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Hammerwurf und Denkmalpflege

Peter Huber betreibt beides aktiv. Ein Bayer entdeckt die Oberlausitz und nennt Zittau ein Gesamtkunstwerk.

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© Mario Heinke

Von Mario Heinke

Als der Wettkampf um 9.15 Uhr beginnt, regnet es in der Weinau. Optimale Bedingungen, findet Peter Huber. Der Hammerwerfer mag einen nassen Kreis, weil er sich bei feuchtem Untergrund schneller drehen kann. Beim dritten Versuch spürt er dann dieses „unbeschreibliche Wurfgefühl“. Die letzte der drei Drehungen ist sehr schnell, der Abflugwinkel stimmt und die Edelstahlkugel fliegt 53,64 Meter weit. Huber tänzelt aus und ahnt, dass die Weite für den Titel reichen könnte.

Seine Kontrahenten, die beide einen Kopf größer sind als er, kommen nicht mal in die Nähe seines Ergebnisses. „Technik ist beim Hammerwerfen entscheidend“, sagt der im bayerischen Schwindegg im Isental aufgewachsene Sportler. Er trainiert seit dem 16. Lebensjahr Hammerwerfen, drei bis viermal in der Woche, erst beim Vater im SV Schwindegg später, als er arbeitsbedingt nach Kiel zieht, beim LBV Phönix Lübeck und jetzt beim baden-württembergischen VfL Waiblingen. Seit Huber 35 Jahre alt ist, startet er bei den Senioren. Schon bei seinem Einstieg in die Seniorenwelt im vergangenen Jahr holte er den Titel in Leinefelde und wurde Deutscher Meister M35 im Hammerwerfen.

Als Peter Huber am vergangenen Sonntag, zwei Stunden nach dem Wurf, die Goldmedaille von Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) umgehängt bekommt, staunt er nicht schlecht, weil die Prägung auf der Rückseite der Medaille die Franziskanerklosterkirche zeigt. „So ein Zufall, da war ich am Freitag drin“, so der Architekt und Denkmalpfleger. Museumsdirektor Peter Knüvener hatte ihn spontan durch die im Aufbau befindliche Epitaphienausstellung in der Klosterkirche geführt. Die Oberlausitz stand schon längere Zeit auf Hubers Reisewunschliste. Eine ehemalige Kollegin, die aus Zittau stammt, hatte die Neugier auf ihre Heimatstadt geweckt. Letztendlich sorgte aber die Deutsche Seniorenmeisterschaft der Leichtathletik dafür, dass er eine Woche Urlaub nahm, eine Ferienwohnung in der Fleischerbastei buchte und nach Zittau reiste, auch um die Sportfreunde des Lübecker Vereins bei der Meisterschaft wiederzutreffen. Schon beim ersten Rundgang durch das Zittauer Stadtzentrum ist der 36-Jährige überwältigt von der seltenen Dichte der Baudenkmale, den vielen Kirchen und vom Stadtbad. Nach dem Besuch des Großen Fastentuchs und der Johanniskirche bezeichnet er Zittau als Gesamtkunstwerk. In seiner Urlaubswoche nimmt der Mitarbeiter im Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg in Esslingen alles mit, was die Region so hergibt, studiert die Umgebindebauweise in Obercunnersdorf, fährt mit der Schmalspurbahn ins Gebirge, besteigt die Burg- und Klosteranlage Oybin, radelt ins Kloster St. Marienthal, zum Dreiländerpunkt, reist nach Görlitz und Liberec (Reichenberg). Als Denkmalpfleger bewundere er den reichen historischen Baubestand im Osten der Republik, als Sportler die hervorragenden Sportanlagen, sagt Huber in mittelbayrischem Dialekt. Der Urbayer ist heimatverbunden, bläst Horn und ist Mitglied im Schützenverein des Dorfes, weil sein Vater ihn schon bei der Geburt anmeldete. Er sieht durchaus Parallelen zwischen Sachsen und Bayern, auch wenn er Pegida und die Wahlergebnisse nicht versteht. Als Huber am Sonnabend abreist, wählt er die Route über Tschechien, um den von Karel Hubácek entworfenen Fernsehturm auf dem Ješted (Jeschken) noch aus der Nähe zu betrachten, denn auch Ingenieurbauten und technische Denkmale aus der Neuzeit interessieren den Denkmalpfleger.

Peter Huber ist nur einer von mehreren Sportlern, die nach der Deutschen Seniorenmeisterschaft noch einige Tage blieben, Eindrücke und Erlebnisse mit nach Hause nehmen. Das Sportereignis wirkt nach und sorgte dafür, dass Zittau in aller Munde ist. Westdeutsche Allgemeine, Norddeutsche Rundschau, Lübecker Nachrichten, Freie Presse, Ostthüringer Zeitung, Trierischer Volksfreund, Westfalenpost und Nordwest-Zeitung und viele Internetplattformen berichteten seither über die Meisterschaft in Zittau. Hubers Beispiel zeigt, sind Besucher erst einmal da, bietet die Region alles, was einen abwechslungsreichen Aufenthalt ausmacht. „Ich komm wieder“, sagt der Meister zum Abschied.