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Große Fußstapfen hinterlassen

Reinhart Franke hatte eine aufregende Zeit im Rathaus. Seine Verdienste sind immens – und nachhaltig.

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© Norbert Millauer

Von Peggy Zill

Weinböhla. Sein Terminkalender ist nicht mehr so voll. Treffen sind nun auch spontan möglich. Und Reinhart Franke hat mehr Zeit für seine Hobbys, spielt wieder öfter Tennis und nimmt sich viel Zeit für Reisen mit seiner Frau Gunhild. Mit dem Wohnwagen sind sie schon bis an den nördlichsten Zipfel von Schottland gereist, an die französische und spanische Atlantikküste gefahren und planen für diesen Sommer einen mehrwöchigen Trip über die baltischen Staaten nach Skandinavien. „Ich langweile mich in keinster Weise“, sagt Franke. Die Zeit als Bürgermeister sei eine schöne gewesen, aber er vermisse das Amt nicht.

Dass er nun, anderthalb Jahre nachdem er das Rathaus verlassen hat, zum ersten Ehrenbürger der Gemeinde ernannt worden ist, damit habe er nicht gerechnet und freue ihn – und seine Frau. „Denn meine Frau war immer mit gefragt. Die Familie musste viel zurückstecken“, so der 69-Jährige.

„Danke, danke, danke“, mehr sagte er am Sonntag auf der Bühne des Zentralgasthofes nicht. Dabei könnte er viele Geschichten aus seiner Zeit als Bürgermeister erzählen. Am 1. Juni 1990 trat er sein Amt an. Vorher hatte er als Diplomingenieur im Bereich Kassettentechnik gearbeitet. Mit Kommunalpolitik hatte das wenig zu tun. Nur in der Leitung von Mitarbeitern hatte er schon Erfahrung, als er ins Rathaus kam. Die Führungsetage dort musste komplett ausgetauscht werden. Da er als Rathauschef kein Alleinherrscher ist, war auch das Miteinander im Gemeinderat wichtig. „Und auf die Bürger muss man hören.“

Die Erwartungshaltungen seien Anfang der 1990er-Jahre sehr groß gewesen. Es ging aber nicht immer alles so schnell, wie gewünscht. Denn Baustellen gab es viele. „Weinböhla war damals ein trauriger Anblick, grau und trist“, erinnert sich Franke. Der Zentralgasthof stand schon jahrelang leer und verfiel. Doch die Sanierung wurde gestoppt. Man musste sich zunächst um wichtigere Dinge kümmern. „Die Probleme am Anfang waren immens groß“, so Franke. Das Wohnungsproblem war ein Hauptthema. Doch für Neubauten oder Sanierungen fehlte eine geordnete Abwasserentsorgung. Vor fünf Jahren konnte an den Kanalbau ein Haken gesetzt werden. Über 50 Kilometer Rohre sind dafür verlegt worden, in fast jeder Straße wurde dafür gebuddelt, die dann neuen Asphalt erhalten hat. Nach und nach fanden sich auch Kapitalgeber, vorwiegend aus Westdeutschland, die Mietwohnungen bauten. Das sorgte für Entspannung in diesem Bereich. Parallel dazu wurden Schulen, Kitas und auch der Zentralgasthof saniert. Die alte Konservenfabrik hinter dem Zentralgasthof verschwand, dafür wurde die Nassauhalle gebaut. „Man kann nur das angehen, was man sich leisten kann.“ Darauf habe er immer geachtet, so Franke. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist noch heute mit unter 200 Euro sehr niedrig.

„Man durfte sich in seinen Zielen nicht beirren lassen“, sagt Franke heute. Denn Besserwisser gab es immer. Manche Kritik war übersteigert. „Man lernt, gelassener zu werden.“ Wenn er heute das Ergebnis sehe, sei das Bestätigung, in den richtigen Bereichen investiert zu haben.

Für Investoren ist Weinböhla noch heute attraktiv, gleichzeitig steigen die Einwohnerzahlen. Franke setzte sich auch dafür ein, dass die sogenannten weichen Faktoren, wie die Kultur, nicht vernachlässigt werden und dass die Straßen- und S-Bahn weiter im Ort halten. „Viele Perlen an der Kette wären noch zu nennen“, sagte Hans Geisler, Staatsminister a.D., in seiner Laudatio auf Reinhart Franke. „Bei Ihrer bescheidenen Art wundert man sich, wie sie sich durchsetzen können“, so Thomas de Maizière. „Sein Wirken ist von so herausragender Natur, dass ihm das Ehrenbürgerrecht vor allen anderen zusteht“, heißt es in der Begründung für die Ehrenbürgerschaft.

In der Gemeindeverwaltung lässt sich Franke nur noch selten blicken. Er pfuscht seinem Nachfolger nicht rein, hilft bei Fragen aber immer gern. „Bei Amtsantritt wusste ich, es wird nicht leicht, in so große Fußstapfen zu treten“, so Siegfried Zenker in seiner Rede. In einem Vierteljahrhundert als Bürgermeister habe er die Gemeinde weit nach vorn gebracht. „Sie hatten Visionen und ließen sie wahr werden.“ Franke genieße seine Anerkennung.