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Görlitzer Berufsschule wehrt sich gegen schlechtes Image

Zweimal Polizei, einmal falsche Zeugnisse – in jüngster Zeit kam viel zusammen. Aber eigentlich hat sie einen guten Ruf

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Daniela Pfeiffer

Messerstecherei im Berufsschulzentrum! Diese Schlagzeile war wohl die härteste, die das Berufsschulzentrum (BSZ) in der Carl-von-Ossietzky-Straße in den vergangenen Monaten erdulden musste. Mitte September hatte ein 17-jähriger Asylsuchender einem gleichaltrigen einheimischen Jugendlichen mit einem Messer in den Arm gestochen. Vorher waren die Beiden offenbar in Streit geraten.

Nicht das erste Mal in diesem Jahr, das die Polizei anrücken musste: Im Mai mussten ein Schüler und eine Lehrerin wegen Augenreizungen und Atemwegsbeschwerden ärztlich versorgt werden, nachdem ein ägyptischer Schüler mit Pfefferspray hantiert hatte.

Vor allem die Messerattacke jüngst sorgte aber für einen Aufschrei auf der Internetplattform Facebook. Auch Schüler des BSZ meldeten sich dort zu Wort. Neben den mittlerweile üblichen Debatten um Flüchtlinge, drückten viele ihr Unverständnis darüber aus, dass es überhaupt möglich sei, ein Messer mit in die Schule zu bringen. So schreibt ein Nutzer: „Kampeleien gab es schon immer, aber Messer sind absolut tabu, es nimmt einfach Ausmaße an, die nicht tolerierbar sind. Ein Messer nehmen und es in den Körper eines Menschen zu stechen, muss man erst mal fertig bringen, das zeugt von einem enormen Gewaltpotenzial.“ So mancher forderte, Taschenkontrollen am BSZ einzuführen. Und wenn es nur stichprobenartig sei. Der Schülerrat allerdings spricht sich klar dagegen aus. „Wenn es um den Eingriff in die privaten Angelegenheiten von Schülern geht, worunter auch Taschenkontrollen fallen, muss die Sicherheit mit der Privatsphäre des Einzelnen abgewogen werden“, sagt Schülersprecher Nico Schötz. Er ist davon überzeugt, dass mit Taschenkontrollen die Sicherheit nicht erhöht werden würde. Außerdem wären solche Kontrollen mit Genehmigung des Schülers möglich.

Das Image der Schule verteidigt Schötz dagegen als ein gutes. Zwar räumt er „Unregelmäßigkeiten“ in den vergangenen Monaten ein. Aber wo viele Menschen seien – aktuell 1 600 Schüler und 110 Pädagogen – könnten eben auch Fehler passieren. So geschehen bei den falschen Noten, die einige Schüler im Sommer in ihren Zeugnissen stehen hatten. Mehrere Eltern wandten sich daraufhin an die SZ – der Schülerrat findet, dass das zu sehr aufgebauscht wurde. Es sei vollkommen normal, dass es auch falsche Zeugnisse geben kann. Dann gelte es, fix eine Lösung zu finden, woran am BSZ immer schnell und ernsthaft gearbeitet werde. „Unserer Schulleiterin Frau Liebig ist es wichtig, schnell zu einem Ergebnis zu kommen, wenn solche Diskrepanzen auftreten.“ So auch bei dem Messer-Vorfall. Beate Liebig, die die Schule seit einem Jahr leitet, gibt zu, dass der Vorfall alle bewegt hat: Schüler, Eltern, Lehrer. Aber an einem Ort wie dem BSZ herrsche pulsierendes Leben, wo auch zwischenmenschliche Spannungsfelder entstünden. In der Regel gelänge es, solche Spannungen als Chance zu betrachten und positiv einzubeziehen. Im konkreten Fall hätten aber Emotionen das Handeln bestimmt.

Im Nachhinein sei aber deutlich, dass Lehrer und der Sozialpädagoge der Schule schnell und korrekt reagiert haben. Schülersprecher Schötz sagt: „Ich bin stolz darauf, wie besonnen und angemessen Lehrer und Schüler gemeinsam die Situation beruhigten und die beiden auseinanderbrachten. Das zeigt, im Ernstfall kann man sich auf die Hilfe anderer im BSZ verlassen.“ Doch er betont, dass „so eine gewaltsame Tat in unserem Haus nicht geduldet wird. Wenn man sich streitet, ist das friedlich zu lösen, in keinem Fall mit Gewalt.“ Sobald die Ermittlungen der Polizei abgeschlossen und die Umstände klarer seien, würden sich die weiterführenden Sanktionen gegen den Täter ergeben. Schulleitung und Schülerrat haben das Ereignis jedenfalls direkt am nächsten Tag besprochen.

Die Stimmung am BSZ hat der Vorfall offenbar nicht langfristig verschlechtern können. Zumindest zeichnen Schülerrat, Schulleitung wie auch der Landkreis als Schulträger ein positives Bild und stellen der Messerattacke die Erfolge und schöne Augenblicke im Schulalltag gegenüber. Der Landkreis lobt die gute und hochmotivierte Arbeit der Schulleiterin, erwähnt die vielen Kooperationen und Kontakte zur Wirtschaft, zu Pflegeeinrichtungen oder zu allgemeinbildenden Schulen.

Anderen Kulturen gegenüber ist das BSZ aufgeschlossen. So wurde unlängst beschlossen, Polnisch in die Erzieherausbildung einzubinden. Einem sehr anspruchsvollen Feld habe sich die Schule mit den DAZ-Klassen und damit dem Unterrichten von jungen Flüchtlingen zwischen 15 und 18 Jahren verschrieben, heißt es vonseiten des Landkreises. Die Herausforderung dabei liege im sehr unterschiedlichen Bildungsniveau und der Unterschiedlichkeit der Nationalitäten und Kulturkreise.

„Über generelle Probleme mit jungen Flüchtlingen ist uns nichts bekannt“, sagt Nico Schötz. „Wir können feststellen, dass sich im letzten Jahr an der Stimmung im BSZ nichts geändert hat. Das Verhältnis der Schüler untereinander ist im Vergleich zu anderen Bildungsinstituten sehr respektvoll und gemeinschaftlich.“