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Halbe Million Biertheater-Besucher

Das Mundart-Theater im Radeberger Kaisersaal ist eine Erfolgsgeschichte. Fast hätte es eine kuriose Dopplung gegeben.

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© Tobias Sauer/Probild Fotografie

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Die Schlagzeile ist zwar auch so schon ein echter Hammer: Das Radeberger Biertheater konnte jetzt den 500 000. Besucher begrüßen. Eine halbe Million Tickets sind damit seit Theatergründung im Herbst 2002 verkauft worden!

Aber um ein Haar wäre die Schlagzeile noch eine wirklich kuriose Schlagzeile geworden: Denn in der Jubiläums-Vorstellung saß mit Marlene Herzog aus der Nähe von Freiberg nämlich zufällig auch die 200 000. Besucherin der Mundartbühne im Kaisersaal. Die Schuldirektorin hatte im März 2010 nicht schlecht gestaunt, als plötzlich die Biertheater-Akteure mitten im Stück von der Bühne stiegen und ihr gelbe Rosen samt einer Einladung zur nächsten Premiere spendiert hatten. Aber diesmal hatte nicht Marlene Herzog das Jubiläums-Ticket gekauft, sondern Angelika Möckel aus Glauchau. Die 59-Jährige hatte für das Stück „Malzau braut sich“ immerhin 16 Tickets gekauft, die achte Karte davon war dann das 500 000. Biertheater-Ticket. Dafür gab’s neben einem Blumenstrauß von Biertheater-Hauptakteur Holger Blum auch die Einladung zur nächsten Premierenfeier im September – natürlich als VIP-Gast inklusive Übernachtung. Und wie schon bei der 200 000. Besucherin traf es auch diesmal einen echten Biertheater-Stammgast! „Ich komme jedes Jahr hierher“, verriet Angelika Möckel.

Biertheater war ein Wagnis

Dass die Sache mit dem Biertheater in Radeberg mal eine solche Erfolgsgeschichte werden würde, konnte im Sommer 2002 natürlich niemand ahnen, als die ersten Proben begonnen hatten. Peter Flache hatte damals mit „Der Wetterhahn“ ein furioses Stück in sächsischer Mundart geschrieben – und Theater auf sächsisch gab’s bis dahin noch nirgends. Ein echtes Wagnis also. Und dann kam auch noch die Jahrhundertflut im nahen Dresden dazwischen, sodass die Radeberger in ihrem Biertheater nicht wie geplant im September, sondern erst zwei Monate später im November starten konnten. Die Elbe hatte bei ihrem gewaltigen Ausflug weit über ihr eigentliches Bett hinaus in Dresden nämlich auch jene Computer unter Wasser gesetzt, über die eigentlich die Tickets für das neue Theater im Radeberger Kaisersaal verkauft werden sollten. Nichts ging mehr in Dresden; also ging auch auf der Bühne in Radeberg zunächst nichts. Aber dann – am 8. November 2002 – öffnete sich im schmucken Kaisersaal der Vorhang. Oder vielmehr das Fass. Denn in den ersten Jahren verbarg sich die Bühne ja bekanntlich noch hinter einem riesigen, aufklappbaren Fass …

Und legendär sind natürlich auch die zahlreichen Biermaschinen, die im fiktiven Biertheater-Dörfchen Malzau über all die Jahre von der Männerwelt ertüftelt wurden, weil ihnen die Damen stets das überlebenswichtige Biertrinken verboten hatten. Mit einer Bierziege fing 2002 dabei alles an; es folgten unter anderem bierspendende Kuckucksuhren und Feuerlöscher. Nicht zu vergessen eine Waschmaschine, die per Computer-Knopfdruck Eierschecke und Broiler produzierte. Grandiose Ideen – wie das Biertheater an sich ja auch eine grandiose Idee ist. Eine, die nicht nur mit Blick auf die nunmehr halbe Million Tickets eine Menge atemberaubender statistischer Daten zu bieten hat. So dürfte allein die Auslastungsquote von alljährlich knapp 99 Prozent ihresgleichen suchen. Und das, obwohl die Radeberger als reine Privat-Bühne ohne jeden Cent öffentlicher Fördermittel auskommen mussten und müssen. Auch, dass in der laufenden Spielzeit mit 163 Vorstellungen so viele Termine angeboten werden wie bisher noch nie in der Biertheater-Historie, ist ein Beleg für den Erfolg. Zudem waren auch diesmal wieder über die Hälfte der Tickets bereits im Vorverkauf weg, bevor die erste Vorstellung überhaupt gelaufen war. Und das bei insgesamt über 46 000 Karten in dieser Saison.