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Griechen setzen auf deutsche Liebe zum Spargel

Der Anbau des Gemüses ist für Bauern in Griechenland risikoreich. Sie sind von zwei Wetterlagen abhängig: der eigenen und der deutschen.

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© dpa

Von Alexia Angelopoulou

Athen. Schon seit Ende Februar wird im Norden Griechenlands Spargel geerntet, auch im Herbst jeden Jahres gibt es erste Lieferungen. Das Edelgemüse geht fast ausschließlich nach Deutschland, denn die Griechen wissen mit weißem Spargel nicht viel anzufangen. „Es gibt kaum Rezepte, und was die Deutschen damit kochen, ist uns völlig unbekannt – wir essen eigentlich nur grünen Spargel und den als Salat“, sagt Anastasios Karkatzalos von der nordgriechischen Erzeugergemeinschaft Nestos. Macht aber nichts: Mit dem Export des weißen Spargels verdienen die griechischen Spargelbauern ohnehin viel besser, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Dieses Jahr war der Himmel ihnen bisher nicht gnädig. „Erst war es kalt, der Spargel kam spät. Dann eine Woche lang Sonnenschein und Wärme, dann wieder Wolken, Kälte, Regen – wir hoffen weiter“, sagt Karkatzalos. In südliche Gegenden wie Kreta, wo das Wetter viel besser ist, können die Spargel-Bauern nicht ausweichen, dort ist es im Winter viel zu warm. „Der Spargel braucht auch seine Winterkälte“, sagt Kostas Maragkosis von der Erzeugergemeinschaft Nespar.

Mehr als 90 Prozent des griechischen weißen Spargels wird Maragkosis zufolge nach Deutschland exportiert. Nach Angaben von deutsch-griechischen Handelsexperten belegte Griechenland im Frühjahr 2017 Platz sechs der Spargel-Lieferanten – nach Spanien, Peru und den Niederlanden. Der größte Anbieter ist China, das mittlerweile weltweit zum größten Spargel-Exporteur avanciert ist. Aber auch Deutschland ist ganz vorne mit dabei. „Kein Wunder“, sagt Maragkosis, „dort wird der meiste weiße Spargel gegessen, und Deutschland ist Europas größter Produzent.“ Die Griechen wissen, dass der Deutsche pro Jahr gut und gerne 1,7 Kilo Spargel genießt – und dass die deutschen Spargelbauern deshalb sukzessive ihre Anbauflächen erweitern. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium wurden diese bis 2016 innerhalb von fünf Jahren von 19 000 auf 22 300 Hektar ausgeweitet. Entsprechend stößt die Entwicklung in Deutschland nicht überall auf Gegenliebe.

Das besondere Verhältnis der Deutschen zu dem Edelgemüse ist in Südeuropa bekannt und lässt die griechischen Spargelbauern jedes Jahr bangen: „Wir hoffen, die größtmögliche Menge Spargel exportieren zu können, denn die Deutschen sind, was das Thema Spargel anbelangt, Chauvinisten: Sobald ihr eigener Spargel erntereif ist, nehmen sie den und verzichten auf importierte Ware“, sagt Spyros Papadopoulos, Regionalrat der spargelstarken griechischen Region Ostmakedonien-Thrazien.

Damit das nicht geschieht, müssen die Griechen aufs Wetter hoffen: Je früher je mehr Sonne und Wärme, desto schneller ist der Spargel exportreif. Die Spargelbauern sind aber auch darauf angewiesen, dass das Wetter in Deutschland mitspielt: „Ist das Frühjahr in Deutschland zu kalt, haben die Menschen dort keinen Appetit auf Spargel, und die Abnahme sinkt“, sagt Kostas Maragkosis.

Für die griechischen Bauern ist der Spargelanbau ein bisschen wie Roulette – lukrativ, aber auch riskant. „Spargel ist ein nervöses Gemüse, man darf es nicht stressen“, sagt Maragkosis. Seit mehr als 20 Jahren spezialisiert sich die Genossenschaft Nespar auf Spargel. „Spargel kann man nicht im Kühlschrank lagern, der muss schnell transportiert werden. Ideen wie Wärme per Nylonabdeckung oder auch optimale Transporttechnologien kommen von uns“, so Maragkosis.

Zwischen fünf und acht Euro pro Kilo verlangen die Griechen für das Gemüse. Dass deutscher Spargel zu Beginn der Saison auf dem Wochenmarkt 15 Euro und mehr das Kilo kosten kann, verschlägt ihnen die Sprache – und erst recht, dass griechischer Spargel zu Saisonbeginn für bis zu 21 Euro angeboten wird. (dpa)