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Hat die Müglitztalbahn eine Zukunft?

Der Freistaat will beim regionalen Nahverkehr kürzen. Die Strecke zwischen Pirna und Sebnitz ist in Gefahr.

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© Dirk Zschiedrich

Matthias Weigel und Maik Brückner

Müglitztal. Der Bund kürzt seine Zuschüsse für den hiesigen Nahverkehr. Beim Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) prüft man schon die Konsequenzen. Demnach steht die Bahnstrecke Pirna – Neustadt – Sebnitz vor dem Aus. Das bestätigt VVO-Sprecher Christian Schlemper auf Anfrage. Die SB 71 wird von der Städtebahn Sachsen bestritten. Und die Müglitztalbahn? Auch hier fährt die Städtebahn Sachsen.

Bislang ist nicht bekannt, dass sie eingestellt werden soll. Und das sei auch kein Thema, erklärte Schlemper. Denn während auf der Route Pirna – Neustadt – Sebnitz an Werktagen täglich nur zwischen 500 und 700 Fahrgäste unterwegs sind, fahren auf der Müglitztalbahn im gleichen Zeitraum täglich rund 1 600 Fahrgäste mit. „Dieser Wert hat sich in den letzten fünf Jahren um rund 300 Fahrgäste, also um 24 Prozent, erhöht“, sagt Schlemper. Die Müglitztalbahn gehöre damit zu den VVO-Strecken, die eine stabile beziehungsweise steigende Nachfrage aufweist. Mehr noch. Der VVO sieht sogar Potenzial, mehr Pendler zu gewinnen. „Der obere Abschnitt der Müglitztalbahn ist besonders für den Freizeitverkehr wichtig“, sagt Schlemper. Daher bewerbe der Verkehrsverbund die Region und setzt mit dem Wintersportexpress zusätzliche Züge ein. Und auch in den Sommermonaten ist die Nachfrage groß. An den Wochenenden fährt die Städtebahn mit zwei Triebwagen, um möglichst viele Fahrräder mitnehmen zu können.

Unrentable Bahnverbindungen streichen

Dass alles spricht für den Erhalt der Müglitztalbahn. Für die Schwesterbahn in der Sächsischen Schweiz sieht es dagegen nicht so gut aus. Deshalb könnte hier womöglich bereits 2017 Schluss sein. Wann genau die Linie eingestellt wird und ob überhaupt, sei aber noch nicht entschieden und abhängig davon, wie es mit der Finanzierung weitergeht. „Dazu wissen wir im Moment einfach noch zu wenig“, sagt Schlemper. Hintergrund der derzeitigen Kürzungsszenarien ist ein neues Modell, nach dem der Bund den Bahnverkehr in den Ländern fördern will. Während künftig bevölkerungsreiche Länder profitieren werden, könnte Sachsen schrittweise bis 2030 rund 25 Prozent der bisher bereitgestellten Mittel verlieren. „Um die gravierenden Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, werden Strecken mit wenigen Fahrgästen als Erste von den Kürzungen betroffen sein“, heißt es beim VVO.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sprach jüngst von bis zu einer Milliarde Euro, die bis 2030 weniger für den Nahverkehr im Freistaat bereitstünde. „Wir müssen den ÖPNV neu denken. Das kann auch bedeuten, dass unrentable Bahnverbindungen zugunsten eines attraktiveren und wirtschaftlicheren Busverkehrs abbestellt werden“, sagte Dulig. Nebenbei könne man so ländliche Regionen besser anbinden und häufiger fahren.

Letztes Wort ist noch nicht gesprochen

Die Bahn mit Bussen abzulösen, ist allerdings nicht so einfach. So läuft der Vertrag mit der Städtebahn noch bis 2024. Im Falle einer vorzeitigen Auflösung müsste der VVO eine Entschädigung an die Städtebahn zahlen, da die mit der Laufzeit kalkuliert hat. Bei der Städtebahn verfolgt man die Debatte genau. „Für die Fahrgäste wäre das sehr bedauerlich“, sagt Sprecherin Franziska Straube. Nach SZ-Informationen herrscht auch innerhalb der Belegschaft große Unruhe. Lokführer und Zugbegleiter fürchten Entlassungen oder Versetzungen.

Straube sieht allerdings das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Statt reflexartig schon jetzt über Kürzungen zu debattieren, ist es nötig, die aktuell praktizierte Finanzierung des Nahverkehrs grundsätzlich und nachhaltig zu diskutieren.“ Ähnlich hatten sich zuletzt schon die Grünen geäußert. Seit dem Jahr 2010 habe der Freistaat nur bis zu 80 Prozent der Regionalisierungsmittel direkt an die Zweckverbände weitergereicht. In anderen Bundesländern liegt die Quote deutlich höher. Auch beim VVO sieht man genau dort die Chance.

Sollte die finanzielle Lage des VVO nicht besser werden, wird der ursprünglich geplante 15-Minuten-Takt der S-Bahn zwischen Meißen und Dresden infrage gestellt. Als langfristig sicher gelten dagegen das Dresdner S-Bahn-Netz, die Müglitztalbahn und die Strecke Rumburk – Sebnitz – Bad-Schandau. Sie sind gut bis sehr gut nachgefragt. Das besagen auch die im Landesverkehrsplan niedergeschriebenen Prognosen, die bis ins Jahr 2025 reichen.