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Große Pläne mit kleinen Bahnen

Rabenaus Modelleisenbahner bauen den Hainsberger Bahnhof nach. Fertig sind sie nach 15 Jahren noch lange nicht.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Rabenau. Eigentlich müsste jetzt auf Gleis 1 ein Zug einrollen. Aber – wie mitunter im wahren Leben – er kommt nicht. Die Männer überprüfen an ihren Schalttischen die Stellung der Regler, schauen auf den Computerbildschirm, fummeln an Kabeln und drehen am Stromknopf. Aber wo steckt das Problem? Es auf Anhieb zu finden, ist jedenfalls schwierig. Hier liegen gut 100 Meter Gleis, teils unterirdisch und nur über kleine Revisionsöffnungen einsehbar. Unzählige Weichen verbinden die Strecken. 22 Züge stehen fahrbereit auf den Schienen. Und die S-Bahn?

In unzähligen Arbeitsstunden entstand das Edelstahlwerk als Pappmodell im Maßstab 1:87.
In unzähligen Arbeitsstunden entstand das Edelstahlwerk als Pappmodell im Maßstab 1:87. © Andreas Weihs
Die Rabenauer Mühle haben die Bastler detailgetreu nachgebaut.
Die Rabenauer Mühle haben die Bastler detailgetreu nachgebaut. © Andreas Weihs
Die Bahnanlagen von Freital-Hainsberg sind bereits fertig, wie der Lokschuppen der Weißeritztalbahn.
Die Bahnanlagen von Freital-Hainsberg sind bereits fertig, wie der Lokschuppen der Weißeritztalbahn. © Andreas Weihs

Volkmar Pagenkopf muss ein bisschen schmunzeln. „Bis zum Freitag haben wir das Problem gelöst“, witzelt der Vereinschef. Dann nämlich öffnet der Modelleisenbahnklub Rabenau sein Domizil zur großen Ausstellung – wie jedes Jahr am zweiten Adventswochenende. Zudem findet dieses Jahr am 2. Dezember der Tag der Modelleisenbahn statt, eine Idee der europäischen Modelleisenbahnverbände. Denn als Spielzeug, Hobby und anspruchsvolles Metier für Bastler, Elektroniker und Kreative hat es seine Faszination noch immer nicht verloren. Die Modellbahn – sie lebt nicht nur in Rabenau. „Wir merken das ja, wenn wir auf Ausstellungen und Messen sind und die Besucher in Massen um die Anlagen stehen“, sagt Pagenkopf.

Die Anlagen – davon gibt es in Rabenau drei. Die Modellbahner haben Anfang der Achtzigerjahre einen Abschnitt der Weißeritztalbahn nachgebaut, in Größe H0e, also der Schmalspurausführung im Maßstab 1:87. Zu sehen ist die Strecke zwischen der Brücke am Wasserkraftwerk und dem Halt an der Rabenauer Mühle. Die Modellbahner haben die enge Schlucht modelliert, die Weißeritz, den Wald. Sogar die Rabenauer Mühle mit ihren aufwendigen Holzbalkonen steht im Mini-Format auf der Anlage. „Alles Handarbeit, da gab es keine Bauvorlagen“, sagt Pagenkopf. Man habe fotografiert, umgerechnet und gezeichnet. Viele der Miniaturhäuschen und auch die Mühle entstanden aus den Rückseiten von Schreibblöcken.

Die zweite Spielwiese ist ein Nachbau der Strecke Schlettau-Walthersdorf-Crottendorf im Erzgebirge. Dazu sind die Modellbahner mehrmals vor Ort gefahren, haben sich die einzelnen Abschnitte angesehen, Gebäude fotografiert, die Landschaft eingeprägt. Entstanden ist sodann in vielen hundert Arbeitsstunden eine Miniaturlandschaft mit Wiesen, Wäldern, Dörfern, Gärten. Was nun noch kommt, ist die Königsdisziplin, Anlage Nummer drei und zugleich die größte Herausforderung.

Die Rabenauer bauen die Eisenbahnlinie durch Freital zwischen dem Edelstahlwerk und dem Backofenfelsen nach, inklusive Hainsberger Bahnhof mit dem Startpunkt der Weißeritztalbahn. Am Anfang, erinnert sich Volkmar Pagenkopf, erschien alles ganz einfach. Doch nun tüfteln sie schon 15 Jahre an der Anlage, ein Ende ist unabsehbar. „Wir haben das etwas unterschätzt“, meint der Modelleisenbahner.

Per Rechner gesteuert

Zwischendurch konnte man drei Jahre lang fast überhaupt nichts bauen, weil der Klub in andere Räume ziehen musste. Immerhin: Alle Gleise liegen auf der Platte, die 13,50 Meter lang ist. Was der Besucher kaum sieht: Auch unterirdisch verlaufen die Schienen, hier stehen in einem riesigen Schattenbahnhof alle Züge. Gesteuert werden Dampf-, Diesel- und Elektroloks teils noch analog, teils digital per Rechner.

Was nun Zeit kostet, ist die Landschaftsgestaltung. Denn die Modellbahner legen Wert auf detailgetreue Nachbildungen. Die Rabenauer bauen eine Szenerie nach, wie sie Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre existierte. Da geht es eben nicht nur um Schienen, Signale und Stellwerke. Sondern auch um Wohnhäuser, Geschäfte, Straßen, Kleingärten.

Volkmar Pagenkopf zeigt mit dem Finger auf den Bereich gegenüber dem Backofenfelsen. Es ist ein Schrebergartengelände. Hier haben die Modellbahner mühevoll Tomatenpflanzen, Blumen und Kohlköpfe gebastelt, dazu kleine Gartenhäuschen und Schuppen. Um bei dem Aufwand wenigstens die Kosten im Rahmen zu halten, müsse man erfinderisch sein, erklärt der Vereins-Chef: „Wir gehen dabei auch in die Natur und suchen uns Material zusammen.“ Vor allem verblühte Goldrute habe sich als nützlich erwiesen. „Daraus kann man sehr gut Bäume machen.“

Inzwischen ist auch die S-Bahn aufgetaucht und rollt über die Gleise. Die Technik funktioniert also, ab Freitag kann jeder zum Zuschauen kommen und anlässlich des Modelleisenbahn-Tags auch mal ans Steuerpult.

Der Modelleisenbahnklub Rabenau lädt vom 2. bis 4. Dezember zur großen Schau, Adresse: Am Markt 7. Geöffnet ist am Freitag 16 bis 20 Uhr, am Sonnabend 13 bis 18 Uhr und am Sonntag 10 bis 17 Uhr.