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Graupaer erfüllt sich Kindheitstraum

Ulrich Haasemann restauriert ein historisches Windrad. Das steht jetzt in seinem Garten. Er hat weitere Pläne.

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© SZ

Von Mareike Huisinga

Graupa. Ulrich Haasemann kann nicht nur in Holz. Der Tischlermeister aus Graupa hat auch viel Verständnis für technische Kniffeleien. Stolz guckt er auf das 20 Meter hohe Windrad, das sich seit November auf seinem hinteren Grundstück dreht. „Damit habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt“, sagt der Graupaer mit einem feinen Lächeln. Wie kommt das Windrad, das ein wenig an Wild-West-Romantik erinnert, nach Graupa? Zu erzählen ist eine Geschichte von einem nie aufgegebenen Gedanken. Doch der Reihe nach. Als Kind zieht Ulrich Haasemann mit seinen Eltern von Graupa nach Birkwitz, wo sein Vater, der in der Forstwirtschaft arbeitet, zuvor ein Grundstück erworben hatte. Neugierig auf die neue unmittelbare Umgebung schnappt sich Ulrich sein Fahrrad und radelt los. Seine Touren führen ihn natürlich auch in den Nachbarort Söbrigen. Dort fällt ihm sofort das alte Windrad auf, das sich auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Simmchen befindet. „Es war damals schon in keinem guten Zustand“, erinnert sich Haasemann. Trotzdem lässt ihn die Faszination nicht los, er kommt immer wieder zu dem Ort zurück.

So erfährt er, dass das Windrad von der Firma Carl Reinsch aus Dresden um die Jahrhundertwende gebaut wurde. „Es diente ursprünglich dazu, das Elbegrundwasser für den Gartenbetrieb zu pumpen“, berichtet der Graupaer.

Jahre später, lange nach dem Uli Haasemann den Tischlerbetrieb in Graupa eröffnete, wendet er sich wieder seinem Kindheitsraum zu. 2005 nimmt er Kontakt zu Frau Simmchen auf und fragt an, ob die Möglichkeit besteht, das Windrad zu kaufen. Doch die Verhandlungen erweisen sich als zäh. Die Besitzerin hatte unter anderem Bedenken, ob sie das technische Denkmal überhaupt veräußern dürfte. Haasemann lässt nicht locker. Er setzt sich mit der Denkmalschutzbehörde in Dresden in Verbindung. „Dort erklärte man mir, dass das Windrad nicht registriert sei und gab somit grünes Licht für die geplante Umsetzung“, sagt Haasemann.

Für den Preis von ungefähr 400 Euro bekommt der technisch-affine Tischlermeister im Herbst 2009 einen großen Schrotthaufen, wie er sich schmunzelnd ausdrückt. Der desolate Zustand entmutigt ihn nicht, sondern spornt ihn nochmals an. Allein der Abtransport nach Graupa erweist sich als schwierig. Der Turm wird an einen Autokran einer Abschleppfirma gehängt. Unterdessen löst Ulrich Haasemann mit einem Winkelschleifer die untere Befestigung, sodass der Turm zunächst auf die Wiese gelegt werden kann. Ein heikles Manöver! Es folgt die Zerlegung in Einzelteile und danach der Transport von Söbrigen nach Graupa. Hier ist Feinarbeit angesagt. Stück für Stück baut Haasemann das Unikat auseinander und schaut dabei genau hin. „Alles, was noch irgendwie zu verwenden war, habe ich gerettet und saniert“, sagt der 56-Jährige. Parallel zur aufwendigen Restaurierung stellt Haasemann einen Bauantrag bei der Stadtverwaltung Pirna. Unter anderem muss der Tischler ein Vogelschutzgutachten vorweisen. Schließlich bekommt er die Genehmigung, das Windrad wird im vergangenen Herbst aufgestellt.

Bei dem Konstrukt handelt es sich übrigens um eine ganz besondere Technik. Auf dem Windrad liege eine sogenannte Fliehkraftregulierung zur Sturmsicherung. Das bedeutet: Die 32 Blätter im Rad können je nach Windstärke wie bei einer Jalousie aufgedreht werden. „So ein System ist sehr selten“, sagt Haasemann, der sich unter anderem in dieser Frage an das Deutsche Museum in München wandte.

Einen Massentourismus hat das historische Windrad jetzt noch nicht ausgelöst. „Aber die Nachbarn, mit denen ich gesprochen habe, finden die Errichtung gut“, sagt Haasemann.

Zustimmung kommt auch von Graupas Ortsvorsteher Gernot Geerde (parteilos). „Das Windrad wirkt wie ein technisches Denkmal und lockt somit zusätzlich Besucher an. Das ist gut für unseren Ort“, stellt er fest. Unterdessen plant Ulrich Haasemann, ein Informationsschild über das Windrad am Fuchslochweg aufzustellen. Von dort ist das Bauwerk besonders gut zu erkennen. In diesem Zusammenhang hat er eine Bitte. „Falls mir jemand noch weitere Informationen oder Geschichten zu dem Windrad geben kann, wäre ich sehr dankbar.“

Zwar zieht das Rad heute kein Wasser mehr, aber Haasemann überlegt, ob er in einem zweiten Schritt einen kleinen Generator anschließt, um „grünen“ Strom für die Tischlerei zu erzeugen.

Kontakt Tischlerei Haasemann: [email protected]