzen aus. Oder versuchen über die Steuerung des Kats zu schummeln.“ So könnten sie den Aufwand für die Abgasreinigung minimieren. Die Grenze des Legalen werde ausgereizt, manchmal eben auch überschritten. Meist halten „Hersteller die Grenzwerte bei der Zulassung ein, wissen aber, dass sie auf der Straße deutlich höher sind“, so Adler. In der Regel sei das sogar legal. Deshalb werde jetzt an Prüfmethoden gearbeitet, die die reale Welt spiegeln und die Einhaltung der Stickoxidgrenzwerte auch im Fahrbetrieb sichern. Um das zu erreichen, spielen viele chemische und physikalische Prozesse eine Rolle: Selbst das Wetter und die Verkehrssituationen haben Einfluss. Es sei ein langer Prozess, um in der EU darüber zu einer Einigung zu kommen. .

Wie gefährlich ist Stickoxid, so

wie es aus dem Auspuff kommt?

Eine Recherche des Bayerischen Rundfunks ergab jetzt, dass es kaum verlässliche Studien gibt, wie sich eine Überschreitung des Grenzwertes langfristig auswirkt. Jörg Adler sagt, es gebe drei Stickoxid-Komponenten, die im Fokus stehen. Eine ist Lachgas. Stickstoffdioxid gehört ebenso zu dem Mix. Es reizt die Atemwege und kann sie schädigen. Vor allem Asthmatiker seien gefährdet, heißt es aus dem Bundesumweltamt. Das sei schon gefährlich, so Jörg Adler, wenn auch nicht ganz so wie die Rußpartikel. Dass die Krebs auslösen können, stehe fest. Für Stickoxid gebe es im Übrigen viele Verursacher, so Adler. Es entsteht auch beim Verbrennen von Kohle, Öl, ebenso Holz und Gas. Also gerade auch beim Heizen. Der Beitrag der Diesel sei insgesamt gesehen relativ gering, so Adler. Nur in Ballungsgebieten ist das anders. Im Kreis Bautzen lag der Stickoxid-Durchschnittswert 2016 deutlich unter den gefährlichen Grenzwerten, ist dem Umweltbundesamt zu entnehmen.