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Görlitzer fährt im Winter zum Nordkap

David Siebert nimmt an einer ungewöhnlichen Rallye teil. Neue Autos sind dort tabu.

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© Pawel Sosnowski

Von Ingo Kramer

Görlitz. Allein schon die Fakten klingen nach einer Herausforderung: 7 500 Kilometer in zehn Ländern müssen die Teilnehmer der Rallye Baltic Sea Circle binnen 15 Tagen zurücklegen – und zwar ohne GPS, ohne Autobahnen und in Autos, die mindestens 15 Jahre alt sind. Richtig hart wird es aber, wenn man bedenkt, dass die Rallye um die Ostsee und zum Nordkap vom 24. Februar bis 10. März stattfindet – also im Winter, wenn auf manchen Streckenabschnitten minus 30 Grad Celsius auftreten können.

... im Februar und März bei der Rallye Baltic Sea Circle rund um die Ostsee fahren.
... im Februar und März bei der Rallye Baltic Sea Circle rund um die Ostsee fahren.

David Siebert und Sascha Giebelhausen schreckt das nicht ab, obwohl beide noch nie an einer Rallye teilgenommen haben. „Winter ist unser Ding“, sagt David Siebert. In den vergangenen Jahren ist der 32-jährige Görlitzer mit dem gleichaltrigen, aus Aschersleben stammenden Sascha Giebelhausen mehrfach im Winter übers Riesengebirge gewandert. „Wir wollen uns ja steigern“, sagt David Siebert. Auch sonst haben die beiden Freunde schon viele Touren zusammen gemacht, seit sie sich 2001 bei ihrer Ausbildung zum IT-Systemelektroniker in Boxberg kennengelernt haben. Inzwischen arbeiten sie an unterschiedlichen Orten: Sascha Giebelhausen als IT-Berater in Spremberg, David Siebert als Softwareentwickler in Cottbus. Am Wochenende pendelt er in seine Heimatstadt Görlitz.

Eine Autotour war bei den gemeinsamen Aktivitäten nie dabei, obgleich beide schon vor Jahren von der Tajik Rally gehört hatten. Irgendwie hat sie der Gedanke begeistert, mit dem Auto nach Tadschikistan zu fahren. Andererseits waren ihnen manche Länder entlang der Strecke zu heikel, sodass sie die Idee nie in die Tat umsetzten.

Erst im Sommer 2017 schauten sie mal genauer nach, welche Rallyes sonst noch existieren. Im Oktober schließlich stießen sie auf die Rallye Baltic Sea Circle, also die Ostseeumrundung. Als sie erfuhren, dass diese jetzt erstmals auch im Winter stattfindet, entschieden sie sich spontan dafür. „Wir suchen die Herausforderung“, sagt David Siebert. Dann ging alles ganz schnell. Das passende Auto suchten sie im Internet, wurden bald in Potsdam fündig: „Das hat nicht mal eine Woche gedauert.“ Der Galloper ist Baujahr 1999, also alt genug. Der Tüv war schon ein halbes Jahr abgelaufen, aber immerhin kostete das alte Dieselfahrzeug mit seinen 99 PS nur 2 000 Euro. „Jetzt hat er wieder Tüv und ist dadurch wohl mehr wert“, sagt David Siebert.

Er ist ein begeisterter Planer, kümmert sich um Routen, Karten und die Organisation der nötigen Visa. Sascha Giebelhausen dagegen ist mehr der autobegeisterte, technikbegabte Typ, der das Fahrzeug – wenn nötig – reparieren kann. „Er hat einen Dachgepäckträger aus einem alten Trampolin geschweißt“, berichtet David Siebert. Alles in allem ergänzen sich die beiden gut.

Ein anderer Punkt ist das Geld. Jedes Team zahlt eine Startgebühr von 950 Euro. Damit ist die Organisation der Tour bezahlt, zudem drei große Partys: Zum Start in Hamburg, dann am Nordpolarkreis und schließlich in Estland. Nicht im Preis enthalten sind Verpflegung und Unterkünfte. Darum müssen sich die Teams selbst kümmern. Die Herausforderung: Erst am Start in Hamburg erfahren sie die konkrete Route. So können sie vorab keine Unterkünfte buchen. „Wenn wir mal nichts finden, schlafen wir im Auto“, sagt David Siebert. Geeignete Schlafsäcke haben sie gekauft.

Der andere finanzielle Punkt: Die Spielregeln der Rallye besagen, dass jedes Team 750 Euro Spenden für wohltätige Zwecke sammeln muss. Wer 15 Tage lang Spaß hat, sich vergnügt, der soll auch etwas Gutes tun. „Wir haben über Kleinspender 650 Euro zusammenbekommen“, sagt David Siebert. Inzwischen aber hat der Chef von Sascha Giebelhausen eine Einzelspende von glatten 2 000 Euro überwiesen, sodass das Ziel weit übererfüllt ist. „Wir haben uns entschieden, dass alle Spenden an Kinder fließen sollen“, sagt David Siebert. So landen je 200 Euro bei der Unicef und bei der Arche Berlin, 100 Euro sind für eine Reittherapie für Kinder in Görlitz bestimmt – und die anderen 2 150 Euro wollen beide an die Kinderheime ihrer Heimatstädte Görlitz und Aschersleben aufteilen: „Das Geld wird demnächst überwiesen.“ Sollten weitere Spenden eingehen, bekommen die Kinderheime später weitere Raten.

45 Teams haben sich bisher für die Tour angemeldet. David Siebert und Sascha Giebelhausen sind das Team 40, die Zahl prangt auf ihrem Auto. Beim Start erhalten die Teams verschiedene Aufgaben. Pro Tag sind mehrere zu lösen. Oft geht es darum, ein Foto am jeweils zu findenden Ort zu machen, damit eine Wertung möglich ist. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt. Doch für David Siebert gibt es noch einen ganz anderen Anreiz: „Ich würde gern das Polarlicht sehen.“ Das wäre für ihn etwas Neues – und die Chancen stehen ganz gut.

http://bsc-winter.superlative-adventure.com

http://rallyesiegie.siemasoft.de (Teamseite)