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Großeinsatz Altstadtfest

Veranstalter und Polizei prüfen auch mögliche Anschläge auf das Altstadtfest in Görlitz. Mit den jüngsten Terrorismusfällen hat das aber nichts zu tun.

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© nikolaischmidt.de

Von Ralph Schermann

Görlitz. So ein friedliches Altstadtfest wie 2015 gab es nie. Darin waren sich alle Sicherheitskräfte einig. Sie notierten trotz sechsstelliger Besucherzahl sogar „weit weniger Vorfälle als an normalen Wochenenden“, erinnert Bürgermeister Michael Wieler. Es war „ein Fest der Bürger, ein Fest der Familien, ein Fest des Miteinanders.“ So soll es sein. Und so soll es bleiben.

Diese Herausforderung aber wiegt diesmal besonders schwer. Terroristische Anschläge in Frankreich, aber auch im Süden Deutschlands haben viele Bürger verunsichert. Jede große Menschenansammlung birgt auch die Gefahr, missbraucht zu werden. Geben da die jüngsten Vorfälle besonderen Anlass, die Absicherung für das größte Görlitzer Fest zu verstärken? „Nein“, sagt Dirk Linczmajer, der Leiter des Polizeireviers, „so etwas zu berücksichtigen, gehört schon lange zu einer gründlichen Vorbereitung von Festen dieser Größenordnung. Auch in den Vorjahren haben wir mögliche Anforderungen daraus an die Sicherheitskräfte ausführlich geprüft.“ Das sieht auch Benedikt M. Hummel von der Görlitzer Kulturservicegesellschaft so: „Grundsätzlich fließen alle sicherheitsrelevanten Informationen in unsere Planungen ein. Zu diesem Zweck gibt es lange vorher schon mehrere Runden gemeinsam mit Landes- und Bundespolizei, Feuerwehr, DRK, weiteren Behörden und dem beauftragten Sicherheitsdienst.“

Die Koordinierungsstelle dafür wird auch für das bevorstehende Altstadtfest wieder im Gymnasium Augustum eingerichtet. Das hatte sich in den Vorjahren als Erfolg herausgestellt. „Ob Polizei oder Veranstalter – alle bekommen hier jede Information zeitgleich“, sagt Michael Wieler. In diese Zentrale werden alle Notrufe über 110 und 112 von den Leitstellen direkt weitergeschaltet. „So brauchen wir nie länger als drei Minuten bis zu einem Anrufer“, ergänzt Markus Kremser vom DRK im Vorjahr. 2015 testeten die Sicherheitsplaner zudem eine von der Stadtverwaltung angeschaffte Stabs-Kommunikations-Software. Sekundenschnell lässt sich damit jeder Verkaufsstand, jede Einsatzposition, jede nach Ablaufplan zu erwartende Personenkonzentration und sogar die Zahl der im jeweiligen Haus dahinter wohnenden Mieter für den Katastrophenfall feststellen. „Insofern diente das vorige Altstadtfest sogar auch der Vorbereitung auf mögliche andere Gemeinschaftseinsätze, zum Beispiel Hochwasser“, erklärt der Görlitzer Feuerwehrchef Uwe Restetzki, und Benedikt M. Hummel kündigt an: „Diese Software zur Koordination der Einsätze wurde ausgebaut und wird in diesem Jahr noch weitreichender eingesetzt.“

Die Görlitzer Polizei bereitet sich mit Zivil- und uniformierten deutsch-polnischen Streifen und einer taktischen Reserve vor. „Voriges Jahr zum Beispiel waren stellenweise 60 Mann im Festgebiet“, blickt Revierleiter Linczmajer zurück. Straftaten blieben die Ausnahme, die Beamten hatten eher damit zu tun, Wege für den Notarzt freizumachen oder vermisste Kinder zurückzubringen. „Das klappte“, informiert Linczmajer. Selbst auf dem polnischen Jakuby-Markt fand sich der eine oder andere auf Görlitzer Seite Vermisste wieder. Der seit Jahren versierte HSD-Sicherheitsdienst arbeitet in jeder Schicht mit 30 Mitarbeitern und konzentriert sich verstärkt auf das Alkoholverbot für Minderjährige sowie auf Kontrollen nach unerlaubten Glasflaschen. Und seitens der Rettungskräfte verwies Markus Kremser schon im vergangenen Jahr: „Dass 2015 nur in 15 Fällen Personen zum Krankenhaus gefahren werden mussten, war dem Vor-Ort-Dienst von Notärzten des Klinikums zu danken. Das erfolgte 2014 erstmals und hat sich seitdem bewährt.“ Insgesamt sind über das DRK zum Görlitzer Altstadtfest an die 150 Helfer zu koordinieren.

Zur Überlegung nach möglichen Angriffen auf das Fest gehört stets auch, mit Panik der Besucher zu rechnen. Das betrifft in erster Linie das Freihalten von Fluchtwegen. Benedikt M. Hummel: „Das gesamte Veranstaltungsgelände ist von uns auf diese Aspekte hin überprüft worden. Auch Engpässe wie Baustellen werden beraten. Im Allgemeinen sind alle Aufbauten so gestaltet, dass die gesetzlich festgelegten Durchfahrtbreiten, Wenderadien, Schleppkurven und sonstige Vorschriften eingehalten werden.“ Dass dennoch so manche Position im Festgelände bei starkem Besucherandrang ihre Grenzen längst erreicht hat, dürfte allerdings auch in diesem Jahr wieder nicht zu übersehen sein. Doch auch für das Altstadtfest gilt: Es gibt nirgends eine absolute und hundertprozentig feststehende Sicherheit. Was es aber gibt, ist eine Vorbereitung, die keine Frage offenlässt.