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Görlitz feiert glücklichen Derbysieg

Niesky hätte dem NFV das Altstadtfest fast verdorben. Ein Elfmeter lässt das Pendel für Görlitz ausschlagen.

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© Foto: H.-E. Friedrich

Görlitz/Niesky. Spannung bis zur letzten Sekunde: Als der Görlitzer Torjäger Torsten Marx in der vierten Minute der Nachspielzeit beim letzten Konter den Überblick behielt und den Querpass mit der Innenseite des rechten Fußes direkt ins lange Eck verwandelte, rissen auf Görlitzer Seite alle die Arme hoch: 3:1. Das Derby gegen Eintracht Niesky war gewonnen. Aber es hätte auch ganz anders ausgehen können.

„Aus meiner Sicht war das eine unglückliche Niederlage. Wir haben am Ende sicherlich auch taktisch ein Stück Lehrgeld gezahlt. Vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif für einen Nieskyer Auswärtssieg in Görlitz“, sagte Eintracht-Trainer Gerd Seifert nach dem Spiel. Sein Gegenüber Fred Wonneberger erklärte: „Wir hatten noch unsere riesigen Personalprobleme. Wir wollten dieses Spiel einfach nur und irgendwie gewinnen. Wir sind froh, dass uns das gelungen ist. Um schönen Fußball ging es dabei nicht.“

Tatsächlich sahen die Zuschauer nicht unbedingt ein spielerisch und technisch hochwertiges Spiel. Die Gastgeber, die die Spielgenehmigungen für sechs Spieler nun doch nicht rechtzeitig bekommen hatten, fanden trotzdem etwas besser ins Spiel und gingen auch früh in Führung. Schneider hatte einen langen Ball mit dem Kopf verlängert, der Nieskyer Szynke legte ihn unfreiwillig perfekt für Torsten Marx vor. Und der Torjäger, der wenige Minuten zuvor als Torschützenkönig der vergangenen Saison ausgezeichnet worden war, ließ sich die Chance nicht entgehen (10.). Görlitz war danach nicht unbedingt feldüberlegen, hatte defensiv zunächst alles im Griff und sorgte immer wieder für Torgefahr. Die größte Gelegenheit zum 2:0 hatte Jonathan Schneider, der nach einem Freistoß in Tornähe an den Ball kam, aber zu überrascht war, um einzunetzen (28.).

Die Nieskyer versuchten es immer wieder mit hohen Flanken in den Strafraum auf Bogumil Jablonski, um dessen Kopfballgefährlichkeit die Görlitzer wussten und wegen der Trainer Wonneberger schon gemutmaßt hatte, dass ihm das Fehlen der körperlich großen Odrzywolski und Trnka vielleicht wehtun könnte. So kam es dann auch: Im Anschluss an einen zu kurz abgewehrten Standard brachten die Nieskyer den Ball noch einmal in den Strafraum, Jablonski legte mit dem Kopf auf seinen neuen Sturmpartner Okinszyc (ein großgewachsener 30-jähriger Pole mit polnischer Zweitligaerfahrung) ab. Der ließ den Ball für Paul Lehmann abtropfen und der ehemalige Görlitzer Spieler traf mit einem Dropkick unhaltbar flach in die linke Ecke. Plötzlich stand es 1:1. Die Nieskyer versuchten danach, immer wieder angetrieben vom lautstarken Gerd Seifert an der Seitenlinie, das Spiel mit viel läuferischem Aufwand besser in den Griff zu bekommen. Aber die beste Chance vor der Pause hatten noch einmal die Görlitzer. Ein Freistoß von Hildebrand an den langen Pfosten fand Marx, der den Ball mit dem Kopf aus Nahdistanz Richtung Tor bugsierte, aber Eintracht-Torwart Daniel Höher rettete reaktionsschnell.

Nach dem Seitenwechsel schien sich das Blatt zugunsten der Gäste zu wenden. Knackpunkt des Spieles war sicherlich die 59. Minute. Eintracht-Stürmer Okinszyc hatte einen langen Ball auf Linksaußen erlaufen und ihn flach vor das Tor zum heranstürmenden Paul Lehmann gespielt. Der Nieskyer war dann wohl eher als NFV-Torwart Bocok am Ball. Es kam zu einem Zusammenprall. Der Schiedsrichter bewertete die Szene für einen Bruchteil als kein Foul, entschied sich dann aber um und gab doch Elfmeter. Alle Diskussionen um diese Entscheidung erstickte NFV-Torwart Bocok, den den von Okinszyc scharf halbhoch ins linke Eck geschossenen Ball klasse parierte. Den Görlitzern gab das sichtbar Auftrieb, und die Nieskyer machten den Fehler, jetzt vielleicht zu viel zu riskieren. Jedenfalls spielte Marx bei einem Konter den an (oder vor? – ganz knappe Entscheidung) der Abseitslinie startenden Brasilianer Baumgarten frei. Der 19-Jährige lief allein auf Torwart Höher zu und versenkte den Ball eiskalt in die lange Ecke. Statt 1:2 für Niesky stand es jetzt 2:1 für Görlitz. Die Nieskyer schüttelten sich kurz und rannten weiter an, auch wenn beide Mannschaften angesichts der großen Hitze sichtbar an ihre konditionellen Grenzen geraten waren.

Das Mittel: weite hohe Bälle in und an den Strafraum und dann Nachsetzen. Die Abwehr der Görlitzer geriet einige Male ins Schwimmen, hielt letztlich aber. Die wohl beste Ausgleichschance hatte der eingewechselte Thomas Kliemt, der auf halblinks von Garbe freigespielt wurde, etwas zu lange brauchte und dann den Ball beim Abspielversuch nicht an Torwart Bocok vorbeibrachte (90. + 1). Auf der anderen Seite lag bei Kontern in die entblößte Nieskyer Abwehr immer der dritte Görlitzer Treffer in der Luft. So tankte sich Schneider von der Mittellinie aus durch und scheiterte dann mit letzter Kraft am prächtig reagierenden Höher. Aber schließlich machte ja Marx mit seinem schon vierten Saisontreffer den Sack zu.

Am Ende waren beide Trainer nicht unzufrieden. Der Nieskyer Gerd Seifert hat gesehen, dass sein Team in dieser Liga auf Augenhöhe mitspielen kann, der Görlitzer Fred Wonneberger wegen der drei Punkte und weil er davon ausgeht, dass in zwei Wochen die Passprobleme für wohl sechs Neuzugänge geklärt sind. Das Sachsenpokalspiel gegen Chemie Leipzig am kommenden Wochenende wird verlegt. Die Leipziger haben für Sonnabend ein Benefizspiel gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt vereinbart. Das Geld soll der Chemie-Heimstätte Alfred-Kunze-Sportpark zugute kommen.

Görlitz: Bocok – Fraustadt, Kazadi, Koblizek, Zubko – Markus (42. Gabriel), Hildebrand (84. Borkowski), Baumgarten, Winter (78. Horschke) – Marx, Schneider

Niesky: D. Höher – Szynke, Garbe, Ritter, Janus (88. Nitsche) – Hilbrich, Preuß, Lehmann (68. Joh. Kliemt), M. Höher (73. Th. Kliemt) – Okinszyc, Jablonski