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Gönner Güntz hat seine Gruft zurück

Für Dresdens bedeutendsten Stifter wurden 100 000 Euro auf einem Friedhof investiert, der eigentlich geschlossen ist.

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© Sven Ellger

Von Lars Kühl

Als das letzte Musikstück der Rathauspfeifer geblasen ist, hört der Regen auf. Gerade rechtzeitig, um das Haus einzuweihen. Justus Friedrich Güntz soll wieder in Würde ruhen. Er hat es verdient.

Justus Friedrich Güntz
Justus Friedrich Güntz © Archiv

Güntz war ein Gönner. Am liebsten gab er seinem liebgewonnenen Dresden. So wurde der umtriebige Geschäftsmann zu einem außerordentlichen Mäzen der Stadt. Jetzt ist es Zeit, ihm etwas zurückzugeben. Ein Platz und eine Straße sind bereits nach ihm benannt, mehrere Büsten aufgestellt, nun ist zudem seine letzte Ruhestätte rekonstruiert. Am Dienstag wurde das Grufthaus auf dem Eliasfriedhof an der Ziegelstraße übergeben. Seit September vorigen Jahres war es aufwendig saniert worden.

Eingefahren war Güntz nach seinem Tod am 11. Juli 1875 in die Familiengruft an der Westmauer, die 1723 errichtet worden war. Dort lagen bereits 50 Angehörige, erzählt Denkmalpfleger Matthias Voigt. Die Männer waren großteils angesehene Ärzte, hohe Angestellte am Hofe oder Theologen. Justus Friedrich Güntz hatte zu Lebzeiten noch anbauen lassen, sodass er selbst wahrscheinlich in einer Nebengruft liegt. Nur ein Jahr später wurde der Eliasfriedhof aus hygienischen Gründen geschlossen. Zunächst gab es Pläne, ihn mit einer Straße zu überbauen, dann war ein großer Park geplant. Nichts wurde umgesetzt. Stattdessen wurde das Grufthaus zu Güntz‘ 50. Todestag saniert. Als die Bomben im Februar 1945 auf Dresden fielen, wurde auch die Gruft beschädigt, das Dach brannte ab. Die Arkaden und Gitter hielten, stürzten aber später ein.

Das Grab fristete zunehmend ein trauriges Dasein. Nachfahren gab es nicht, keiner kümmerte sich. Bis der Förderverein des Eliasfriedhofes vor fünf Jahren begann, sich für eine Rekonstruktion stark zu machen. Weil die Anlage inzwischen nationales Kulturdenkmal ist, öffneten sich auch Fördertöpfe. Letztendlich kamen 100 000 Euro für die Sanierung zusammen.

Geld, das für die komplizierten Steinmetzarbeiten dringend benötigt wurde. Aus dem wenigen Originalen musste wieder ein Ensemble nach historischem Vorbild aufgebaut werden. Vieles, wie die Gesimse, das Dach und der Fußboden, ist neu, die zertrümmerten Stufen sind restauriert, sagt Voigt. Kompliziert war zudem die Herstellung des barocken Gitters.

Neu ist auch die Gedenktafel, die an das wechselvolle Leben von Güntz erinnert. Als Justus Friedrich wurde er am 21. Juli 1801 in Wurzen geboren. Nach dem Besuch der Meißner Fürstenschule St. Afra studierte er Jura in Leipzig und machte an der Jenaer Universität seinen Doktor. 1825 kam der junge Mann nach Dresden, um hier als Anwalt zu arbeiten. Später war er von 1836 bis 1841 sogar Stadtrat. Einen Namen machte sich Güntz aber als Redakteur und Besitzer des „Dresdner Anzeigers“. Eine Mandantin seines Vaters Friedrich Christian Güntz hatte 1829 das Anzeigenprivileg geerbt, die Vollmacht darüber aber lieber an seinen Herrn Papa übertragen. Der wiederum gab diese fünf Jahre später an seinen Sohn weiter. Damit nicht genug, Güntz jun. kaufte den „Dresdner Anzeiger“, den es damals bereits über 100 Jahre gab, 1837 für 27 000 Taler. Zwei Jahre später wurde er alleiniger Herausgeber. Danach wurde die Zeitung zum Amtsblatt von Dresden, die Auflagenzahlen schossen in die Höhe. Güntz gab sogar ab 1848 ein anzeigenfreies Beiblatt heraus: das „Dresdner Morgenblatt für Unterhaltung und Belehrung“.

1854 beendete Güntz seine aktive Mitarbeit. Allerdings besaß er weiter das Herausgeberrecht, welches er 1856 einer gemeinnützigen Stiftung überließ, die er selbst gegründet hatte. Dazu bewogen hatten ihn auch schwerste Schicksalsschläge: Er verlor innerhalb von zwölf Jahren drei Frauen, dann den Sohn. 1861 starb noch seine 19-jährige Tochter. In die Stiftung floss ein Großteil seines nicht unerheblichen Besitzes, vorgesehen für wohltätige Zwecke und die Stadtverschönerung. Für die Verwaltung des Geldes war Dresdens Oberbürgermeister zuständig.

Güntz verdankt die Stadt beispielsweise das Bürgerheim an der Pfotenhauerstraße, heute nach Umbauten das DRK-Pflege- und Seniorenzentrum „Clara Zetkin“, das Güntzheim in Trachau, inzwischen das Krankenhaus Neustadt, oder die Erweiterung des Materni-Hospitals, Vorgänger des Pflegeheims „Elsa Fenske“. Auch eine Speiseausgabe für Arme wurde eingerichtet. Die Güntz‘sche Stiftung finanzierte so bedeutsame Bauten wie das mittlerweile abgerissene Güntzbad an der Carolabrücke. Mit dem Geld konnten zudem die Güntzwiesen als Sportflächen angelegt werden, wo sich heute unter anderem das DDV-Stadion und das Georg-Arnhold-Bad befinden.

Unterstützt wurden zudem Künstler, die herausragende Werke schufen, wie das Körnerdenkmal auf dem Georgplatz, das Rietscheldenkmal auf der Brühlschen Terrasse, der Gänsediebbrunnen in der Weißen Gasse oder der Zwillingsbrunnen am Albertplatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stiftung der anonymen Sammelstiftung von Dresden angegliedert und schließlich 1951 aufgelöst.

Nächste öffentliche Führungen: 11. Juni, 17 Uhr; 26. Juni, 17 Uhr; 2. Juli, 17 Uhr, 24. Juli, 15 Uhr