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Großer Bahnhof für kleinen Radweg

Am Dienstag erfolgte der erste Spatenstich für die seit Langem geforderte Piste von Kleinthiemig nach Großenhain.

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© Brühl

Von Manfred Müller

Kleinthiemig. Als wollten sie die Wichtigkeit des Radweges noch einmal unterstreichen, rollten gestern Nachmittag ganze Autokolonnen in das Dörfchen Kleinthiemig – vorbei an den versammelten Kreis- und Stadträten, die den Baustart zelebrierten. Auch das Schild, auf dem die Bewohner ihre Forderung nach einer sicheren Piste verewigt hatten, stand noch am Ortseingang. „Die erste Unterschriftensammlung gab es bereits vor 20 Jahren“, erklärt Ortschaftsrat Dieter Tschäge.

Vor allem deshalb, weil viele Kinder aus Walda und Kleinthiemig nach Großenhain zur Schule radeln. Die Straße wird jeden Tag von etwa 40 Schülern genutzt. Manchmal sind Pulks von bis zu 20 Kindern unterwegs, die – trotz Gegenverkehr – oft von Autofahrern überholt werden. Im Jahr 2010 wurden auf der Strecke zwei Gymnasiastinnen von einem Kleintransporter erfasst und verletzt.

Zähes Ringen bis hierher

Nachdem bereits 2012 ein Radweg von Walda nach Kleinthiemig gebaut worden war, fragten sich vor allem die Eltern der Schulkinder, warum es jahrelang nicht weiterging. Der Landkreis habe nach der Flutkatastrophe von 2013 alle Hände voll zu tun gehabt, um die vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogenen Kreisstraßen in Ordnung zu bringen, begründete Landkreis-Dezernent Andreas Herr die Verzögerungen. Tatsächlich war der Weg zum Radweg ein zähes Ringen.

Walda-Kleinthiemigs Ortschaftsräte klapperten die Behörden ab und initiierten am Ende sogar eine Petition im Bundestag. Bürger, wie der Kleinthiemiger Dietmar Klück, nervten Politiker und Ämter und machten mit Protestschildern Druck. Auch die Großenhainer Vertreter im Kreistag ließen nicht locker und brachten den Radwegebau immer wieder auf die Tagesordnung. Die Stadt machte sich auch auf die Suche nach Ausgleichsflächen, die für den Verbrauch an Ackerland renaturiert werden müssen. „Die Koordination der gemeinsamen Anstrengungen – das war schon hohe Schule“, sagt Baubürgermeister Tilo Hönicke.

Bis Ende November soll die stark befahrene Kreisstraße 8570 auf einer Länge von 1,3 Kilometern von einem zweieinhalb Meter breiten Radweg flankiert sein. Dann müssen Kinder, die morgens zur Schachtschule oder ins Gymnasium radeln, nicht mehr auf den Randstreifen ausweichen, wenn ihnen Lkw oder Traktoren entgegenkommen. Damit die Piste bis zur B 98 gebaut werden kann, musste mit insgesamt 33 Grundeigentümern verhandelt werden. Das sei nicht einfach gewesen, sagt Dezernent Andreas Herr. Denn die Landwirte, die die Flächen bewirtschaften, erhielten eine flächenabhängige Agrarförderung von der EU. Wenn sie Land abgeben, seien finanzielle Einbußen die Folge, so dass sich die Sache manchmal recht zäh gestaltete. Und auch die notwendigen Fördermittel vom Freistaat kämen nicht mal einfach so über Nacht.

Um den Flächenverbrauch möglichst gering zu halten, will der Landkreis auf Baumpflanzungen zwischen Radweg und Straße verzichten. Dafür hätten über die gesamte Streckenlänge mindestens zwei Meter mehr Ackerfläche erworben werden müssen. Die Gesamtkosten belaufen sich einschließlich Planung, Vermessung und Grunderwerb auf 330 000 Euro. Der tatsächliche Baustart erfolgt am kommenden Montag, und sofern im November nicht klirrender Frost herrscht, können die Schulkinder noch vor Weihnachten sicher nach Großenhain radeln.

Straße bleibt befahrbar

Die Kreisstraße bleibt während der Bauzeit offen; nur die erlaubte Geschwindigkeit wird herabgesetzt. Verkehrseinschränkungen wird es lediglich am Anfang und am Ende der Baustelle und durch den Baustellenverkehr selbst geben.

Übrigens wird beim Radwegbau auch die Enso mit von der Partie sein. Der Strom-Anbieter will bei dieser Gelegenheit Fernmelde-Leerrohre in die Erde bringen, über die Walda-Kleinthiemig später problemlos mit schnellen Internet-Verbindungen versorgt werden kann.