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Großenhain soll Ämter verlieren

Für 25 Millionen Euro will der Kreis in Meißen bauen und seine Behörden konzentrieren. Dagegen gibt es Kritik.

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© Anne Hübschmann

Von B. Ulbricht und Ch. Scharf

Der Landkreis gönnt sich einen Millionenbau. Wir haben´s ja!“, sagt Stadtbaudirektor Tilo Hönicke unumwunden. Als Großenhainer und Kreisrat ist er von den Plänen der Meißner, an der Brauhausstraße für 25 Millionen einen Neubau hinzusetzen, natürlich nicht begeistert. Von den heute 322 Arbeitsplätzen in der Kreisverwaltung sollen mit der Zentralisierung noch 230 in Großenhain bleiben.

Das klingt nicht dramatisch weniger, aber laut Vorlagen für die Kreisräte soll das Haus Remonteplatz 7 komplett leergezogen werden. Der Sitz des Vermessungsamtes, der mit der Kreisreform 2008 erst unter die Regie des Landkreises Meißen fiel, würde dann umgelagert. Teils an den Remonteplatz 8, teils wohl nach Meißen. Danach soll das erst sanierte Gebäude verkauft werden. Wer bitte soll den riesigen Altbau kaufen? Selbst das ehemalige Arbeitsamt gleich nebenan steht noch leer.

Und die Großenhainer haben jüngst erst die Kfz-Zulassungsstelle verloren. Der neuerliche Schritt zur Zentralisierung würde Großenhain erneut Kaufkraft kosten und längere Wege für die Bürger bedeuten. 2008 waren die damaligen Landkreise Meißen und Riesa-Großenhain fusioniert. Seitdem verteilt sich die Verwaltung auf die Standorte Meißen, Großenhain, Riesa und Radebeul. Nun will man mit einem Großprojekt die Verwaltung konzentrieren und interne Abläufe optimieren, so heißt es.

Stimmen die Kreisräte bereits am nächsten Donnerstag bei der Kreistagssitzung im Riesaer Stern zu, wird in Meißen neben dem vorhandenen Landratsamt an der Brauhausstraße ein Neubau geplant, der Platz für 270 Arbeitsplätze bietet. Auch ein klimatisierter Kreistagssitzungssaal mit 160 Plätzen soll dort entstehen, Platz für 6 000 laufende Meter Archivregal, Stellplätze und ein Parkdeck für 250 Fahrzeuge. Selbst ein Führungs- und Lagezentrum für den Katastrophenschutz soll dort einziehen. Ein Hauptgrund für die geplante Investition sei, dass bislang etwa 185 Beschäftigte in angemieteten Objekten untergebracht sind. Die meisten davon arbeiten in Riesa – wo das Jobcenter bei der Arbeitsagentur eingemietet ist. In Meißen sind das Kreisordnungsamt und das Kreisschul- und Kulturamt fremd eingemietet.

Das ist aber noch nicht alles: Auch Ämter, die bislang in eigenen Liegenschaften in Meißen sitzen, sollen umziehen – so das Gesundheitsamt und das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (Lüva). Schließlich würden diese Liegenschaften „den Anforderungen an die Standards einer modernen Verwaltung“ langfristig nicht mehr genügen, heißt es in der Vorlage. Außerdem hat die Arbeitsagentur Interesse daran gezeigt, an der Meißner Brauhausstraße 32 Büros anzumieten.

Ziel ist es laut Kreisverwaltung, die Leitung des Hauses und das Gesundheitsamt in Meißen an der Brauhausstraße zu konzentrieren und das Dezernat Technik dort einzuordnen. Das Lüva soll in Großenhain am Remonteplatz zusammengeführt werden. Diese Konzentrierung lasse „erhebliche Synergie-Effekte“ erwarten, die sich „positiv auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auswirken“ würden und „zweifelsohne“ auch den Einwohnern zugute kämen. Immerhin: Man wolle Außenstellen mit viel Publikum – vor allem in den Bereichen Soziales und Jugend – in Großenhain, Riesa und Radebeul beibehalten.

Für das gesamte Vorhaben kalkuliert die Verwaltung mit einem Aufwand von 25 Millionen Euro – bei einer Förderung von 3,8 Millionen Euro. Zudem lasse die stabile wirtschaftliche Lage in Deutschland und Sachsen eine „weiterhin gute finanzielle Ausstattung“ des Landkreises erwarten. Man strebe deshalb an, die Eigenmittel vollständig selbst zu finanzieren. Und falls man doch Kredite brauche, seien ja die Zinsen niedrig.

Doch werden die Kreisräte das Millionenprojekt überhaupt genehmigen? In der CDU-Fraktion gehen die Meinungen laut SZ-Informationen weit auseinander. Thomas Gey, Chef der Fraktion SPD/Grüne/Piraten, ist skeptisch. „Unsere Fraktion kann der Vorlage nicht zustimmen“, sagt der Radebeuler. Vor dem Hintergrund der Entwicklung im ländlichen Raum stelle man das Ziel einer weiteren Zentralisierung der Verwaltung in Meißen ohnehin infrage. „Wir haben moderne Kommunikationsmittel, da müssen nicht alle Mitarbeiter in einem Haus sitzen.“ Zwar sei man nicht grundsätzlich gegen einen Neubau, sieht aber die Variante kritisch. „Die Wirtschaftlichkeitsstudie ist ihr Papier nicht wert.“ Bei gerade mal vier Sitzungen pro Jahr sehe man auch keinen Bedarf für einen großen Sitzungssaal. Momentan tagen die Kreisräte abwechselnd im Riesaer Stern und im BSZ Meißen.