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Gute Aussichten

Außen ist der Bautzener Reichenturm nach historischem Vorbild saniert. Innen passt man sich den modernen Zeiten an.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Von außen strahlt der sanierte Reichenturm wieder und zieht die Blicke auf sich. Für öffentliche Aufstiege ist es aber zu früh. Innen arbeiten noch die Handwerker. Jobst Jaekel, Bauingenieur beim Bauamt der Stadt Bautzen, schließt trotzdem für die Sächsische Zeitung die kleine Eingangstür auf und zeigt, auf welche Verbesserungen sich bald die Besucher freuen können.

Zunächst geht es auf der schmalen Wendeltreppe nach oben. Jaekel stoppt nach einigen Stufen und zeigt auf einen Mauerbogen. „Das war der Zugang zum alten Wehrgang“, erklärt er und weist auf ein neues Detail: Hier soll statt einer Holztür ein Gitter für mehr Durchblick sorgen. Dann geht es weiter hinauf. „Wir haben eine neue Trinkwasserleitung gelegt, die alte Stahlleitung kam raus. Und wir haben die Abwasserleitung komplett gewechselt“, berichtet Jaekel beim Aufstieg. Das bedeutet zum einen, dass das Wasser aus dem Hahn uneingeschränkte Trinkwasserqualität hat. Zum anderen gibt es jetzt oben eine richtige Toilette. Diese ist in erster Linie für die Reichentürmerin Renate Peter gedacht, die bisher fürs dringende Bedürfnis rund 140 Stufen bis nach unten steigen musste.

Aber die Stadtverwaltung hat etwas weiter gedacht. „Wir hoffen, dass wir das Dinner auf der Plattform wieder anschieben können“, erklärt Jaekel. Vor einigen Jahren hatte das Hotel Best Western gemeinsam mit der Reichentürmerin ein romantisches Candlelight-Dinner angeboten. Gespeist wurde unter der Kuppel direkt auf der Aussichtsplattform mit den vier hohen Bögen, durch die man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt hat. Die Voraussetzungen, um dieses Angebot wiederzubeleben, sind geschaffen. In dem kleinen Raum neben der Türmerstube wurde sogar die spartanische Kochecke gegen eine richtige Einbauküche getauscht.

Alten Granit verbaut

In der Türmerstube selbst ist noch viel zu tun. Die Eingangstür muss repariert werden, die Wände brauchen einen frischen Anstrich. Aber sämtliche alte Turmfenster wurden bereits durch neue ersetzt. „Sie sind abschließbar, denn wir haben hier auch viele Kindergruppen“, erklärt Jaekel. Dann nimmt er die letzten Stufen und steigt durch die Öffnung der Falltür hinauf auf die Aussichtsplattform.

Der Wind pfeift ordentlich, aber dafür entschädigt das Panorama. Nicht nur der Reichenturm hat sich verändert: Im Norden lassen sich Ufos erspähen. Es sind die Kuppeln des futuristischen Eingangsgebäudes des Saurierparks. Der Bauingenieur wirft unterdessen einen zufriedenen Blick auf die Turmbögen. Kleinere Granitstücke seien ausgetauscht worden, aber der Schaden habe sich in Grenzen gehalten, sagt er. „Wir haben ganz bewusst alten Granit verbaut und ein Steinmetz hat die Blöcke vor Ort bearbeitet.“

Der große gemauerte Pendelschacht zwischen Aussichtsplattform und Turmkuppel ist verschwunden. Der Besucher hat jetzt freie Sicht. Das Pendel, das die Neigung des schiefen Reichenturms um 1,44 Meter belegt, gibt es aber noch. Es hängt jetzt in einem wesentlich schmaleren Rohr. Parallel dazu führt eine Metallstrebe von der Plattform bis zur Turmhaube hinauf. Sie lässt sich zu einer Leiter ausklappen, über die man gesichert in die Turmspitze gelangt. Eine Sache des Arbeitsschutzes. Wenn man früher zu Wartungszwecken dort hinauf wollte, musste zunächst die Feuerwehr mit ihrer Leiter anrücken.

Eröffnung im April geplant

Nach außen weithin sichtbar sind die bunten Wappen über den Granitbögen. Sie erhielten nicht nur frische Farbe. Mitarbeiter des Denkmalschutzes befassten sich noch einmal mit der Heraldik, der Wappenkunde, und entdeckten kleine farbliche Schnitzer, die nun korrigiert sind.

Die gesamte Fassade des Reichenturms wurde in einer Lasurtechnik hellgrau gestrichen. Jaekel findet den etwas gedeckteren Anstrich gut. Erst sei er skeptisch gewesen, weil die Türmerstube eine dunklere Farbe erhielt als der Rest. „Aber mit dem dunklen Granitstein an der Spitze schafft das einen guten Übergang. Der weiße Turmschaft hat früher wie abgeschnitten gewirkt“, so Jaekel. Insgesamt investiert die Stadt Bautzen planmäßig rund 383 000 Euro in die Turmsanierung.

Reichentürmerin Renate Peter plant, das Bautzener Wahrzeichen im April wieder für Besucher zu öffnen. Bis dahin sei aber noch viel zu tun. „Begeistert bin ich über die neuen Fenster in der Türmerstube. Da pfiff vorher der Wind durch und bei starkem Regen lief das Wasser rein“, berichtet die Reichentürmerin. Auch die neue Küche ist ein Gewinn. „Ich habe jetzt die Möglichkeit, kleine Empfänge zu veranstalten. “ Best Western-Chef Holger Thieme will sich in puncto Dinner auf dem Turm gern mit Renate Peter zusammensetzen. Ein Dinner auf der Plattform sei zwar sehr witterungsabhängig und logistisch eine Herausforderung aber dennoch eine ganz romantische Geschichte, so Thieme.