Merken

Grüne Wiese unter Denkmalschutz?

Die Gemeinde Thiendorf kann sich ein Eigenheimgebiet im Tauschaer Ortskern vorstellen. Aber ein Dresdner Landesamt hat andere Pläne.

Teilen
Folgen
© Screenshot/SZ

Von Manfred Müller

Tauscha. Am Tauschaer Herrenhaus gibt es viel Platz. Das Areal um das historische Gemäuer ist von einer Steinmauer eingefasst, die auch ein weitläufiges Freigelände begrenzt. Von einem Park zu sprechen, wäre allerdings zu hoch gegriffen, denn dort wächst vor allem Gras. Etwa zweieinhalb Hektar der Flächen gehören der Gemeinde, und die sähe auf der Wiese nordwestlich vom Herrenhaus gern ein kleines Eigenheimgebiet. Die Gegend ist bei Häuslebauern wegen ihrer Nähe zur Natur begehrt, und viele Dresdner suchen im Moment händeringend nach bezahlbarem Bauland.

Noch ist hier grüne Weise.
Noch ist hier grüne Weise. © Kristin Richter

Die Kommune wiederum würde gern junge Familien auf ihr Territorium locken, um dem Einwohnerschwund und der Überalterung entgegenzuwirken. Deshalb ist das Gebiet im Vorentwurf ihres Flächennutzungsplanes als Eigenheimstandort ausgewiesen. 18 Bauparzellen könnten hier erschlossen werden, ohne dass der Blick auf das denkmalgeschützte Herrenhaus entscheidend beeinträchtigt würde. Am Rande des Areals könnte noch das dringend benötigte Gerätehaus für die Ortsfeuerwehr gebaut werden. Außerdem soll hier ein neuer Spielplatz entstehen, da der alte unmittelbar am Herrenhaus wegen der dort stehenden alten Bäume nicht mehr sicher ist.

Als die Pläne der Kommune einigermaßen gereift waren, informierte sie das Landesdenkmalamt, um mit der Behörde zu besprechen, was auf dem Gelände geht und was nicht. Nach einem Vor-Ort-Termin im vergangenen Herbst passierte erst einmal einige Wochen nichts. Dann flatterte der Kommune ein Schreiben ins Haus, das Amt plane, das gesamte Gelände innerhalb der Mauer unter Schutz zu stellen. Dort hätten sich früher die Gärten des Herrenhauses befunden und die seien – einschließlich der schon immer als Wiese genutzten Flächen – erhaltenswert.

„Wenn das durchkommt, ist das Gelände für die Gemeinde wertlos“, reklamiert Thiendorfs Bürgermeister Dirk Mocker. Sie hätte dann zwar nach wie vor die Arbeit mit dem „Park“, dürfte aber keinerlei Veränderungen mehr vornehmen. Spielplatz und Gerätehaus wären passé und auch eine möglicherweise notwendige Erweiterung der angrenzenden Kindertagesstätte stünde dann in Frage. Selbst private Grundstücke auf dem früheren Gutsgelände wären von den Einschränkungen betroffen. „Und das alles wegen einer grünen Wiese?“ fragt Mocker. „Damit werden wir uns nicht abfinden.“


Die Gemeinde hat deshalb nicht nur ihre Zustimmung zu den amtlichen Denkmalschutz-Ideen verweigert – sie setzt auch ihre Planungen für das Eigenheimgebiet fort. Am Mittwochabend vergab der Gemeinderat den Auftrag für die Erstellung eines Bebauungsplanes an ein Radeberger Ingenieurbüro. Allerdings gibt es auch im Ratsgremium Bedenken gegen eine Eigenheimsiedlung am Herrenhaus. „Der Park prägt seit Jahrhunderten das Dorfbild“, findet Isolde Rienecker von der Wählervereinigung Würschnitz. „Das sollte so bleiben, und so denken auch viele Tauschaer“. Rienecker ist Mitglied im örtlichen Heimat- und Freizeit-Reitverein, und dem liegt besonders die Erhaltung des Herrenhauses am Herzen. Wie wolle man einen privaten Käufer finden, der das Gebäude instand setzt, wenn man den Park davon abtrennt und bebaut? fragt sie. Allerdings stand die Würschnitzerin bei der Abstimmung über die Planvergabe dann ziemlich allein da. Der Beschluss wurde mit 17 Ja- bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung angenommen. Die meisten Gemeinderäte fanden, dass das Areal in Bezug auf die Dorfentwicklung ein echtes Filetstück ist. Liegt es doch mitten im Ortskern, und eine kleine Eigenheimsiedlung wäre hier besser aufgehoben als irgendwo an der Peripherie, wo landwirtschaftliche Nutzfläche verloren ginge.

Ob die Gemeinde das Gelände selbst erschließen oder einen privaten Investor dafür will, ist im Moment noch offen. Ebenso, wie die Meinungsverschiedenheiten mit dem Landesdenkmalamt ausgeräumt werden können. Im März ist ein weiterer Vor-Ort-Termin geplant.