Merken

Görlitzer Taxi-Innung lehnt freie Preise ab

Die Fahrer wollen Tarife und Konzessionen beibehalten und erklären, warum sie keine Navis brauchen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Reuters

Von Ralph Schermann

Im Taxigewerbe regt sich Unmut. Auch in Görlitz. Wieder einmal wird versucht, ihm die Souveränität zu beschneiden. Diesmal ist es „CNetz“, die „digitalpolitische Vereinigung der CDU“. Sie will ein neues Personenbeförderungsgesetz.

Andreas Gritzner, Vorsitzender der Görlitzer Taxi-Innung, bezweifelt, dass der Vorschlag Erfolg hat: „Er ist undurchdacht und praxisfremd.“
Andreas Gritzner, Vorsitzender der Görlitzer Taxi-Innung, bezweifelt, dass der Vorschlag Erfolg hat: „Er ist undurchdacht und praxisfremd.“ © Pawel Sosnowski

Dieses Gesetz regelt den Taxi- und Mietwagenverkehr in Deutschland. „CNetz“ möchte, dass für Taxis feste Fahrpreise entfallen, die bislang die Kommunen festlegen. Auch sollen die Taxi- und Mietwagenkonzessionen aufgehoben werden. Als Grund nennt „CNetz“-Sprecher Thomas Jarzombek, dass das Personenbeförderungsgesetz „einige sehr marktferne Regelungen“ enthalte und deshalb Innovation und Wettbewerb aussperre. So gab es voriges Jahr unter Berufung auf dieses Gesetz ein deutschlandweites Verbot des Anbieters „Uber Pop“. Bei diesem amerikanischen Modell sollten Fahrgäste an private Fahrer vermittelt werden.

Wenig soll bleiben, ginge es nach „CNetz“. Das wären für Fahrer ausreichende Versicherungen und das Vorliegen eines Personenbeförderungsscheins, aber nicht mehr mit einer Ortskundeprüfung. Diese gelte in Zeiten von Smartphones und Navigationsgeräten als überholt. Die Beförderungspflicht solle weiter gelten, sagt Jarzombek. Das heißt, dass Fahrer auch kürzeste Strecken nicht ablehnen dürfen.

Über diesen Vorstoß kann Andreas Gritzner nur den Kopf schütteln. „Das ist undurchdacht und praxisfremd“, sagt der Vorsitzende der Taxi-Innung Görlitz, dem Fachverband des Taxi- und Mietwagengewerbes im Landkreis. Für ihn gilt vor allem: „Wir sind Teil des öffentlichen Personennahverkehrs und müssen als solcher für Fahrgäste verlässlich sein.“ Das wäre nicht mehr gegeben, würden Tarife abgeschafft. „Tarife auflösen und Beförderungspflicht beibehalten – das geht nicht zusammen“, sagt Gritzner und nennt Beispiele: „Soll sich der Fahrgast an der Taxi-Schlange am Bahnhof erst das Auto suchen, dessen Fahrer den billigsten Preis anbietet? Wird bei einem telefonisch bestellten Taxi an der Haustür erst um Fahrgeld gefeilscht? Nein, Preise müssen einheitlich sein, alles andere wäre letztlich nur kundenunfreundlich.“

So wäre es dann auch mit der nach „CNetz“-Ideen fehlenden Ortskunde. „Wir werden daran festhalten“, betont Andreas Gritzner. Bisher müssen Görlitzer Taxifahrer bei Prüfungen nachweisen, mindestens 80 Prozent aller Zielangaben, ohne irgendwo nachzuschlagen, zu beherrschen. Denn Navis sind höchstens eine Ergänzung, heißt es bei der Görlitzer Innung. Taxis dürfen in zweiter Reihe halten, um Fahrgäste aufzunehmen. Sollen die Fahrer künftig erst das Navi programmieren und den Nachfolgeverkehr länger blockieren? Ohnehin zeigen Navis nicht immer die kürzesten Verbindungen, die Ortskundige dagegen kennen. Andreas Gritzner tippt ein Beispiel ins Navi: „Hier, die B 99 Richtung Zittau: Das Navi zeigt noch eine weite Umleitung an, obwohl in Hagenwerder schon lange keine Baustelle mehr da ist.“ Zudem kennen Navis nicht alle Lokale, Betriebe, Arztpraxen und all das, was Fahrgäste so alles als Ziel dem Fahrer nennen. „Es gehört zur Berufsehre, sich ständig mit Veränderungen im Ort zu beschäftigen“, sagt Gritzner und sieht in dem „CNetz“-Vorstoß nur „ein höheres Risiko für den Fahrgast.“

Kein Wunder, überlegt Gritzner, dass so ein Vorschlag schon einmal danebenging. Tatsächlich hat die Bundesregierung erst vor genau einem Jahr die damals von der Monopolkommission vorgeschlagene Freigabe der Taxipreise in Deutschland abgelehnt. „Dagegen spricht das öffentliche Verkehrsinteresse an einem zuverlässigen, flächendeckend weitgehend hochverfügbaren Beförderungsangebot, das Fahrgästen zu bezahlbaren Preisen zur notwendigen Ergänzung des Linienverkehrs bereitstehen soll“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme dazu und bekräftigt, „an der strikten Abgrenzung zwischen Taxi- und Mietwagenverkehr festzuhalten, um den Taxenverkehr zu schützen“.

Andreas Gritzner ergänzt, dass es derzeit Wichtigeres gäbe. So schreibt das neue Fiskalgesetz ab 2017 vor, alle Zahlvorgänge elektronisch zu speichern und dem Finanzamt zur Verfügung zu stellen. Wie das bei Taxis gehen soll, ist noch immer offen: Welche Geräte, welche Abläufe, welche Taxameter? Oder die Grenzfrage: Seit Jahren ist man keinen Schritt vorangekommen, dass deutsche Taxis auch nach Polen fahren dürfen, ohne im Nachbarland zusätzliche Abgaben leisten zu müssen: „Hier werden wir Taxifahrer alleingelassen.“