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Görlitz verliert 200 Meter Gleis

Seit Montag wird am Bahnhof gebaut. Nicht nur Schienen verschwinden, sondern auch die alte Waschanlage.

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© nikolaischmidt.de

Von Matthias Klaus

Was rot ist, wird ausgewechselt, was gelb ist, kommt weg. So einfach ist das. Gerhard Marschner hat alles farbig auf weiß auf seinem ausgedruckten Papier. „Sehen Sie hier: Diese Gleise werden abgebaut, die erneuert“, sagt der Bauüberwacher des Bahnservice Dresden und deutet mit dem Finger auf gemalte Gleise und Weichen. Sein Plan sieht ein bisschen aus wie eine ehrgeizige Aufgabe für einen Modellbahn-Bastler. Ist es aber nicht. Seit Montag wird an der Sattigstraße in der Nähe des Görlitzer Bahnhofes gearbeitet. Auf Gerhard Marschners Ausdruck ist die Arbeitsstelle als „Nebenanlage“ bezeichnet. „Abstellanlage“ nennt sie hingegen Erika Poschke-Frost, Sprecherin der Bahn in Leipzig. Hauptsächlich komme Zwei-Wege-Technik zum Einsatz, sagt sie. Das bedeutet, die eingesetzten Fahrzeuge können sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene arbeiten. Gestern waren vor allem Bagger auf dem Gleis, die Bahnschwellen und ganze Gleisteile entfernten.

Die alte Waschanlage wird ebenfalls abgerissen. Sie hatte in der Vergangenheit Anwohner durch laute Geräusche bei starkem Wind genervt.
Die alte Waschanlage wird ebenfalls abgerissen. Sie hatte in der Vergangenheit Anwohner durch laute Geräusche bei starkem Wind genervt. © nikolaischmidt.de

So oder so: Die verbleibenden Gleise der Anlage werden unter anderem genutzt, um dem Zugpersonal einen reibungslosen Wechsel von Bahn zu Bahn zu garantieren, Züge generell abzustellen oder auch per Handwäsche zu reinigen. Denn: Die alte Waschanlage wird nun ebenfalls abgebaut. Schon vor Jahren hatte sie Görlitzer Anwohner um den Schlaf gebracht. Sobald es etwas windig wurde, begann die Konstruktion zu klappern. Aber noch 2007 schloss die Bahn aus, die Waschanlage abzureißen. Damals wollte das Unternehmen noch der Geräuschentwicklung auf den Grund gehen und Abhilfe schaffen. Heute sieht es dies offensichtlich anders. 200 Meter Gleis lässt die Deutsche Bahn in Görlitz entfernen, zum größten Teil im Zusammenhang mit der nicht mehr benötigten Waschanlage. In handliche Fünf-Meter-Stücke werden die betroffenen Schienen per Schweißbrenner zerschnitten, die Schwellen verladen und abtransportiert. Wohin genau, kann Gerhard Marschner auch nicht sagen. Es sind Holz- und Betonschwellen, sie alle werden fachgerecht entsorgt, da ist sich der Bauüberwacher sicher. Außerdem sind mehrere Weichen der Anlage von den Arbeiten betroffen. Acht werden insgesamt ausgebaut, sechs erneuert, zwei ersatzlos gestrichen. Die neuen Weichenteile liegen bereits auf der Baustelle. Rund zehn Arbeiter sind derzeit am Görlitzer Bahnhof im Einsatz. Bis zum 2. April sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. „Für uns ist das eher ein kleinerer Auftrag“, sagt Gerhard Marschner.

Gearbeitet wird trotz laufendem Bahnbetrieb. Das ist kein Problem. Die komplette Nebenanlage ist für die Bauzeit gesperrt. Ab 20. März rollt eine Stopfmaschine an. Sie wird den Unterbau neu verlegter Gleisabschnitte verdichten. Das Spezialfahrzeug fährt langsam über das Gleis, lässt den Schotter per Vibrationen sozusagen zusammenruckeln. „Das kann dann doch ganz schön laut werden“, sagt Bauüberwacher Gerhard Marschner.

Allerdings wird es bei dieser Geräuschentwicklung bleiben. Denn eine Warnanlage, eine sogenannte Rottenwarnanlage, wie die Bahn vorsorglich per Postwurfsendungen mögliche betroffene Anwohner vorwarnte, wird es nicht geben. Diese Tröten wären lauter als die Stopfmaschine. Aber derartige Hornsignale kommen nicht zum Einsatz. „Wir stellen nur eine Absperrung auf, damit Bauarbeiter nicht versehentlich auf das befahrene Gleis geraten“, sagt Gerhard Marschner. Das reiche.