Merken

Großenhain wächst

Die Stadt konnte im Jahr 2015 Einwohner hinzu gewinnen. Anderen im Landkreis geht es schlechter.

Teilen
Folgen
NEU!
© Klaus-Dieter Brühl

Von Marcus Herrmann

Landkreis. Der Landkreis und die Städte im Elbland trotzen den Prognosen des Statistischen Landesamtes. Demnach werden im Landkreis Meißen im Jahr 2025 etwa 20 000 Menschen weniger leben als heute. Zurzeit sind es 243 708. In den nächsten zehn Jahren ist nach dieser Rechnung von einem jährlichen Geburtendefizit von gut 2 000 auszugehen. Doch zumindest im vergangenen Jahr gab es insgesamt nur ein minimales Minus, auch wenn fast in allen Regionen die Sterbe- über der Geburtenrate lag. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Und es gibt größere Unterschiede zwischen den einzelnen Städten im Elbland. Die SZ hat die Einwohner-, Geburten- und Sterbezahlen sowie Zuzüge und Wegzüge für zehn Städte im Elbland verglichen.

Die Gewinner: Meißen, Radebeul und Coswig legen zu

An das letzte Jahr mit einer ähnlich positiven Bevölkerungsentwicklung kann sich Meißens Stadtsprecher Philipp Maurer nicht erinnern. „Es haben Ende Dezember 2015 mit 28 456 Menschen 775 mehr in der Stadt gelebt als noch Ende 2014“, sagt er erfreut. Als Gründe für den Anstieg nennt er einmal das im Vergleich zu Dresden billigere Bauland sowie relativ günstige Mieten. „Wohnlagen in der Stadt sind attraktiv, die Anbindung an Dresden durch die S-Bahn-Linie gut. Inzwischen kommen Leute aus der Landeshauptstadt nicht mehr nur zum Arbeiten in die sich gut entwickelnde Wirtschaftsregion Meißen, sondern zunehmend auch zum Wohnen.“

Noch größer sei aber der Faktor Asyl: Billiger Wohnraum für Asylsuchende oder Ausländer mit Aufenthaltsrecht sei gefragter denn je. Lebten 2014 noch 618 Ausländer in der Stadt, sind es jetzt über 1 400. „Wir haben etwa 1 000 mehr Zuzüge als Wegzüge. Davon ist ein beträchtlicher Teil Ausländer“, erklärt Maurer. Auch die Stadt Radebeul hatte im Vergleich zu 2014 Ende des letzten Jahres fast 200 Einwohner mehr – profitiert noch mehr als Meißen von der Nähe zu Dresden. Vor allem solvente Eigenheimbauer zieht es in die Stadt mit etwa 34 000 Einwohnern.

Überraschend hoch ist der Zugewinn in Coswig. „Es sind über 300 Menschen mehr nach Coswig gezogen als weg. Die Bevölkerung ist seit Langem wieder über die 21 000-Marke angestiegen“, sagt Coswigs Pressesprecherin Ulrike Tranberg. Die kleine Stadt habe vor allem in die Sanierung von Altbauten investiert. An der Dresdner Straße sei ein neues Wohngebiet durch Mittel des Förderprogramms Stadtumbau-Ost entstanden. „Außerdem hat die Verwaltung Geld für neue Spielplätze, bessere Gehwege und die Erschließung von Eigenheimstandorten in die Hand genommen“, so Tranberg. Das zahle sich nun aus. Etwa 100 neue Coswiger mit festem Wohnsitz in der Stadt seien Asylbewerber, sagt sie.

Die Stabilen: Großenhain überrascht, Radeburg hält die Einwohnerzahl

Die Stadt Großenhain hat vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2015 Einwohner dazu gewonnen. War laut Zahlen des Statistischen Landesamtes bis Ende Mai noch ein leichtes Minus zu verzeichnen, ging es danach stetig bergauf. Und das trotz einer Sterberate von 238 Menschen bei nur 136 Geburten. „Den leichten Bevölkerungsanstieg um 15 auf 18 889 haben wir vor allem den vielen Zuzügen zu verdanken“, erklärt Diana Schule, Referentin des Bürgermeisters. Es seien im letzten Jahr insgesamt 734 Menschen nach Großenhain gezogen – 65 mehr als noch 2014. Dagegen haben sich nur 620 dafür entschieden, die Stadt zu verlassen. Einen leichten Bevölkerungsrückgang für die Stadt Nossen vermeldet deren Hauptamtsleiterin Anna Beyer.

Man sei zwar knapp unter die 10 900 Einwohner gerutscht. Erfreulich sei aber die steigende Geburtenrate. 2015 kamen mit 90 Babys acht mehr auf die Welt als 2014. „Trotzdem sind 481 Menschen weggezogen. Dass zwölf mehr zugezogen sind, daran haben auch Asylbewerber ihren Anteil“, so Beyer. In Radeburg und Strehla hielten sich die Bevölkerungsverluste jeweils in Grenzen. Beide Städte haben jetzt um die 20 Einwohner weniger als noch Ende 2014. „Aber wir freuen uns, dass wir mehr Geburten haben als noch im vergangenen Jahr“, sagt Strehlas Bürgermeister Jörg Jeromin. Das zeige, dass sich die Menschen in der Stadt wohlfühlten. Die Stadtverwaltung sei außerdem in permanenten Gesprächen mit Investoren, um neue Bauflächen für potenzielle Zuzügler aufzutun.

Die Verlierer: Riesa, Gröditz und Lommatzsch schrumpfen

Trotz einer um 71 Bewohner gesunkenen Bevölkerung auf 5 072 Menschen sieht die Stadtverwaltung in Lommatzsch keinen Grund zur Panik. „Wir haben zumindest nicht mehr Leute verloren als 2014. Die Zahl ist seit einigen Jahren konstant, wenn auch natürlich nicht positiv“, so Sylvia Reinhardt aus dem Lommatzscher Einwohnermeldeamt. Trotzdem wisse man um die eher konjunkturschwache Lage der Stadt und schätze die Entwicklung realistisch ein. „Nichtsdestotrotz sind wir bemüht, vor allem für Familien Anreize beim Thema Wohnraum, Freizeit und Kultur zu schaffen“, sagt Reinhardt.

In dieser Hinsicht gibt sicher auch die Stadt Riesa ihr Bestes. Trotzdem ist die Bevölkerung im letzten Jahr um 138 Personen auf 31 498 gesunken. Damit ist die zweitgrößte Kommune im Landkreis Schlusslicht in der Rangliste. Die Strategie – wie im aktuellen Haushaltsentwurf vorgesehen – junge Familien nach Riesa zu locken, scheint nur teilweise aufzugehen. Zwischen 2005 und 2014 hat sich die Zahl der Riesaer um über 15 Prozent verringert.

Nicht viel besser ist die Lage in Gröditz. Die Stadt hat in den ersten fünf Monaten 2015 mehr als 50 Einwohner verloren. Das entspricht einem Rückgang von etwa 0,7 Prozent.

Die Prognose: Bevölkerungsschwund macht Pause, kommt aber wieder

Im Statistischen Landesamt Sachsen gebe es nach aktueller Bevölkerungsvorausberechnung bis ins Jahr 2060 zwei Varianten, sagt Pressesprecherin Diana Roth. Eine davon berücksichtigt die Zuwanderung von Asylsuchenden nach Sachsen. Diese ist auch für den Kreis Meißen maßgeblich für die derzeit stagnierende Bevölkerungszahl. Laut dieser Variante wird die Bevölkerung – auch im Landkreis – trotzdem weiter sinken, wenn auch abgeschwächt. „Der demografische Wandel ist auch durch steigende Flüchtlingszahlen nicht aufzuhalten. Zumal die Welle nicht über Jahrzehnte anhalten wird. Das Missverhältnis zwischen Geburten und Sterbefällen aber schon“, so Roth. Nach der Prognose wird die aktuelle Einwohnerzahl Sachsens bis 2060 von heute 4 Millionen auf 3,2 Millionen sinken.