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Görlitz setzt am Bahnhof auf Solarthermie

Die Pläne für den Brautwiesenbogen in Görlitz nehmen langsam Gestalt an. Von einer Idee aber muss sich die Stadt verabschieden.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Es war eine schöne Idee: Könnte man vielleicht die Ponte, die im Siebenbörner-Areal entspringt und gegenwärtig unterirdisch in Kanälen fließt, wieder ans Tageslicht holen? Ähnliches hat Leipzig bei Pleiße und Elster mit großem Erfolg getan oder auch die Lutherstadt Wittenberg. „Damit könnten wir auch etwas für das Klima in der Stadt tun“, hatte Uwe Berndt vom Amt für Stadtentwicklung vorigen Juni gehofft. Wichtige Frischluftschneisen verlaufen vom Siebenbörner über die Christoph-Lüders-Straße in die Innenstadt. Wenn dort zusätzlich Wasser verdunsten würde, verstärke das den kühlenden Effekt.

Das Ganze sollte einen Teilaspekt des Brautwiesenbogens bilden, jenes Vorhabens, bei dem in einigen Jahren ein großer Grüngürtel angelegt werden soll – vom Bahnhof bis zur Reichenbacher Straße und weiter über Weiße Mauer und Schlachthof bis zum früheren Waggonbaugelände im Werk I. Dafür hat die Stadt 8,1 Millionen Euro europäische Fördermittel aus dem Efre-Programm bewilligt bekommen.

Im Technischen Ausschuss musste Berndt in dieser Woche das Ende der Ponte-Überlegungen verkünden. Unter dem Namen „WasserWege“ war eine Studie zu diesem Thema geplant, erklärte Berndt den Stadträten und Gästen. Sie sollte prüfen, ob verrohrte und überbaute Bäche geöffnet werden können. Im Vorfeld haben sich Fachleute aus dem Rathaus und von den Stadtwerken nochmals intensiv mit den Gegebenheiten vor Ort befasst.

„Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass die Idee zwar gut ist, aber nicht umsetzbar“, so Berndt. Zum einen befinden sich die Bäche so tief unter der Erdoberfläche, dass das Wasser nicht mit vertretbarem technischen Aufwand in die Gestaltung integriert werden könne. Außerdem seien die erforderlichen Wassermengen nicht ganzjährig vorhanden. Das wiederum erschwere den Erhalt von offenen Wassergräben. Berndt bezeichnet es als eine Folge des Klimawandels: „Es fällt einfach weniger Niederschlag als früher.“ Doch auch wenn das Projekt „WasserWege“ damit gestorben ist, so bleibt für ihn wenigstens eine andere Hoffnung: „Realistisch ist zumindest, dass man Niederschlagswasser, das direkt vor Ort anfällt, zur klimatischen Verbesserung nutzen kann.“ Auf dem Schlachthofgelände habe es schon früher mal einen Tümpel gegeben. Den kann sich Berndt hier wieder vorstellen: „Darin kann Regenwasser zwischengespeichert werden für die eigene Versorgung innerhalb des Geländes.“

Viel besser steht es um ein zweites Projekt innerhalb des Brautwiesenbogens: Auf dem über 100 Meter langen Gebäude des alten Güterbahnhofs an der Bahnhofstraße soll eine Solarthermie-Anlage errichtet werden. „Das Gebäude selbst will der Waldorfverein von der Bahn erwerben und später als Schule nutzen“, so Berndt. Innerhalb des Efre-Programms seien Klimaschutz und regenerative Energien ein großes Thema. Und weil an der Bahnhofstraße vieles entstehen soll, etwa der Senckenberg-Neubau, die Erweiterung des Landratsamtes und die Waldorfschule, werde das Blockheizkraftwerk an der Salomonstraße möglicherweise auf Dauer nicht ausreichen.

Deshalb will die Stadt die Studie „Sonnenschiene“ für rund 6 000 Euro beauftragen. Im Gegensatz zu den „WasserWegen“ seien die Vorgespräche hier positiv verlaufen. Mit der Studie sollen vor allem technische Fragen geklärt werden. „Für die Umsetzung gibt es mehrere Varianten, und jede wird ihre Vor- und Nachteile haben“, erklärte Berndt im Technischen Ausschuss.

Fakt sei, dass nicht nur eine Fotovoltaik-Anlage zur Gewinnung von Strom gebaut werden soll, sondern eine Solarthermie-Anlage zur Erzeugung von Wärme. Die Fotovoltaik bildet da nur einen Ausschnitt, der überwiegende Anteil ist jedoch die Wärmeerzeugung. „Für den Laien sehen die Paneele aber fast identisch aus“, so Berndt. Bisher ist noch nicht geklärt, ob sie auf dem Dach des Güterschuppens oder vielleicht auch neben dem Gebäude aufgestellt werden können. Die Studie soll jetzt beginnen und maximal acht Wochen dauern: „Ende April wollen wir eine Entscheidungsgrundlage mit Kostenvoranschlägen und Alternativen auf dem Tisch haben.“ Danach kann die Stadt den konkreten Efre-Projektantrag stellen. Und wenn der bewilligt und das Gelände gekauft ist, soll gebaut werden.