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Gottleuba verzichtet auf einen Kämmerer

Der Erste ging, der Nächste wurde rausgeschmissen, einen Neuen gibt es nicht. Laut Rathaus scheitert es an den Bewerbern. Dabei gibt es welche.

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© dpa

Von Heike Sabel

Bad Gottleuba-Berggießhübel. Eine Stadt ohne Kämmerer? Unvorstellbar. Schließlich dreht sich fast alles um Geld. Doch wenn man schon über drei Monate ohne den Hüter der Moneten auskommt, scheint er nicht so wichtig zu sein.

Nachdem der bisherige Gottleubaer Kämmerer zu Jahresbeginn ausgeschieden war, wurde ein neuer eingestellt. Auf Probe. Bürgermeister Thomas Mutze (parteilos) warf ihn dann Ende Juni kurz vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit raus. Die Stelle wurde wieder ausgeschrieben, die Frist wegen zu weniger Bewerbungen erst um vier Wochen verlängert und nun wurde die Ausschreibung ad acta gelegt. Man braucht offenbar keinen Kämmerer.

Einer der Bewerber war der Berggießhübler Peter Welp. Der studierte Betriebswirt arbeitete bisher unter anderem in der Pressestelle des Landesamtes für Straßen und Verkehr, kandidierte 2009 als Landrat und 2014 als Stadtrat. Immer für die FDP, deren bekennendes Mitglied er ist, immer erfolglos. Bis diesen Sommer absolvierte er in der Pirnaer Dr.-Hirsch-Akademie eine einjährige Weiterbildung. Alle Fächer schloss er mit einer 1 vor dem Komma ab. Für das Amt des Kämmerers in Bad Gottleuba-Berggießhübel reichte es nicht.

Vorige Woche erhielt Welp die schriftliche Absage aus dem Gottleubaer Rathaus. Christian Walter, seines Zeichens Leiter Zentrale Verwaltung und Bürgerservice, schrieb ihm: Man habe die Stellenausschreibung aus organisatorischen Gründen aufgehoben. Welp war „einigermaßen erstaunt“. Was heißt das, fragte er sich? „Braucht die Stadt keinen Kämmerer mehr? Wird die Stadt demnächst aufgelöst? Hat sie sich anderweitig mit Doppelfunktion beholfen? War die Ausschreibung an sich unsinnig, fehlerhaft oder gar unnötig? Oder können die dort einfach nur keine korrekte Formulierung zustande bringen?“ Viele Fragen.

„Wer ist Weber?“

Also, aufgelöst wird der Kurort nicht. Die Frage war auch eher ironisch gemeint. Ernst hingegen sei der Fakt, dass sich aus Sicht der Stadt keine geeigneten Bewerber meldeten; die wenigsten hätten den Anforderungen laut Gemeindeordnung entsprochen. Daran habe auch die Verlängerung der Frist nichts geändert. Durch Umstrukturierung wurde die Stelle des Kämmerers inzwischen verwaltungsintern besetzt, sagt Mutze. Was das konkret bedeutet, sei nächste Woche im Organigramm auf der neu gestalteten Internetseite der Stadt erkennbar. Die Lösung soll mittelfristig, also drei bis vier Jahre gelten.

Es kann nur spekuliert werden, dass Christian Walter den Posten übernimmt und damit andere Aufgaben aufgibt. Walter hatte sich seit dem Rausschmiss von Weber schon um den städtischen Haushalt gekümmert. Mutze verteidigte diese Lösung schon im Juni: „Besser, als noch einmal Schiffbruch zu erleiden.“ Damit spielte er auf den geschassten Thomas Weber an.

Der hatte mit öffentlicher Kritik an der Verwaltung und Mutze auf seine Entlassung reagiert. Doch Mutze hielt sich zurück. Er deutete lediglich Unstimmigkeiten und missachtete Absprachen an. Ist vielleicht sogar eine Klage von Weber der Grund für das erfolglose Ende der Ausschreibung des Kämmerer-Postens? Weber verneint. Da er sich in der Probezeit befand, war das nicht möglich. Er vermutet richtig, dass sich kein geeigneter Bewerber fand. Für den Pirnaer Thomas Weber steht fest: „Herr Walter kann sich unmöglich noch um den Fachbereich Kämmerei voll kümmern.“ Finanziell „dümpelt die Stadt weiter vor sich hin“, sagt er. Der Stadtrat hatte den Haushalt für dieses Jahr erst am 8. September beschlossen. Hinsichtlich Mutze unkt Weber: Ob er die Wahlperiode übersteht? Sein Stuhl wackele schon einige Zeit.

Mutze beantwortet die Frage nach Weber süffisant mit der Gegenfrage: „Wer ist Weber?“ Das Kapitel hat sich für Mutze offensichtlich erledigt. Das mit dem Kämmerer auch. Vorerst.