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Gottes Bodenpersonal

Annette von Oltersdorff-Kalettka ist neue Pfarrerin in Oelsa. Eigentlich sollte sie schon viel eher anfangen.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Rabenau. Hinterm Haus stehen in Blumentöpfen eine Zaubernuss, ein Rhododendron und – passenderweise – eine Christrose. „Geschenke zum Amtsantritt“, sagt Annette von Oltersdorff-Kalettka. „Ich bin aber noch nicht dazu gekommen, sie im Garten einzupflanzen.“ Alles geht eben noch nicht und vieles nicht ruckzuck hintereinanderweg. 50 Prozent arbeite sie jetzt, fügt sie hinzu. Der Ostermontag aber war dennoch ein Arbeitstag, auf den sie, ihre Familie und viele lange gewartet hatten: Annette von Oltersdorff-Kalettka hielt in der Oelsaer Kirche ihren Einführungsgottesdienst. Damit ist die neue Pfarrerin für Oelsa, Rabenau und Seifersdorf ganz offiziell im Amt.

Und damit endet im Kirchspiel Kreischa-Seifersdorf auch eine lange Vakanz, während der von drei Pfarrstellen nur noch zwei besetzt waren. Im August 2014 ging der langjährige Pfarrer Thomas Köckert in den Ruhestand. Die jetzt 45-Jährige sollte ihn im August 2015 ersetzen. Dann der Schock: Annette von Oltersdorff-Kalettka erkrankte an Leukämie, lag gut ein halbes Jahr lang in der Klinik.

Ihr Mann und die beiden Kinder zogen im Sommer 2015 trotzdem nach Oelsa. „Als ich aus der Klinik kam, zog ich gleich hier ein.“ Und viele der insgesamt 1 500 Gemeindemitglieder, die sie noch gar nicht kannte, kümmerten sich um die kranke Pfarrerin und ihre Familie. „Die Menschen halfen beim Umzug, beim Einrichten, brachten frisches Gemüse aus ihren Gärten und selbst gemachte Marmelade“, erzählt sie. Es sei von Anfang an eine große Herzlichkeit gewesen, mit der sie empfangen wurden. Da sei ein Zusammenhalt spürbar, den sie so in ihren bisherigen Gemeinden nicht erlebt habe.

Annette von Oltersdorff-Kalettka stammt aus Mecklenburg, wuchs in einem Dorf bei Güstrow auf. Die Eltern hatten einen großen Bauernhof, doch die älteste von vier Töchtern wusste schon im Jugendalter, dass sie keine Landwirtin werden wollte. „Wir hatten eine wunderbare Kirchgemeinde mit Gemeindepädagogen, die besonders mit uns Kindern tolle Sachen gemacht haben.“ Christenlehre, Blockflötenkreis, Kinderchor – das habe sie beeindruckt und geprägt. „Ich habe mich dort immer sehr wohlgefühlt. Mit 15, 16 war mir klar: So etwas wollte ich auch machen.“ Annette von Oltersdorff-Kalettka wechselte auf ein Kirchliches Oberseminar in Potsdam, machte dort ihr Abitur und studierte anschließend Theologie in Rostock und Berlin mit Auslandsaufenthalten in Rumänien und Südafrika.

Es begann in Mecklenburg

Als Pfarrerin übernahm sie 2002 zunächst eine Kirchgemeinde in Mecklenburg. 2005 zog sie der Arbeit ihres Mannes hinterher und wurde für zehn Jahre Seelsorgerin in den Kirchgemeinden Olbersdorf und Lückendorf-Oybin. In Oybin, einem kleinen Urlaubsort im Zittauer Gebirge mit Burgruine und Bergkirche vor herrlicher Kulisse, gab es viel zu tun: Hochzeiten, Taufen, Konzertabende – das trug über manchen Riss hinweg. Denn besonders in Olbersdorf, einem Vorort von Zittau mit Plattenbauten und vom Braunkohleabbau geprägt, hat die Kirche einen schweren Stand. Der Sozialismus habe sich dort in viele Köpfe gesetzt, sagt Annette von Oltersdorff-Kalettka. „Außerdem sind die jungen Leute weg, die Alten geblieben – da gibt es einen richtigen Generationenbruch.“

In ihrer neuen Heimat sei das anders, das habe sie vom ersten Tag an gespürt. Viele alteingesessene Familien leben hier. „Die Leute halten zusammen, sie kennen sich, Probleme sprechen sich schnell herum und die Menschen unterstützen sich gegenseitig.“ Ihre neue Gemeinde sei eine sehr aktive, lebendige Gruppe. „Die wollen etwas erreichen, sind selbstbewusst und nehmen die Dinge in die Hand.“ Das imponiert ihr und motiviert sie.

Sie habe nun richtig Lust auf gemeinsame Aktionen zwischen Kirchgemeinde, Vereinen, Schulen, Gruppen und Initiativen. In den nächsten Wochen möchte sie ihr Arbeitspensum langsam steigern. Ob die Krankheit tatsächlich überwunden ist, kann sie nur hoffen. Momentan geht es ihr gut. Alle sechs Wochen muss sie zu Kontrollen. Sollten die Ärzte innerhalb der nächsten zwei Jahre keine verdächtigen Werte finden, gilt sie als geheilt.

Doch mit pessimistischen Gedanken will sie sich jetzt nicht befassen. Viel lieber kümmert sie sich um die Menschen in Rabenau, Oelsa und Seifersdorf. Und will ihnen eine lebendige, aktive Kirchgemeinde bieten, die für alle offen steht.