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Gold statt Kreide

Der Juwelier Handke ist eines der ältesten Geschäfte Freitals. Inhaberin Sabine Stohr-Koitzsch hatte erst ganz andere Pläne.

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© Egbert Kamprath

Von Maximilian Bär

Freital. Als Bruno Gehmlich am 1. Oktober 1945 sein Uhrengeschäft in Freital-Potschappel am Markt eröffnete, hätte er es wahrscheinlich nicht für möglich gehalten. Doch heute, 70 Jahre später, existiert sein Laden noch immer. Im gleichen Haus, in der gleichen Familie. Der Uhrenmacher und Feinmechanikermeister hatte das ursprünglich nach ihm benannte Geschäft nach dem Krieg in den ehemaligen Räumen einer Drogerie gegründet. Zu Anfang vor allem ein Reparaturbetrieb wuchs das Angebot in den 50er-Jahren stetig an. Irgendwann gehörte auch die kleine Sabine so gut wie zum Inventar. „Ich bin eigentlich im Geschäft aufgewachsen und war auch nie im Kindergarten“, erzählt die Tochter von Bruno Gehmlich und heutige Inhaberin Sabine Stohr-Koitzsch.

Sie erinnert sich noch gut an die Zeit zurück. Durch gute geschäftliche Verbindungen hätte man auch zu DDR-Zeiten immer das ein oder andere dagehabt. Besonders dann, wenn der Vertreter mit neuem Schmuck kam. „Das hatte immer etwas Geheimnisvolles. Der Wagen stand vor dem Laden und in der Tür hing ein Schild: ‚Wegen Wareneingang geschlossen‘“, erzählt sie. Wenn nach einem halben Tag wieder geöffnet wurde, standen die Leute vor der Tür schon Schlange.

Später half Sabine Stohr-Koitzsch dann auch oft im Verkauf aus, etwa zur Weihnachtszeit. Nach der Wende sei besonders viel los gewesen. Es gab offenbar großen „Nachholbedarf“, wie sie es nennt. In die Fußstapfen ihrer Eltern wollte sie aber nicht treten. „Ich wollte nie Goldschmiedin werden.“ Stattdessen wurde sie Lehrerin. Doch nach 17 Jahren Unterricht machte ihre Mutter, die nach dem Tod ihres Mannes den Laden leitete, ihr das Angebot, das Geschäft zu übernehmen. Der Laden war ihr ans Herz gewachsen und sie sagte zu. Nach einem Jahr als Angestellte übernahm sie 1998 auch die Geschäfte. Den Namen ihrer Mutter „Handke – Juwelier und Goldschmiede“ behielt sie bei.

Es blinkt und glitzet

Als 2002 das Hochwasser auch in ihrem Geschäft etwa 60 Zentimeter hoch stand, musste schnell ein Ersatz her. In einer Marktbude neben dem Laden konnten die Geschäfte wenigstens teilweise weitergeführt werden – die Werkstatt befand sich glücklicherweise im ersten Stock. Das Geschäft wurde nach der Flut renoviert und vergrößert. Das Hochwasser hatte auch Goldschmiedemeister Volker Stohr aus seinen Räumen vertrieben. Er kam vorübergehend im Handke unter. Und blieb. Heute ist er mit Sabine Stohr-Koitzsch verheiratet. Die Arbeitsteilung ist klar. Er arbeitet in der Werkstatt, sie führt das Geschäft und berät die Kunden. Die meisten kennt sie schon lange. „Gerade in dieser Branche ist das eine Vertrauenssache.“ Das sei auch ihr großer Vorteil gegenüber Onlinehändlern.

Vor der Wende hätten auch einfachere Waren wie Lederarmbänder in den Schaufenstern ausgelegen. Heute blinkt und glitzert es überall. „Eine Fliege werden sie bei mir im Fenster nicht finden“, sagt sie schmunzelnd. Das hat auch schon mal Einbrecher angelockt. 2012 hatte eine Bande, die vorher schon einige Einbrüche in Dresden verübte, das Schmuckgeschäft überfallen. In Potschappel endete ihre Serie jedoch, nachdem ein aufmerksamer Nachbar die Polizei alarmierte. Die Diebe wurden festgenommen, die Beute im Wert von 10 000 Euro gesichert.

Acht Jahre will sie die Geschäfte noch weiterführen. Was danach kommt, weiß sie noch nicht. Am besten sei natürlich, wenn jemand aus der Familie oder dem Umfeld den Betrieb übernehmen würde. Vielleicht die derzeitige Gesellin. „Sonst wäre das nächste Geschäft mit langer Tradition weg“, sagt die Freitalerin. Ob das Unternehmen auch in 70 Jahren noch existiert? Sabine Stohr-Koitzsch lacht herzhaft. „70 Jahre – das wäre natürlich toll!“