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Görlitzer Mordprozess wird ohne Angeklagte fortgesetzt

Das Landgericht erachtet ihre Anwesenheit für nicht zwingend erforderlich. Ausschlaggebend ist ein Teil der Strafprozessordnung.

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© N.Schmidt

Von Frank Thümmler

Der Mordprozess gegen Anne-Kathrin Hartmann und Stephan Kuhring wegen Mordes am Nieskyer Philipp W. ist am gestrigen Mittwoch in Abwesenheit der erkrankten Angeklagten fortgesetzt worden. Der Prozess drohte zu platzen, weil an diesem Tag die maximal erlaubte Zeitspanne zwischen zwei Verhandlungstagen erreicht war. Die beiden vergangenen Termine waren wegen der Erkrankung der Angeklagten abgesagt worden. Es drohte, dass der komplette Prozess wiederholt werden muss.

Die Lösung für das Landgericht liegt im Paragrafen 231 der Strafprozessordnung. Der Vorsitzende Richter Theo Dahm sagte: „Wir sind davon überzeugt, dass die Angeklagte ihre Verhandlungsunfähigkeit selbst verschuldet hat.“ Anne-Kathrin Hartmann habe sich wegen der Symptome eines Leberversagens am 16. Oktober in ärztliche Behandlung begeben. Nachdem relativ schnell Besserung eingetreten war, habe sie das Krankenhaus gegen den Rat der Ärzte wieder verlassen. Danach habe sie sich geraume Zeit nicht behandeln lassen. Vor wenigen Tagen wurde die Behandlung, bei schlechten Leberwerten, erneut aufgenommen. Zurzeit, so die Beurteilung des behandelnden Arztes, sei Hartmann nicht verhandlungsfähig. Bis zum nächsten Verhandlungstag am 15. November sei es aber wahrscheinlich, dass die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten wiederhergestellt sei. Und, so Dahm, wahrscheinlich wäre sie heute verhandlungsfähig gewesen, hätte sie ihre Behandlung vor zwei Wochen nicht selbst und gegen den Rat der Ärzte abgebrochen. Für das Gericht ist das ausschlaggebend. „Damit hat sie sich vorsätzlich in den Zustand der Verhandlungsunfähigkeit versetzt. Das Gericht kann in dem Fall die Verhandlung auch ohne Anwesenheit der Angeklagten fortsetzen. Hartmann hat ihre Aussage gemacht und dabei geäußert, keine Fragen zu beantworten. Die Beweisaufnahme ist weit fortgeschritten.“ Der Richter war auch dem Verdacht nachgegangen, dass die Angeklagte das Leberversagen selbst ausgelöst haben könnte. Eine entsprechende Untersuchung verlief allerdings laut Dahm ohne Befund.

Der Verhandlungstag am Mittwoch war kurz. Es wurde ein Gutachten verlesen und das Vorstrafenregister des Mitangeklagten. Am 15. November soll die Verhandlung mit den Aussagen der zwei letzten Zeugen und dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen fortgesetzt werden. Eventuell soll es danach zu den Plädoyers kommen.