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Gotisches Gewölbe für Dippser Brautpaare

Im Trauzimmer ist ein seltener Schatz zu sehen. Warum der bisher wenig beachtet wurde.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Der Dippoldiswalder Architekt Jörg Lauterbach und der Dresdner Bauingenieur Thomas Bauer haben sich vor fünf Jahren kennengelernt, als sie beide an der Sanierung der Schlosskapelle in Dresden mitgearbeitet haben. Sie haben ein großes Interesse für historische Bauten gemeinsam und haben daraufhin ein Büro gegründet, das sich unter anderem auf historische Rekonstruktionen spezialisiert hat.

Mit moderner Technik erfasst sieht das Gewölbe so aus.
Mit moderner Technik erfasst sieht das Gewölbe so aus. © Bauer/Lauterbach
Thomas Bauer (li.) und Jörg Lauterbach zeigen die Nachbildung eines alten Gewölbeteils in ihrer Ausstellung im Rathaus Dippoldiswalde.
Thomas Bauer (li.) und Jörg Lauterbach zeigen die Nachbildung eines alten Gewölbeteils in ihrer Ausstellung im Rathaus Dippoldiswalde. © Egbert Kamprath

Die beiden sind international tätig, in Prag auf dem Hradschin genauso wie in Straßburg, Most (Brüx), Pirna oder Dresden. Und in dieser Reihe stehen auch Dippoldiswalde und Altenberg, wie Lauterbach und Bauer in den vergangenen Jahren herausgefunden haben. Die Erkenntnisse ihrer Forschungen stellen sie derzeit im Foyer des Dippoldiswalder Rathauses aus.

Denn gerade das Rathaus birgt einen architektonischen Schatz, der bisher kaum bekannt war. Das Gewölbe im heutigen Trauzimmer stammt noch aus der spätgotischen Zeit, ist also älter als die Fassade und das Datum 1534, das über dem Eingangsportal zu lesen ist. Wahrscheinlich wurde das Rathaus mehrfach um- und weitergebaut. Wegen seiner Fassade gilt das Gebäude als Renaissancebau. Die gotischen Elemente im Inneren sind dadurch in Vergessenheit geraten.

So wurden Lauterbach und Bauer überrascht, was sie da fanden. Die beiden haben vor zwei Jahren angefangen, sich intensiv mit der Baugeschichte von Dippoldiswalde zu befassen. Damals hatten sie den Auftrag, ein Gutachten über das Portal des ehemaligen Bergamts am Markt zu erstellen. Dabei haben sie sich intensiv mit der Person des Sigismund von Maltitz beschäftigt. „Der ist vor allem bekannt als Erfinder des Nasspochwerks“, erklärt Thomas Bauer. „Reich geworden ist er aber mit etwas ganz anderem. Er hat sich das Recht auf die sächsischen Berghalden gesichert.“ Mit der damals neuen Technik hat er den Abraum noch einmal auf Erz durchgearbeitet. Ein Verfahren, das bis heute üblich ist.

So wurde Maltitz reich und war ein bedeutender Mann, der beispielsweise 1510 im Gefolge von Sachsenherzog Georg nach Prag gezogen ist. Zu Maltitz’ Zeiten war auch Dippoldiswalde eine bedeutende Stadt, in der die damals aktuellste Bautechnik angewandt wurde, wie Bauer und Lauterbach herausfanden. Sie sind auf die Schlingrippen im früheren Ratssitzungssaal des Rathauses gestoßen. Hier fanden die Forscher überraschende Zusammenhänge. Sie gehen davon aus, dass damals in Dippoldiswalde eine Bauhütte gearbeitet hat, mit hoch qualifizierten Steinmetzen, die in ganz Sachsen anerkannt war. Das begründen sie damit, dass 1518 bei einem Annaberger Hüttenstreit ein „Valtinn von Dippolswald“ als eingeladener Werkmeister beteiligt war, heute vielleicht vergleichbar einem Gutachter. Lauterbach und Bauer haben das Dippoldiswalder Gewölbe genau vermessen. Damit ist ihnen ein Überblick über das Bauwerk möglich, wie ihn seinerzeit die Steinmetze nicht hatten. „Die haben nur zweidimensional gearbeitet“, sagt Bauer. Trotzdem hat am Ende das ganze Gebilde sauber zueinandergepasst.

Und bei ihren Untersuchungen sind die beiden auch auf die frühere Altenberger Kirche gestoßen, die heute nicht mehr existiert. Ein Grundriss von 1876 zeigt ein Gewölbe der gleichen Art wie auch in Dippoldiswalde. Diese Bauwerke zeigen das hohe Niveau des Handwerks im Osterzgebirge um 1500, lautet ihr Resümee. Was hier gebaut wurde, steht auf dem gleichen Rang wie beispielsweise die Kirche in Annaberg. Bauer und Lauterbach sind speziell auf historische Bauten ausgerichtet. Sie haben in der Orangerie im Herzogin Garten in Dresden gearbeitet, im Staddschloss Berlin, bei der Rekonstruktion der mittelalterlichen Burg von Ofen in Budapest, im Schloss Dresden und beim Gewölbe des Hradschin in Prag. Sie übernehmen aber auch normale Architekten- und Planungsarbeiten. So ist ihr Büro in Dippoldiswalde auch für das Autohaus Siebeneicher tätig.

Da sie beide auch der Region verbunden sind, wollten sie ihre Erkenntnisse öffentlich darstellen. „Wir haben uns an das Bauamt gewandt und der Oberbürgermeister hat uns den Raum im Foyer des Rathauses zur Verfügung gestellt“, berichtet Lauterbach. Hier zeigen sie Nachbauten von alten Gewölbeteilen und erklären deren Geschichte auf Schautafeln mit Skizzen und Bildern. Außerdem haben sie auf eigene Kosten eine Begleitbroschüre drucken lassen, die jeder kostenfrei mitnehmen kann.

Mehr Informationen gibts im Internet.