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Großer Streit um Bildschirm an der Semperoper

Bei der Stadt ist eine Anzeige zu der LED-Wand eingegangen, auf der die Oper Toleranz-Botschaften einblendet. Nun prüft das Denkmalschutzamt, ob der Bildschirm Gesetze verletzt.

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© dpa/Michael Kappeler

Von Tobias Wolf

Die Semperoper will kein Bühnenbild für Fremdenhass sein. Das machen Mitarbeiter des Hauses in kurzen Statements auf einem großen Bildschirm deutlich. Etwa sechs mal drei Meter groß, hängt er seit Oktober in der Exedra, dem vergoldeten Kuppelbalkon, über dem Haupteingang. Die Anzeigen wechseln immer wieder. „Bleibe wach, Empathie“ oder „Nicht der Mütze wegen ist dir ein Kopf gegeben“ ist darauf unter anderem zu lesen.

Es sind Mitarbeiter aus allen Sparten des Hauses, die sich mit deutlichen Aussagen positionieren: für Vielfalt statt Fremdenhass und für Integration statt Ausgrenzung. Denn es ist die Semperoper und sind ihre Besucher, die darunter leiden, wenn montags Tausende Pegida-Demonstranten auf dem Theaterplatz fremdenfeindliche Chöre anstimmen und zu Hetzreden auf der Bühne des Bündnisses klatschen.

An dem Bekenntnis der Semperoper-Mitarbeiter zu Offenheit und Toleranz hat sich jetzt offenbar jemand gestört. Im Rathaus ist eine Anzeige wegen Verstoßes gegen die Denkmalschutzgesetze eingegangen, sagt Rathaussprecher Karl Schuricht. Die Anzeige könnte zum Politikum werden, denn die Denkmalschutzgesetze sind streng, wenn es um historische Bauten geht. Nun muss sich das Opernhaus für den Monitor rechtfertigen.

„Für diese Kunstaktion bedurfte es nach unserer Auffassung keiner denkmalschutzrechtlichen Genehmigung“, sagt der Opernintendant Wolfgang Rothe. Mit der Aktion zeigten Mitarbeiter Gesicht und machten auf die humanistischen Inhalte der gespielten Werke und des gemeinsamen Bühnenschaffens aufmerksam. In einer Anhörung habe das Haus gegenüber dem Amt für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden Stellung bezogen, so Rothe weiter. Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch will sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht zu dem Bildschirm äußern.

Für Hartmut Ritschel vom Landesamt für Denkmalpflege liegt der Fall klar. Für den in der Exedra aufgestellten Leuchtschirm bedürfe es einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, da er das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals verändere, sagt der 55-Jährige. Dabei sei unerheblich, ob es eine Kunstaktion oder eine Werbeanlage sei. Auch die Inhalte, die durch den Monitor vermittelt werden, spielten keine Rolle. Weder Kunstfreiheit noch Werbeinteressen setzten das sächsische Denkmalschutzgesetz außer Kraft, so Ritschel weiter. Für den Bildschirm sei die Stadt zuständig. Nach Kenntnis des Landesamts sei ein Antrag auf Genehmigung dort bisher nicht eingegangen, sagt Ritschel.

Während sich das Rathaus in Schweigen hüllt, gibt es ein klares Bekenntnis aus dem Stadtrat zum Bildschirm. „Ich habe Respekt für die Mitarbeiter der Oper, die hier ein kreatives Zeichen setzen“, sagt Franz-Josef Fischer, Bauexperte der FDP-Bürger-Fraktion. Man sollte auch eine gewisse Toleranz für kreative Kritik zeigen, wenn schon Demonstrationen an besonders symbolträchtigen Orten nicht verlegt werden können.

Ähnlich sehen es die Grünen. „Die Semperoper steht für Kunst im weltoffenen Dresden“, sagt Fraktionschef Thomas Löser. „In Zeiten, in denen die Grundwerte unserer Gesellschaft infrage stehen, freue ich mich über die Kunstaktion.“ In einer Abwägung zwischen Kunstfreiheit und Denkmalschutz würde er sich klar für die Kunst entscheiden. Gunter Thiele ist baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und nennt die Semperoper ein Gebäude von Weltrang. „Der Monitor ist eine moderne Installation an einem historischen Gebäude“, sagt er. „Mich stört dieser Bildschirm an dieser Stelle nicht.“

SPD-Fraktionschef Christian Avenarius würde einen denkmalrechtlichen Verstoß vorübergehend in Kauf nehmen, um hier die sympathische Seite Dresdens zu zeigen: „Der Bildschirm macht dieses tolle Gebäude nicht hässlicher.“ „Hässlich macht das Gebäude die Montagsansammlung davor.“ Die AfD will sich noch nicht äußern. Linken-Fraktionschef André Schollbach sagt: „In diesen Zeiten ist es wichtig, sich klar und eindeutig gegen Gewalt und Hass zu positionieren. Deshalb wünsche ich mir viele Nachahmer, auch die städtischen Kultureinrichtungen sollten sich diesem guten Beispiel anschließen.“

Die Stadt selbst will derzeit noch keine rechtliche Bewertung vornehmen. „Im Moment wird geprüft, ob es sich überhaupt um eine genehmigungspflichtige Anlage handelt“, sagt Rathaussprecher Schuricht. Sollte dies der Fall sein, müsse unter Abwägung der Interessen entschieden werden, ob eine Genehmigung erteilt werden kann.