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Asyl für Krippens berühmtesten Sohn

Es gibt keine Bleibe mehr fürs Friedrich-Gottlob-Keller-Museum. Landet die Sammlung im Depot?

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© Katja Frohberg

Von Gunnar Klehm

Bad Schandau. Die fußbetriebene Drehmaschine funktioniert noch wie in alten Zeiten. Von der Wand blickt Friedrich Gottlob Keller in seine frühere Werkstatt. Keller ist der berühmteste Sohn des Bad Schandauer Ortsteils Krippen. Er gilt als Erfinder des Holzschliffs und damit als wichtiger Entwickler der industriellen Papierherstellung.

Lange hielt man die Erinnerung an ihn in Krippen in Ehren. Doch nun ist kein Platz mehr für den 1895 gestorbenen Erfinder, jedenfalls für das, was über ihn im Ort ausgestellt ist. „Das wäre sehr traurig“, sagt der Krippener Gerd Englick, der sich besonders um das Keller-Museum verdient gemacht hat. Doch die Räume an der Friedrich-Gottlob-Keller-Straße 76 sind in Privatbesitz. Der Mietvertrag wurde gekündigt.

Die Stadt Bad Schandau hatte der Vermieter Mitte des Jahres darüber informiert, dass er die Räume selbst nutzen möchte. „Wir finden ad hoc keine Alternative“, sagte Bürgermeister Thomas Kunack (WV Tourismus) am Mittwoch im Stadtrat. Die Ausstellung werde aber wieder gezeigt, „in neuer Form und neuem Glanz“, erklärte Kunack. Jetzt sei erst mal wichtig, das Vorhandene zu sichern. Ab 2. Januar wird ausgeräumt und vieles eingelagert. Dann wird in Windeseile eine neue Sonderausstellung zusammen mit dem Stadtmuseum Sebnitz konzipiert, die dort schon im Februar und März gezeigt werden soll. Im April und Mai soll die Sonderschau in Bad Schandau ausgestellt werden. Das betrifft aber nur einen Teil der Keller-Exponate. Und was danach mit allem wird, ist ungewiss.

Ritterkreuzträger

Friedrich Gottlob Keller, geboren am 27. Juni 1816 in Hainichen, gestorben am 8. September 1895 in Krippen, entwickelte den Holzschliff, ein Verfahren zur industriellen Papierherstellung.

Ab 1853 betrieb Keller eine mechanische Werkstatt in Krippen.

Auch in der Schauanlage Technisches Denkmal Neumannmühle im Kirnitzschtal wird an Keller erinnert.

Der Erfinder erhielt mit 77 Jahren vom Sachsenkönig Albert das Ritterkreuz des Zivilordens. Quelle: Heimatmuseum

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In dem jetzigen Ausstellungsraum befand sich im 19. Jahrhundert tatsächlich die Schlosserei von Friedrich Gottlob Keller. Ein Museum am Originalschauplatz ist etwas Besonderes. Doch die Ausstellungsstücke leiden, denn es ist feucht.

Eine Schau zum Anfassen

Dass sich der Erhalt der Sammlung als Ganzes lohnt, wird jeder erkennen, der einmal drin war. Gerade für Kinder, die hier vieles anfassen und selbst bedienen dürfen. Auch die Mechanik des uralten Tresors wird erklärt, auch, wie Kinder Keller einst mit ihrer Kirschkernschleiferei inspirierten.

Die Öffnungszeiten waren sehr eingeschränkt, die Besucherzahl entsprechend gering. Doch nun wird endgültig Schluss sein. Jedenfalls in Krippen. Ob und wie viel Platz für Friedrich Gottlob Keller jemals im Stadtmuseum Bad Schandau an der Badallee sein wird, kann derzeit niemand sagen.

In Kellers Geburtsstadt Hainichen bedauert man das Ende des Museums. Vor einigen Monaten hatte Hainichens Bürgermeister Dieter Greysinger davon erfahren. „Ich habe gegenüber der Stadt Bad Schandau Interesse erklärt, die Ausstellung zu retten, indem wir sie nach Hainichen holen“, sagt Greysinger. Als er dann hörte, dass man plant, die Schau im Heimatmuseum von Bad Schandau anzusiedeln, habe er die Sache nicht mehr weiter verfolgt.

Auf Nachfrage im Stadtrat erklärte Schandaus Bürgermeister Kunack: „Was da ist, sind gute Sachen. Wir wollen das nicht verramschen.“ Die Neukonzeption brauche aber Zeit, zumal man Fördermittel dafür an Land ziehen will. Diese seien allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die es noch zu schaffen gelte. Bis dahin bleibt für die Exponate nur das Depot im Bahnhof Bad Schandau.