Von Mario Heinke
Einfach war die Entscheidung für Christina Jüstel nicht, hängt doch viel Herzblut an der Mode-Boutique „Helena“ am Rathausplatz. Das Rentenalter hat Frau Jüstel vor einem Jahr erreicht, ihre Mitarbeiterin Regine Kunath, die stundenweise aushilft, ist bereits seit vier Jahren Rentnerin. Gründonnerstag ist deshalb endgültig Schluss, bis dahin läuft noch der Räumungsverkauf. Werbeschilder mit Prozentzeichen informieren im Schaufenster über Rabatte bis zu 70 Prozent.
Das Neuste aus Handel und Gastronomie
Seit 1970 ist Christina Jüstel im Handel, sie lernte im Lebensmittelbereich der staatlichen Handelsorganisation HO und leitete ab 1978 den Konsum in Eichgraben . Seit 26 Jahren verkauft Christina Jüstel Damenmode. Seit 15 Jahren ist sie ihr eigener Chef. 2003 kaufte die Zittauerin den Laden von den Betreibern aus Dresden, bei denen sie angestellt war. Messebesuche, selbstständiger Einkauf, Beratung und Verkauf gehörten von Anfang an zu ihrer Tätigkeit, deshalb war der Wechsel zum Unternehmertum nicht schwierig. „Ich hab das nie bereut und immer gern gemacht“, sagt die Inhaberin der Mode-Boutique. Auf den 40 Quadratmetern bietet sie vor allem Mode für die Frau ab 40. Damenmode der deutschen Marke „Kenny S.“, abwechslungsreich, feminin, bequem und vielseitig kombinierbar.
In den letzten Jahren ist es schwieriger geworden für den Einzelhandel, erzählt die Zittauerin. Zwei Jahre lang war das Geschäft wegen der Bauarbeiten auf dem Markt und Rathausplatz schlecht erreichbar und das Onlinegeschäft zieht Kaufkraft ab, auch bei den Damen über 40. Wie schnell die Zeit ins Land geht, zeigt ein gerahmtes Bild auf dem Kassentisch. Auf dem ist Christina Jüstel im Gespräch mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu sehen. „Im Wahlkampf 2009 besuchte Herr Tillich einige Geschäfte und wollte wissen, wie es mir geht“, erinnert sich die Geschäftsfrau. HO, Konsum und Ministerpräsident Tillich sind Geschichte. Ostern beginnt für Frau Jüstel eine neue Zeit. Einen Plan habe sie nicht, hofft aber, mehr Zeit für alles zu haben. Ihr Mann ist seit Juni in Rente, die Söhne erwachsen. „Ich wünsche mir längere Reisen“, sagt die künftige Rentnerin. Sie möchte den Sohn, Bekannte und Freunde in den alten Bundesländern besuchen. Einen Nachfolger für das kleine Modegeschäft gibt es nicht. Die Lage zwischen dem Wäsche- und Miederwarenladen von Elvira Lukasczyk und dem Süßwarengeschäft von Heike Zimmermann ist zwar erstklassig, aber auch das ehemalige Uhrengeschäft von Guido Hannig ist seit der Schließung im Oktober 2016 noch nicht wieder vermietet.