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Gnadenhof steht vor dem Aus

Die Besitzerin in Neundorf kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten. Außerdem muss sie sich gegen üble Verleumdungen wehren.

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© Norbert Millauer

Von Mareike Huisinga

Pirna. Mit traurigem Blick schaut Silvia Peschel auf die Pferdeställe ihres Hofes in Pirna-Neundorf. Die meisten Boxen sind leer. „Ich musste die Notbremse ziehen und kann den Gnadenhof in der bisherigen Form nicht weiterführen“, sagt sie. Vor 32 Jahren gründete sie den Hof direkt an der Gottleuba, um Tieren, die keine Chance mehr haben, Asyl zu geben und ihnen einen würdevollen Lebensabend zu bieten.

Jetzt aber kam alles anders. Die Tierarztkosten stiegen an, genauso wie die Ausgaben für das Futter. Silvia Peschel benötigt ein neues Auto für den Gnadenhof. Das jetzige Fahrzeug ist über 34 Jahre alt. Ein Mitarbeiter, der über viele Jahre ehrenamtlich und sehr engagiert auf dem Hof aushalf, bekam vom Jobcenter eine Weiterbildungsmaßnahme angeboten: Er fällt seit diesem Jahr aus.

Wirtschaftlich das Genick gebrochen haben Silvia Peschel jedoch die Forderungen der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Um den Gnadenhof zu finanzieren, meldete sie einen gewerblichen Reitbetrieb an, für den jährlich Versicherungsbeiträge fällig werden. Für 2018 drohen Zahlungen von 1 300 Euro, die Summe wurde drastisch erhöht. „Alle Bemühungen meinerseits, die Beiträge der Berufsgenossenschaft zu senken oder gar eine Befreiung zu bekommen, sind fehlgeschlagen. Es ist traurig, dass nur nach Richtlinien entschieden wird“, sagt Peschel. Schließlich wolle sie mit ihrem Unternehmen keinen Gewinn erzielen, wie zum Beispiel reine Zuchtbetriebe. „Vielmehr haben wir uns bemüht, Tieren zu helfen, die verletzt waren, fast verhungert wären oder misshandelt wurden“, sagt sie.

Da sie diesen Beitrag nicht zahlen kann, meldete die Gnadenhofbesitzerin das Gewerbe für den Reitbetrieb zum Jahresende ab. Damit fällt aber auch ihre wirtschaftliche Grundlage weg.

Die Folgen sind dramatisch. Bereits acht Pferde haben den Gnadenhof verlassen müssen. Sie wurden sachsenweit vermittelt. Fünf Tiere bleiben auf dem Neundorfer Hof. Einige Reiter, die sich jahrelang in den Betrieb einbrachten, haben sie übernommen. Aktuell suchen noch drei Pferde ein neues gutes Zuhause. Interessenten für sie gibt es aber bereits.

Kleintiere können bleiben

Allerdings kämpft Silvia Peschel nicht nur um das wirtschaftliche Überleben. Außerdem muss sie sich noch gegen üble Verleumdungen im Internet wehren. In den sozialen Netzwerken kursieren Gerüchte, dass die Pferde jetzt zum Abdecker kommen sollen. „Das ist absoluter Blödsinn. Hier wird kein Tier geschlachtet“, sagt Silvia Peschel. Schließlich habe sie die Pferde aufgenommen, damit diese leben können. „Dafür haben wir jahrelang hart gearbeitet“, fügt sie hinzu.

Über 40 Pferde fanden in den zurückliegenden Jahren auf dem Gnadenhof ein neues Heim. Nicht selten handelte es sich dabei um ehemalige Renn- und Turnierpferde, die sich verletzt hatten und dann von ihren Besitzern abgestoßen wurden. „Bei Pferden wird oftmals nur die Funktion gesehen, aber die Besitzer vergessen, dass die Tiere auch eine Seele haben“, sagt Silvia Peschel. Außerdem scharren zahlreiche Hühner aus Legebatterien im Hof, und seit 2013 gehört Hund Sammy aus Ungarn zur Menagerie. Auch er hat, wie fast alle anderen Tiere auf dem Gnadenhof, eine tragische Geschichte. „Er sollte getötet werden und war ein Dreivierteljahr in einem kleinen Käfig eingesperrt“, berichtet Peschel. Die früheren Besitzer hatten ihn wiederholt auf den Kopf geschlagen, weshalb das Tier jetzt zu erblinden droht.

Trotz der Notsituation, in der sich der Gnadenhof befindet, bleiben die Kleintiere auf dem Gelände. Pferde werden aber nicht mehr aufgenommen. Nachdenklich krault Silvia Peschel ihrem Liebling Sammy die Ohren. Wie es jetzt weitergeht, kann sie nicht sagen. Aufgeben will sie aber nicht. „Wenn wir finanzielle oder ehrenamtliche Unterstützung bekommen, könnten wir den Gnadenhof vielleicht doch noch retten“, überlegt sie laut.