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Große Schäden nach dem Streusalz-Winter

Das Mittel forciert den Frost-Tau-Wechsel und damit die Asphalt-Zerstörung. Geht die Rechnung trotzdem auf?

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© Kristin Richter

Von Annett Heyse

Sächsische Schweiz. Wer dieser Tage mit dem Auto unterwegs ist, kann sich ziemlich sicher sein: Irgendwo lauert immer eine Schlaglochpiste. Besonders Straßen, die ohnehin schon holprig waren, hat der Winter arg zugesetzt. Risse, Schlaglöcher, Ausbrüche – die kalte Jahreszeit hat derart viele Frostschäden hinterlassen, dass viele kommunale Bauhöfe und die Straßenmeisterei des Landkreises immer noch damit beschäftigt sind, die Stellen aufzulisten. Eines wird schon jetzt deutlich, wie Heiko Weigel, als Beigeordneter im Landratsamt für Bau und Umwelt verantwortlich, sagt: „Wegen des vielen Schnees und damit auch des hohen Einsatzes von Tausalz beschleunigt sich die Erosion des Asphalts erheblich.“ Das Salz taut den Schnee zwar weg, aber getautes Wasser dringt in kleinste Löcher und Ritzen ein. Gefriert es dort, sprengt es den Asphalt regelrecht auf. Bei den hohen Verkehrsbelastungen dauert es nur Tage, bis ein Schlagloch da ist. Mehr Schnee, mehr Salz, größere Schäden – das ist vielerorts zu beobachten. Besonders schlimm sehen zum Beispiel die Struppener Straße in Pirna und die Beethovenstraße in Heidenau aus.

Frisst das Taumittel den Asphalt weg? Nein, heißt es bei der Gesellschaft für Verkehrswesen und ingenieurtechnische Dienstleistungen, eine dem sächsischen Wirtschaftsministerium untergeordnete Stelle. „Alle Gesteine, die im klassifizierten Straßenbau verwendet werden, werden regelmäßig auf ihren Widerstand gegen Frost und Tausalz geprüft.“ Allein die Verwendung von Salz greife den Asphalt nicht an, sagt Frank-Hermann Göpfert, Geschäftsführer der Gesellschaft. „Der Asphalt wird so konzipiert, dass er sowohl Sonne und hohe Temperaturen als auch Frost, Tausalz und Wasser ertragen kann.“ Nur wenn erste Schäden wie Löcher oder Risse schon entstanden sind, wird die Straße anfällig für den Frost-Tau-Wechsel.

Weil aber gar nicht zu vermeiden ist, dass der Asphalt kleinste Schäden aufweist, stehen manche Bauamtsleiter dem Salzeinsatz skeptisch gegenüber. Aus dem Altenberger Rathaus heißt es: „Der verstärkte Einsatz von Tausalz verkürzt die Haltbarkeit der Straßendecke. Besser ist der Einsatz von Splitt, um Schäden zu vermeiden.“ Der werde ohnehin bei Temperaturen unter zehn Grad gestreut.

Splitt – ist das die Lösung? Nein, heißt es aus dem Landratsamt. Tausalz werde schon seit Ende der 50er-Jahre verwendet, sagt Peter Guderle, Referatsleiter für Straßenbau und Verkehr. „Seitdem hat sich die Technologie immer weiter verbessert, auch hinsichtlich des Umweltschutzes.“ Erst kam das einfache Tausalz, dann das Feuchtsalz, heute die Sole, also Salzlauge, zum Einsatz. Der Effekt sei höher als beim Splitt. „Abstumpfende Streustoffe verbessern nur vorübergehend die Griffigkeit der Fahrbahnoberfläche.“

Hier verboten, dort fast erlaubt

Richtig dosiert, könne man beim Einsatz von Salzlauge Straßen- und Umweltschäden minimieren, deshalb favorisiere man beim Bauhof generell das Taumittel, sagt Pirnas Stadtsprecher Thomas Gockel. Auf einigen Fuß- und Radwegen verwendet Pirna dennoch Granulat, vor allem auf der Stadtbrücke. „Hier würde Tausalz schnell weggespült werden und in die Umwelt gelangen.“ Beim gestreuten Granulat auf den Wegen handle es sich nicht um Splitt, sondern um Ton. „Splitt ist tödlich für Fahrradreifen, wir nutzen ihn generell nicht“, so Gockel. Das Tongranulat sei zwar teurer, aber nicht so scharfkantig.

Insgesamt spreche die Kosten-Nutzen-Rechnung eindeutig für das Salzen. Peter Guderle: „Bei vergleichbaren Straßen- und Witterungsverhältnissen bedarf es im Vergleich zum Tausalz der zehn- bis zwanzigfachen Menge an abstumpfenden Streustoffen.“ Diese müssten zudem nach dem Winter aufgekehrt und als Sondermüll entsorgt oder aufwendig gereinigt werden. Letztendlich entstünden beim Granulat-Einsatz 15- bis 20-fache Kosten pro Kilometer Streustrecke, hat man im Landratsamt ausgerechnet.

Was noch nicht einkalkuliert ist, sind die Reparaturen nach dem Salzeinsatz. Selbst wenn man die mit einkalkuliere, komme man mit Salz noch günstiger, schätzen die Verantwortlichen. Mit Zahlen belegen lässt sich das jedoch nur schwer, schon allein, weil nicht alle kaputten Straßen sofort repariert werden. Wie groß die Schäden beispielsweise an den Kreisstraßen sind, werde frühestens Mitte März klar sein, heißt es aus dem Landratsamt.

Wenn Salz tatsächlich so viele Vorteile hat, warum verbieten viele Kommunen privaten Anliegern das Salzen des Gehwegs vorm Haus per Satzung generell – so zum Beispiel Pirna? Auch darauf gibt es eine Antwort. „Mit Eimer und Schaufel kann man das Salz unmöglich genau dosieren“, sagt Pirnas Stadtsprecher Thomas Gockel. Aus Gründen des Umweltschutzes sei der private Salz-Einsatz daher nicht erwünscht. Heidenau verbietet nur, Asche auf die Fußwege zu streuen. Beim Streusalz ist man sich noch nicht so sicher. Es wird nicht ausdrücklich verboten, ist aber auch nicht generell zugelassen. Entscheidend ist, die Fläche darf nicht beschädigt werden. Die Stadt selbst kann nicht ganz auf Salz verzichten, sagt sie. „Aber nur so viel, wie unbedingt notwendig ist.“ Wie viel das ist, bleibt offen.