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Hat Dresden bald zu viele Schulen?

Das Ende des Babybooms ist absehbar. Trotzdem baut die Stadt weiter. Eine Analyse.

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© Sven Ellger

Von Sandro Rahrisch

Dresden. Die einen wollen den Fernsehturm wiederbeleben, die anderen würden lieber einen Fernbusbahnhof bauen. Die Wunschlisten der Dresdner könnten Aktenschränke füllen. Nur eines fehlt: Geld. Viele Projekte mussten in den vergangenen Jahren zurückstecken, weil die Mittel für den Bau neuer Schulen gebraucht wurden. Inzwischen ist ein Ende des Kinderbooms absehbar.

Zwei Fragen drängen sich auf: Gibt es bald mehr Geld für andere Projekte, und was passiert mit den Schulen, wenn die Kinder weniger werden?

Hat Dresden bereits genug Schulen für alle Kinder?

Noch reichen die Schulen nicht, um allen Kindern und Jugendlichen in den nächsten Jahren einen Platz anbieten zu können. Hauptgründe sind die hohe Geburtenrate sowie Zuzüge. Deshalb wird in Tolkewitz bis 2018 ein Campus für ein Gymnasium und eine Oberschule gebaut.

2019 ist auch der neue Doppelschulstandort in Pieschen fertig. Insgesamt will die Stadt vier Grundschulen, fünf Oberschulen und vier Gymnasien neu gründen.

Wie lange wird Dresden also noch neue Schulen bauen?

Das große Schulbauprogramm wird noch mindestens fünf Jahre dauern. Schätzungsweise bis 2021 wird die Zahl der Schulanfänger Jahr für Jahr wachsen. An den Oberschulen und Gymnasien wird der Gipfel entsprechend vier Jahre später erwartet.

Ist in fünf Jahren dann mehr Geld für Projekte wie den Fernsehturm da?

Schulbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU), der sich viele Jahre um das Geld in der Stadt gekümmert hat, dämpft allzu hohe Erwartungen. „Ich muss zugeben, ich weiß nicht, wie hoch der Sanierungsstau für alle Schulen derzeit ist“, sagte er am Montag. Rund 650 Millionen Euro sind einmal geschätzt worden. Zehn Jahre ist das inzwischen her. Bis Ende dieses Jahres soll neu geschätzt werden, sagt Vorjohann. Er kommt damit einem Antrag der CDU im Stadtrat nach. „Ich befürchte, die Priorität könnte noch zehn Jahre beim Schulbau liegen.“ Vorjohann erinnert daran, dass die Schulen, die kurz nach der Wende auf Vordermann gebracht wurden, inzwischen wieder sanierungsbedürftig seien.

Wie viel Geld fließt überhaupt in die Dresdner Schulen?

Allein in diesem Jahr werden rund 100 Millionen Euro ausgegeben, um neue Schulen zu bauen und marode Häuser zu sanieren. Zum Ende des großen Investitionsprogramms, das vor sieben Jahren in Gang gesetzt wurde, werden es schätzungsweise über eine Milliarde Euro sein.

Welche Schulen werden in diesem Jahr in Angriff genommen?

Lange musste die 30. Grundschule an der Hechtstraße auf ihre Sanierung warten. Wenn der Neubau für den Hort im Sommer 2018 steht, ziehen die Schüler übergangsweise in Container. Dann kann der 50 Jahre alte Altbau erneuert werden. Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis zum Sommer 2020. Kosten: 10,8 Millionen Euro. Auch am Gymnasium Dreikönigschule im Herzen der Neustadt ist ein Ende der Dauerbaustelle absehbar. Es ist das letzte große Projekt im Sanierungsgebiet, sagt Nora Städel von der Stesad. Derzeit wird das Haus C zur Scheune hin saniert. Das Haus steht wie die restlichen Gebäude unter Denkmalschutz. Auch die Terrazzo-Böden bleiben erhalten. Bis Oktober sollen die Arbeiten dauern. Das große Haus A an der Louisenstraße wird ab März 2018 in Angriff genommen. Im August 2020 soll alles fertig sein. Kosten: rund 16,5 Millionen Euro.

Hat Dresden bald zu viele Schulhäuser für weniger Kinder?

Tatsächlich ist ein Rückgang des Geburtenbooms absehbar. In ihrer jüngsten Bevölkerungsvorhersage rechnet die Stadtverwaltung damit, dass die Zahl der Babys in ein, zwei Jahren zurückgehen wird. Denn es wird weniger junge Frauen geben – die Folge des Geburtenknicks nach der Wende. „Die wilden Jahre sind vorbei“, sagte Vorjohann im Frühjahr. Außerdem wandern mehr junge Familien ins Umland ab, um dort ein Haus zu bauen. In drei Jahren sind bereits 200 Kitaplätze überflüssig, in sechs Jahren 1 200. Das wird zeitverzögert auch die Schulen betreffen. Hat Dresden also viel Geld in Häuser investiert, die nur ein paar Jahre gebraucht werden? „Nein, ich mache mir keine Sorgen, dass Schulhäuser leer stehen werden“, sagt Vorjohann. Viele Klassenzimmer seien derzeit vollgestopft. Die Zeit der rückläufigen Schülerzahlen sei eine Chance auf kleinere Klassen. Er wäre auch vorsichtig mit der aktuellen Bevölkerungsprognose, so Vorjohann. Angesichts der angekündigten Investitionen von Bosch und Philip Morris mit insgesamt 1 200 neuen Arbeitsplätzen könnte die nächste Vorhersage anders aussehen.