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Google scannt bis die Schwarte kracht

Ein US-Gericht hat nichts dagegen, dass der Konzern Millionen Bücher online zugänglich macht. Andere schon.

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© ZB

Alles legal. Das Projekt von Google, Millionen von Büchern zu scannen, zu digitalisieren und im Netz zugänglich zu machen, verstößt nicht gegen das amerikanische Urheberrecht. So urteilte am Donnerstag ein amerikanischer Richter. Mit diesem Richterspruch hat der Suchmaschinengigant einen überraschenden Sieg im jahrelangen Bücherstreit in den USA errungen. Demnach darf Google nun die digitalisierten Bücher im Internet durchsuchbar machen. Und das, ohne die Autoren fragen zu müssen. Das New Yorker Gericht wies eine Klage der US-Autorenvereinigung ab, die darin einen Bruch des Urheberrechts sah. Die Autoren kündigten sogleich an, gegen die Entscheidung vorzugehen.

„Meiner Meinung nach hat Google Books erhebliche Vorteile für die Allgemeinheit“, schrieb Richter Denny Chin in seiner Urteilsbegründung. „Es beschleunigt die Fortschritte in Kunst und Wissenschaft, während es gleichzeitig die Rechte von Autoren und anderen Kreativen berücksichtigt.“ Zugleich betonte der Richter, dass Google die eingescannten Bücher nicht verkaufe und nicht zum Lesen bereitstelle.

Google ist „Digitalisierungskrake“

Zum ersten Mal könnten Millionen Bücher auf einen Schlag durchsucht werden, schrieb Chin. Das komme zum Beispiel Wissenschaftlern zugute. Dadurch, dass sich die Werke auffinden ließen, öffneten sich für Autoren und Verlage neue Einnahmequellen. Alte Bücher würden vor dem Vergessen bewahrt. „Die ganze Gesellschaft profitiert.“

Google hatte 2004 damit begonnen, Bücher in großen Bibliotheken einzuscannen und im Internet durchsuchbar zu machen. Dabei kann in den Werken nach Begriffen gesucht werden. Der Nutzer bekommt jedoch nur Ausschnitte von wenigen Seiten Länge angezeigt, das ganze Buch ist nicht lesbar. Inzwischen seien mehr als 20 Millionen Werke digitalisiert worden, heißt es in den Gerichtsunterlagen.

Im Jahr 2005 klagten die US-Autoren sowie Verlage gegen Google Books; auch in Deutschland kam Widerstand auf. Im „Heidelberger Appell“ sprachen sich bis Mitte 2009 über 2 600 Verleger, Autoren, Publizisten, Illustratoren und Wissenschaftler gegen die Methoden des Suchmaschinenunternehmens Google aus. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderem die Schriftsteller Siegfried Lenz, Günter Grassund Peter Zadek.

2011 scheiterte ein Vergleich zwischen den Parteien am Veto des Richters, der durch den Kompromissvorschlag den Wettbewerb gefährdet sah. 2012 legte Google den Streit mit den Verlagen bei, während die Autoren ihre Klage aufrechterhielten. In seiner jetzigen Urteilsbegründung stützte sich Richter Chin auf die im US-Recht gängige Norm des „fair use“, der „angemessenen Verwendung“. Google Books kopiere die Werke nicht, es habe etwas Neues erschaffen, indem es den „Text in Daten verwandelt zum Einsatz in der Forschung“.

Die Autorenvereinigung Authors Guild sprach davon, dass nur die „erste Runde“ an Google gegangen sei. „Wir planen, die Entscheidung anzufechten“, erklärte Geschäftsführer Paul Aiken.

Indes hat der Deutsche Kulturrat „beunruhigt“ reagiert. Selbstverständlich müsse der Inhalt von Büchern für alle digital zugänglich sein, dabei müssten allerdings Verlags- und Urheberrechte geschützt werden, erklärte Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Freitag in Berlin. Sie müssten zudem auch für nichtkommerzielle Anbieter verfügbar sein. Zimmermann warnte vor der „Digitalisierungskrake Google“. Es sei naiv zu glauben, dass der globale Internetkonzern aus „rein altruistischen Motiven“ handle. Im Deutschen Kulturrat sind Verbände und Vereinigungen aus Kultur und Wirtschaft vereint. Dazu gehören auch Schriftstellerverbände, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die sogenannte Verwertungsgesellschaft Wort, die für deutsche Schriftsteller und Verlage treuhänderisch Vergütungsansprüche durchsetzt. (SZ/dpa)