Von Christoph Scharf
Riesa/Großenhain. Petra Schlüter ist gut gelaunt. Seit zehn Monaten ist die gebürtige Sauerländerin Chefin der Arbeitsagentur Riesa – und kann zum Jahresanfang richtig gute Zahlen vermelden. „Wir haben einen deutlichen Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen im Agenturbezirk“, sagt die 51-Jährige. Vergangenes Jahr waren im Schnitt 8 200 Menschen im Landkreis Meißen arbeitslos gemeldet – das sind rund 1 000 weniger, als im Jahr davor (siehe Infokasten).
Im Dezember stieg die Arbeitslosenquote zwar wieder an – auf aktuell 6,0 Prozent. Das ist etwas mehr als im November – aber ein deutlicher Rückgang zum Jahr davor, als 6,8 Prozent vermeldet wurden. Üblicherweise sorgen die Saisongeschäfte Bau, Transport und Landwirtschaft für einen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Winter. „Wir merken aber, dass die Arbeitgeber ihr Personal lieber halten“, sagt Petra Schlüter. „Im Zweifel bekommen sie ihren Mitarbeiter im Frühjahr sonst nicht wieder, weil er etwas anderes gefunden hat.“
Besonders gut stehen die Chancen für Arbeitnehmer in Radebeul: Dort ist traditionsgemäß die Arbeitslosigkeit am geringsten – während die Geschäftsstelle Radebeul eine Quote 4,3 Prozent meldet, sind es in Riesa 7,5. Meißen und Großenhain liegen dazwischen. „Großenhain entwickelt sich sehr positiv“, sagt Petra Schlüter. Das liege offenbar daran, dass man von dort per Bahn sehr schnell Dresden erreiche – morgens im Halbstundentakt.
8 200 Arbeitslose im Kreis
Kritiker monieren, dass die offizielle Arbeitslosenstatistik die wahre Lage beschönige – schließlich tauchen dort etwa Teilnehmer an Umschulungen oder Weiterbildungen nicht auf. Genauso wenig wie Leute, die älter als 58 Jahre sind und ein Jahr lang keinen Vermittlungsvorschlag bekommen haben. Man stelle die Zahlen so dar, wie vorgeschrieben, sagt die Chefin der Riesaer Arbeitsagentur. Allerdings gibt es eine Möglichkeit, diese Personengruppen statistisch mit zu erfassen: mit der sogenannten Unterbeschäftigungsquote. „Sie sagt aus, wie viele Leute tatsächlich eine Arbeit suchen“, sagt Petra Schlüter.
Legt man diesen Wert an den Agenturbezirk Riesa an, kommt man statt auf sechs Prozent Arbeitslose auf acht Prozent „Unterbeschäftigte“. Auch hier zeigt sich aber ein deutlicher Rückgang zum Vorjahr. „Wir investieren in Bildung“, sagt Petra Schlüter. „Wir haben deutlich mehr Leute in Maßnahmen, die unter anderem auch eine gewisse Tagesstruktur vermitteln.“ Ziel sei es, möglichst viele Leute wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen.
Der entwickelt sich im Agenturbezirk, der vom Gebiet her identisch mit dem Landkreis ist, deutlich positiv: Seit Jahren steigt die Zahl der hier sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kontinuierlich an. Waren es Mitte 2012 noch gut 83 000 Menschen, sind es aktuell schon fast 89 000. Darin sind die Einpendler, nicht aber die Auspendler enthalten. „Die Prognosen gehen von einem weiteren Anstieg der Zahl der Beschäftigten aus. Für 2018 wird ein Plus von anderthalb Prozent erwartet“, sagt die Agenturchefin. Dieser Aufschwund sei vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen zu verdanken – in der Region würden hauptsächlich der Bau, das verarbeitende Gewerbe, der Handel und die Sparte Gesundheit/Soziales zulegen.
Ebenfalls konstant nach oben geht die Zahl der gemeldeten freien Stellen am ersten Arbeitsmarkt. „Wir haben so viele Stellenzugänge wie nie zuvor“, sagt Petra Schlüter. Fast alle davon seien sozialversicherungspflichtig, die meisten sofort zu besetzen. „Arbeitgeber besetzen mittlerweile oft sogar solche Stellen sofort, für die sie eigentlich erst in ein paar Monaten Bedarf haben: Sonst könnte der Bewerber vielleicht gar nicht mehr da sein.“ – Für 2018 hat sich die Arbeitsagentur das Ziel gesetzt, noch mehr Jugendliche in Ausbildung und Arbeit zu bringen, auch durch die Unterstützung von Praktika und Tagen offener Unternehmen. Außerdem wolle man das Arbeitskräftepotenzial vergrößern – indem man auch Langzeitarbeitslose, Behinderte und Ausländer in den Fokus nehme.