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Hakenkreuz-Fall geht ans Landgericht

Eine Frau hat ein historisches Foto von Zittaus Markt gepostet. Sie will einen Freispruch.

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© Jens Trenkler

Zittau/Görlitz. Der Prozess gegen eine 27-jährige Frau vom Eigen wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen geht ans Görlitzer Landgericht und damit in die nächste Instanz. Gegen den Freispruch Ende Januar am Amtsgericht Zittau legte die Staatsanwaltschaft Widerspruch ein. Das bestätigte der Pressesprecher des Gerichts, Richter Holger Maaß. Er rechnet damit, dass die Berufungsverhandlung in etwa einem halben Jahr stattfinden wird. Die Frau hatte über Facebook ein Foto gepostet, das vermutlich zur Zeit des Dritten Reiches entstanden war. Es zeigt eine Menschenansammlung auf dem Zittauer Marktplatz, dessen umliegende Häuser unter anderem mit Hakenkreuzfahnen dekoriert waren.

Die junge Frau wurde beschuldigt, im Januar vergangenen Jahres über ihren Facebook-Zugang ein altes Schwarz-Weiß-Foto ins Netz gestellt zu haben, das offensichtlich aus der Zeit des Dritten Reiches stammte. Im Mittelpunkt stand der Zittauer Marktplatz, auf dem sich zahlreiche Personen aufhielten. Die Häuser waren geschmückt, und so war zum Beispiel eine große Hakenkreuzfahne an einer Fassade deutlich erkennbar. Und genau das führte zur Anklage.

Dabei hatte sich wohl schon im Vorfeld die Staatsanwaltschaft Görlitz bei der Beurteilung des Sachverhalts ziemlich schwergetan. So erklärte Richter Kai Ronsdorf, dass die Behörde einen Strafbefehl gegen die Angeklagte eingereicht hatte, den das Gericht aber verwarf. Darauf folgte ein zweiter Anlauf. Dabei berief man sich wohl auch maßgeblich auf die Folgen der Geschichte, da dieses Foto ja öffentlich gepostet und für jeden zugänglich war. Auch diesmal hegte man bei Gericht ernste Bedenken, und so kam es schließlich zur Hauptverhandlung. Sie habe sich dabei nichts weiter gedacht, erklärte die Angeklagte. Die Veröffentlichung dieser offensichtlich bei einer Nazi-Kundgebung entstandenen Aufnahme solle auf gar keinen Fall eine Provokation gewesen sein und habe mit Volksverhetzung nichts zu tun. Sie sei einfach historisch interessiert. Dass man es auch anders auslegen könne, wäre ihr damals gar nicht bewusst gewesen. Eine Fehleinschätzung, wie sich aus einigen der vom Vorsitzenden verlesenen Kommentare der User zeigte. Da schrieb unter anderem jemand: „Ja, damals war die Welt noch in Ordnung.“

Abgesehen davon verwies Richter Ronsdorf darauf, dass die bisherigen Urteile in solchen Fällen sehr weit auseinandergingen. Strafbar sei eine solche Handlung nur, wenn sie gegen die freiheitlich-demokratische Ordnung gerichtet sei. Das könne er hier nicht erkennen. Eine Ausnahme sei auch die Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens und zur Aufklärung. Bisher habe die Angeklagte keine Vorstrafen. Deshalb regte er die Einstellung des Verfahrens an. Dem widersprach Staatsanwältin Heike Korowiak. Sie hielt die junge Frau für schuldig. Die Veröffentlichung auf ihrem Facebook-Profil sei eine öffentliche Angelegenheit. Schon dieser eine Kommentar beweise, was daraus entstehen kann. Zudem lasse es einen Rückschluss auf persönliche Interessen zu. Sie beantragte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro. Das Gericht entschied sich aus den bereits vom Vorsitzenden genannten Gründen für einen Freispruch. (rc)