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Gourmetkoch entdeckt das Grünzeug

Tino Neumann lernte im Bellevue, kochte auf Sylt und leitet nun die Grünzeugs-Filiale. Dort sorgt er für frischen Wind.

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© René Meinig

Von Sarah Grundmann

Kastenmeier, Bellevue, Villandry und sogar die Sylter Sansibar – die Liste von Tino Neumanns ehemaligen Arbeitsplätzen trägt klangvolle Namen. Da mag es den einen oder anderen verwundern, wo der gelernte Koch mittlerweile gelandet ist; ihn selbst überraschte der Weg in die Systemgastronomie wohl am meisten. Zufällig entstand die Zusammenarbeit mit Gerhard Trömper, Geschäftsführer der sogenannten Fast-Green-Food-Kette Grünzeugs – bei der statt Burger und Pommes Salate und Wraps auf den Teller kommen.

Gelernt hat der heute 36-Jährige im Bellevue, weitere Jobs in der gehobenen Gastronomie folgten. Doch das Arbeitspensum wurde irgendwann zu viel, die Freizeit zu knapp. So geht es nicht nur ihm: Wie die SZ berichtete, fehlt ausgebildetes Personal. Einige Restaurants in der Stadt müssen daher einen oder sogar mehrere Ruhetage einlegen. Auch an Nachwuchs mangelt es: Haben 2007 noch 629 Auszubildende mit der Koch-Lehre begonnen, waren es im vergangenen Jahr nur noch 189. Wenig Anerkennung, eine relativ geringe Bezahlung und schlechte Arbeitszeiten seien Gründe für den Mangel, sagen Experten.

Probleme, die auch Neumann kennt. 13 Jahre pendelte er sogar nach Sylt. „Ich hatte irgendwann keine Lust mehr, wollte eigentlich gar nicht mehr als Koch arbeiten“, sagt der Gastronom. Gerade einmal drei Jahre hat er es ohne Herd ausgehalten, arbeitete für eine Firma, die Industrieprodukte vertreibt. Dann holte ihn die große Leidenschaft für seinen Beruf wieder ein. „Eigentlich wollte ich ein Restaurant in Ottendorf-Okrilla übernehmen“, berichtet Neumann. Er wollte sein eigener Chef sein, machte sich auf die Suche nach einem Investor, der ihm diesen Traum erfüllen kann – und fand Gerhard Trömper.

Der Kopf hinter dem Namen Grünzeugs sollte ursprünglich als Geldgeber herhalten – bis er Neumann die Geschichte seiner Franchise-Kette erzählte. Vor sechs Jahren hat Trömper die erste Salatbar auf der Hauptstraße eröffnet. Mittlerweile ist das Konzept zur Marke geworden und hat von Dresden aus zunächst einige deutsche Städte und nun sogar Österreich erobert. Es gibt Filialen in Erfurt, Münster, Potsdam und Klagenfurt. „Demnächst eröffnen weitere in Darmstadt und Hamburg“, sagt der Geschäftsführer. Die Filialen laufen über ein sogenanntes Franchise-System, nach welchem auch andere Fast-Food-Konzerne wie McDonalds aufgebaut sind: Das Konzept ist an allen Standorten gleich. Die einzelnen Filialen werden von den Franchise-Nehmern betrieben. Sie müssen einen Teil des Gewinns an den Geschäftsführer abgeben.

Einer dieser Franchise-Nehmer ist nun Tino Neumann. „Ich musste mich darauf erst einmal einlassen“, räumt Neumann ein. Schließlich sei Systemgastronomie schon etwas anderes als Gourmetküche. Bis dahin hatte Trömper die Dresdner Filiale noch selbst betrieben. Er will sich nun aber aus dem aktiven Geschäft zurückziehen. „Ich bin schon in Rente“, sagt der 63-Jährige und lacht. „Nach so vielen Jahren ist es Zeit für frischen Wind und neue Ideen. Das überlasse ich den Jüngeren.“

Neumann nimmt den Geschäftsführer beim Wort: Er baut derzeit einen Liefer- und einen Catering-Service auf. „Dafür gibt es erstmals eine Pasta-Salat-Reihe“, erklärt Neumann. Mit grünen Salaten sei es schwer, auf Festen vertreten zu sein. Sie sind zu verderblich. Die Frische soll unter dem neuen Angebot aber nicht leiden: „Wichtig ist uns aber, dass alle Speisen weiterhin ohne Zusatz-, Konservierungs- oder Farbstoffe sind“, erklärt Neumann. Erstmals kamen die neuen Nudelsalate beim Elbhangfest zum Einsatz. Vier verschiedene Varianten sollten zeigen, dass kalte Pasta auch ohne Mayonnaise auskommt. Am besten sei die skandinavische Variante mit Gnocci, Apfel, frischem Gemüse und Sonnenblumenkernen angekommen.

Gut angenommen wird indes auch der Lieferservice. „Das meiste, was man bestellen kann, ist ungesund“, erklärt Neumann. Der Lieferdienst mache schon jetzt etwa 20 Prozent des Umsatzes aus. Dabei steckt er noch in den Kinderschuhen. Bisher wird jeder Kunde von Neumann persönlich beliefert. Online, per Telefon oder über eine App kann geordert werden. „Ohne den Lieferservice sehe es schlecht aus“, räumt Neumann ein. Laufkundschaft verirrt sich eher selten in die Rähnitzgasse. Umso besser, dass die Stammgäste der Filiale auch nach dem Umzug treu geblieben sind.

Erst im Oktober 2016 hatte Trömper das Geschäft auf der Hauptstraße aufgegeben. Er wollte so einer Kündigung durch den Vermieter Vonovia zuvorkommen. Denn die hat Pläne mit dem Objekt. Bislang kann Unternehmenssprecherin Bettina Benner aber noch nichts zu dem „neuen Konzept“ sagen, das angekündigt wurde. Neumann hingegen hat sein Konzept gefunden und ist glücklich mit dem Weg von der Gourmet- in die Systemgastronomie.