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Handarbeit für die Feinmotorik

Einige Bewohner des ASB-Heims stricken, häkeln und sticken regelmäßig zusammen. Das soll der Beweglichkeit dienen.

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© Matthias Schumann

Von Nicole Preuß

Königsbrück. Ihren Stickbeutel hat Luise Meinert immer dabei. Die schlichte Baumwolltasche klemmt an der Seite ihres Rollstuhls. „Wollen Sie mal sehen?“ Schnell holt die 94-Jährige eine weiße Decke mit filigran gestickten Pinguinen heraus. „Das ist gar nicht so einfach, das Muster muss man sich selbst ausrechnen“, sagt die Bewohnerin des Königsbrücker Pflegeheims des Arbeiter-Samariter-Bundes. Sie hat immer etwas zum Sticken dabei, drinnen, draußen, auf dem Gang, im Zimmer und eben auch in dem Beschäftigungsraum des Heims.

Einige Bewohner treffen sich in dem Zimmer regelmäßig mit der Alltagsbetreuerin Elke Knobloch zu Handarbeiten. Sieben Frauen und ein Mann. Manche sticken, andere häkeln und wieder andere fädeln farbige Fäden um Bommelringe. „Die Arbeiten helfen, die Feinmotorik zu erhalten“, sagt Ergotherapeutin Martina Kaiser. Und diese hilft den älteren Menschen wiederum dabei, zum Beispiel alleine den Löffel zu halten und zu essen. „Lebensqualität bleibt dadurch erhalten“, ist Martina Kaiser überzeugt. In der Mitte des Tisches liegen verschiedene Arbeiten. Stolas mit breiten Luftmaschen sind darunter, umhäkelte Taschentücher, warme Socken. Die Bewohner haben das meiste selbst gemacht, manches Stück entstand schon vor einigen Jahren. Das Sprechen darüber hilft auch dem Langzeitgedächtnis auf die Sprünge.

Alltagsbetreuer haben viele Ideen

Handarbeiten bieten sich an. Viele interessieren sich dafür, weil sie sich schon damit beschäftigten. Ergotherapeutin Martina Kaiser und die fünf Alltagsbetreuer backen mit den Bewohnern aber auch Kuchen, kochen Rhabarberkompott, gehen Kegeln, singen, legen Wäsche zusammen oder machen Ratespiele. Meist bringen die Alltagsbetreuer ihre eigenen Gaben und Interessen mit ein. Elke Knobloch strickt und häkelt selbst viel und leitet auch in ihrer Freizeit eine Handarbeitsgruppe. „Sie bringt viele neue Techniken mit rein“, sagt Martina Kaiser. „Und unsere Bewohner wollen natürlich auch immer mal etwas Neues kennenlernen.“ 62 Menschen wohnen in dem Königsbrücker Pflegeheim in der Nähe des Schlossparks.

Reinhard Günther hat ein Sakko mitgebracht. Das hat der Häslicher vor Jahren selbst genäht. Er hatte mit seiner Frau eine Schneiderwerkstatt in seinem Heimatort. Eigentlich war er ja Elektriker. Doch dann fiel er als junger Mann bei der Obsternte auf dem elterlichen Hof von der Leiter. „Ich konnte keine Leitungen mehr installieren“, sagt der 88-Jährige. Also besorgte ihm sein Schwiegervater, der selbst Schneider war, eine Fortbildung und Ausbildung zum Meister. „Anzüge, Kostüme, Mäntel, Röcke und Hosen habe ich genäht“, sagt er. „Nur an die Kleider habe ich mich nicht herangetraut. Das hat meine Frau übernommen, die selbst Damenschneiderin war. Das war mir zu viel Gefummel.“ Nun lebt Reinhard Günther schon seit einiger Zeit im ASB-Heim in Königsbrück. Viele Jahre saß er nicht mehr an der Nähmaschine. Und stricken und sticken ist nicht so seins, sagt er. Von früher erzählen – das macht er aber nach wie vor gern.

Die Sachen, die die Senioren sticken, stricken, häkeln und nähen sind oft Geschenke. Die Urenkel von Luise Meinert haben schon so manches Teil bekommen. „Ich mach dann immer das, was gerade so gebraucht wird“, sagt sie. Doch nun müsse sie noch etwas weitermachen. Die Pinguine auf der Decke warten.