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Harmonie und Bratkartoffeln

Albrecht Schönfeld lehrte acht Jahre an der Colmnitzer Schule. Jetzt trifft er seine Schüler zum Heimatfest wieder.

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© Frank Baldauf

Von Jane Jannke

Colmnitz. Das bedröppelte Gesicht des Feuerwehrchefs und das Triumphgeheul der versammelten Schüler- und Lehrerschaft wird Albrecht Schönfeld nie vergessen. „Das war ein Tag“, sagt der 63-Jährige und lacht. Es war ein Tag in den 70ern, als die Feuerwehr in die Colmnitzer Schule kam – Probealarm. „Die haben einen Schüler in der Schule gelassen und versteckt, um uns Lehrer zu prüfen“, erzählt Schönfeld. „Doch wir haben‘s gemerkt und ihn vorher rausgeholt. Und als die uns auflaufen lassen wollten, standen sie in einem leeren Klassenzimmer.“

Die Colmnitzer Schule in alten Zeiten. Die ehemaligen Schüler und Lehrer treffen sich beim Heimatfest wieder. Ab 19 Uhr ist die Veranstaltung öffentlich.
Die Colmnitzer Schule in alten Zeiten. Die ehemaligen Schüler und Lehrer treffen sich beim Heimatfest wieder. Ab 19 Uhr ist die Veranstaltung öffentlich. © Repro: J. Jannke

Es sind Geschichten wie diese, die den gebürtigen Pretzschendorfer Albrecht Schönfeld für immer mit der Colmnitzer Schule verbinden werden, wo er selbst zehn Jahre lang gelernt hat. Später, nach dem Studium, gibt Schönfeld hier ab 1977 sein Wissen weiter – als Lehrer für Biologie und Sport. Dafür lässt er sogar die Karriere als Rodeltrainer in Oberwiesenthal sausen. Acht Jahre lang, bis zur Schließung 1985, lehrt Schönfeld in Colmnitz, danach an der neuen Oberschule in Klingenberg. Das Pädagogen-Gen ist ihm quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater Karl-Heinz war Lehrer in Pretzschendorf, und so lernt schon der kleine Albrecht, wie man Stundenpläne baut. Das wird ihm später nützen, als er 1978 mit nur 25 Jahren zum stellvertretenden Schulleiter in Colmnitz aufsteigt.

„Es waren schöne, harmonische Jahre, die ich nicht missen möchte“, sagt der 63-Jährige. „Damals, da war alles irgendwie noch anders. Beständiger, familiärer. Da kannte ich jeden Schüler und auch die Eltern.“ 22 davon saßen in seiner neunten Klasse. Möglichst viele davon, hofft Schönfeld, wird er an diesem Samstagnachmittag wiedersehen – zum Ehemaligentreffen im Rahmen des Colmnitzer Schul- und Heimatfestes, zu dem bis zu 1 000 frühere Schüler und Lehrer erwartet werden.

„Bei dem benehmt ihr euch!“

Beengt waren die Verhältnisse damals. Der Platzmangel an der alten Schule war ein Grund, warum Anfang der 80er-Jahre mit der Planung für einen Neubau in Klingenberg begonnen wurde. Nur acht Klassenräume für rund 250 Schüler der Klassen fünf bis zehn standen zur Verfügung, zum Sport ging es anfangs noch auf den Dorfplatz. Doch auch baulich hält das im Jahr 1879 eröffnete Schulhaus an der Unteren Hauptstraße den Anforderungen nicht mehr Stand. Im Sekretariat, der ehemaligen Lehrerwohnung, regnet es durch, und geheizt wird dort noch mit Ofen. „Wir waren alle ziemlich euphorisch, als es hieß, dass wir eine neue Schule bekommen“, erinnert sich Albrecht Schönfeld. Heute, nach fast 40 Jahren als Lehrer in Klingenberg, denkt der 63-Jährige schon etwas wehmütig zurück an die gute, alte Zeit. Seine Schüler hat er ebenso wenig vergessen wie den betörenden Bratkartoffelduft aus der Schulküche, die noch heute die Klingenberger Oberschule mit Essen versorgt. „Das Essen war vom Feinsten, beste Hausmannskost“, schwört Schönfeld.

Heute lebt Albrecht Schönfeld im nahen Freiberg. Der Kontakt nach Klingenberg riss aber schon wegen seiner Lehrertätigkeit hier nie ab. Seit vielen Jahren leitet er im Ort zudem eine Leichtathletik-Gruppe. Auch einige seiner früheren Schüler trainiert der fitte 63-Jährige dort. Freundschaften seien daraus entstanden, sagt er. „Wenn sie ihre Kinder zu mir schicken, sagen sie ihnen: Bei dem benehmt ihr euch!“ Schönfeld liest eine gewisse Hochachtung daraus, und das macht ihn glücklich. Als Lehrer habe er sich durchzusetzen gewusst. „Das muss man.“ Eine gewisse Strenge habe ihn daher schon ausgezeichnet. „Aber wenn alles funktionierte, konnte man mit mir auch viel Spaß haben“, sagt er schmunzelnd. Als blutjunger Lehrer, so glaubt er, habe er es unter vielen älteren Kollegen leichter gehabt bei seinen Schülern, die ihn umso mehr verehrten.

Auf das Wiedersehen heute in Colmnitz nach so langer Zeit freut sich Albrecht Schönfeld. Seine Begrüßungsrede wird er nicht nur vor 22 Neuntklässlern, sondern vor bis zu 1 000 Ehemaligen halten. Doch danach heißt es im Festzelt an der Nordstraße Geschichten austauschen, erinnern, lachen. Vielleicht auch weinen.