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Gute Aussichten

Vor 25 Jahren wurde das Hotel Pesterwitzer Siegel eröffnet. Für den Eigentümer fing alles in einer Pommesbude an.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Marko Siegel kann sich noch gut an die Geburtsstunde seines Hotels erinnern – mitten in den wilden Wendejahren. Sein Vater Rudolf hatte damals den Mut, das Restaurant Albertheim komplett umzubauen und direkt daneben einen der ersten Hotel-Neubauten im Umkreis zu stellen – für damals beeindruckende 4,2 Millionen D-Mark. „Die Euphorie war riesengroß“, sagt Marko Siegel heute. „Das Risiko hat man einfach weggedrückt.“ Nach weniger als einem Jahr Bauzeit wurde das Hotel am 25. Juli 1992 eröffnet. „Wir mussten keine Werbung machen. Das Hotel war voll. Es gab ja noch nicht so viele.“

Bei der Grundsteinlegung für das Hotel im Herbst 1991 waren neben Hotelchef Rudolf Siegel (r.) auch der damalige Bürgermeister von Pesterwitz, Klaus Mättig (l.), und Architekt Franz Berger dabei.
Bei der Grundsteinlegung für das Hotel im Herbst 1991 waren neben Hotelchef Rudolf Siegel (r.) auch der damalige Bürgermeister von Pesterwitz, Klaus Mättig (l.), und Architekt Franz Berger dabei. © Familie Siegel
Im Sommer 1992 war das Haus fertig.
Im Sommer 1992 war das Haus fertig. © Karl-Ludwig Oberthuer

Wenn der Hotelchef am kommenden Wochenende den 25. Geburtstag seines Hauses feiert, dann wird er unter anderem auf diese wilden Anfangsjahre zurückschauen. „Wir haben noch einiges an alten Filmen da. Die wollen wir, zumindest in Ausschnitten, zeigen“, sagt Marko Siegel, der diese Zeit hautnah miterlebt hat.

Ende der 70er-Jahre hatten seine Eltern die Gaststätte Albertheim, die seit 1929 existiert, übernommen. Das Lokal war damals Teil der Konsumgenossenschaft. „Obwohl mein Vater offiziell als Gaststättenleiter beim Konsum angestellt war, betrachtete er das Restaurant als sein eigenes“, erinnert sich Marko Siegel. Das Albertheim machte sich einen Namen durch seine für damalige Zeiten ungewöhnliche Inneneinrichtung mit historischen sächsischen Erinnerungsstücken und seiner ungewöhnlichen Küche. „Als noch keiner Pommes hatte, hatten wir welche – von Hand geschnitzt“, sagt Marko Siegel.

Legendär waren die Ausfahrten, die Vater Rudolf für seine Gäste organisierte. „Heute würde man Kundenbindung dazu sagen.“ Das Restaurant wurde dafür einfach einen Tag geschlossen und es ging mit bis zu 150 Mann nach Kipsdorf mit der Weißeritztalbahn oder mit dem Dampfer auf die Elbe. Die Männer mit Frack und Zylinder, die Frauen im Korsett. „Das war einfach eine Riesengaudi“, sagt Marko Siegel. Er selbst hatte zu DDR-Zeiten zunächst eine andere berufliche Richtung eingeschlagen. Wie der Vater ließ er sich zum Maschinenbauer ausbilden, arbeitete bei Pentacon in Dresden. Als zur Wende plötzlich Kurzarbeit null angesagt war, stieg er ins elterliche Geschäft ein. Neben dem Restaurant in Pesterwitz übernahm die Familie einen Imbisswagen – und Marko Siegel stand fortan an der Poststraße in Freital, verkaufte Pommes, Bratwurst und Co. „Da war ein Betrieb. Es war ja alles neu. Einmal haben wir 100 Kilogramm Pommes an einem Tag verkauft“, sagt Marko Siegel.

Der heute 54-Jährige übernahm 1999 nach dem Tod des Vaters das Geschäft. Er kümmert sich vor allem um den Hotelbetrieb. Seine Frau Ute ist Küchenchefin im Restaurant. Auch Mutter Hannelore hilft noch regelmäßig mit. „Das ist unser Erfolgsrezept.“ Darüber hinaus sei es aber zunehmend schwer, genügend Personal zu finden. „Ich bin froh, dass ich meine Mannschaft von zehn Leuten zusammen habe.“

Die Zeiten, in denen das Pesterwitzer Siegel zu den wenigen Hotels weit und breit gehörte, sind längt vorbei. „Der Preis ist derzeit im Keller“, sagt Marko Siegel. „Aber wir machen beim Dumping nicht mit.“ Günstige Angebote für Busreisegruppen zu machen, davon verabschiede man sich mehr und mehr. Siegel profitiert von der guten Lage zwischen Dresden und Freital, der grünen Umgebung und dem Blick ins Elbtal bis zur Sächsischen Schweiz. Die Auslastung des Hotels liegt derzeit bei rund 50 Prozent. „Wir wollen den Standort halten und stetig verbessern“, sagt Marko Siegel. „Wir müssen am Ball bleiben.“ Konkret heißt das, dass erneut in die Hotelzimmer investiert werden soll. Der Anschluss ans kabellose Internet war im vergangenen Jahr das große Thema. Nun müssen die Fernseher auf einen neuen Empfangsstandard umgestellt werden. Der Hotelchef will außerdem Angebote für bestimmte Besuchergruppen schaffen. „Ich überlege gerade, eine Ladestation für Elektroautos zu schaffen. Neulich war jemand mit einem Tesla da.“ Die Perspektive, dass es mit dem Albertheim und dem Pesterwitzer Siegel auch langfristig als Familienbetrieb weitergeht, gibt es auch. Der Sohn macht gerade im Hilton eine Ausbildung zum Hotelkaufmann – zurzeit im dritten Lehrjahr. „Danach wird er sicher erst einmal auf Wanderschaft gehen und Erfahrungen sammeln“, sagt Marko Siegel. „Aber die Hoffnung ist schon da, dass er hier irgendwann weitermacht.“

25 Jahre Pesterwitzer Siegel: Gefeiert wird am Sonnabend, 22. Juli, im Biergarten. Ab 18 Uhr sind alte Filmaufnahmen, unter anderem von den Gästeausfahrten in den 80er-Jahren, zu sehen. Anschließend spielt eine Band.