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Glück kann man nicht kaufen – aber Eis

Er trotzt erfolgreich Softeis & Co: Sandro Marcon aus der Nähe von Venedig betreibt seit 20 Jahren sein Geschäft in Großenhain.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Er ist der Mann, dem die Frauen vertrauen. Dem Väter gern den einen oder anderen Euro zustecken und der Kinderherzen in die Höhe fliegen lässt. Sandro Marcon verwöhnt die Großenhainer mit unzähligen Sorten Eis und das bereits seit zwei Jahrzehnten. Ein Jubiläum, das er selbst beinah verpasst hätte. „Offengestanden ist die Zeit nur so dahingeflogen. Es ist beinah unwirklich, dass ich hier in Großenhain schon so lange ansässig bin“, bekennt der 42-Jährige und lacht.

Ohne Zweifel, Sandro Marcon tut noch immer gern, was er tut. Kein Wunder auch, die Eisherstellung ist dem zweifachen Vater schließlich gewissermaßen in die Wiege gelegt worden. Aufgewachsen in einem idyllischen Dorf am Fuße der Voralpen, nur 60 Kilometer von Venedig entfernt, schaute er seinem Papa Francesco bereits als kleiner Junge über die Schulter. Milch, Sahne, Zucker und Traubenzucker – ein in der Familie Marcon überliefertes Grundrezept, an welchem seit Generationen nicht gerüttelt wird. Dass sich zunächst nur durch die Geschmacksrichtungen Vanille, Erdbeere oder Schokolade unterschied und an Basilikum oder Chili noch nicht zu denken war. „Ganz klar, diese Sorten sind nun mal die absoluten Klassiker! Auch ich mag es eher traditionell. Aber im Sinne der Kundschaft kann ich mich bestimmten Trends freilich nicht verschließen“, erklärt Marcon.

Bevor er überhaupt deren Notwendigkeit infrage stellen würde, lernte der Italiener erst mal etwas Grundsolides. Er wurde Bankkaufmann. Eine Ausbildung, die Sandro Marcon zwar erfolgreich abschloss, die er – allen jugendlichen Vorsätzen zum Trotz – aber niemals in eine berufliche Tätigkeit münden ließ. „Im Alter von 15, 16 Jahren hatte ich zwar immer ausdrücklich betont, dass ich mal nicht ins Eisgeschäft einsteigen will. Doch dann kam es genau so“, gesteht Sandro Marcon.

Wie gut für die Großenhainer und Gäste der Stadt, dass sich der Italiener anders entschieden hat. 1996 erlernte er das Handwerk bei Giuseppe Mazzorana, einem alten erfahrenen Eismeister aus den Dolomiten. In den Bergen von Val di Zoldo habe schließlich die kalte Leckerei ihren Ursprung gefunden. Immerhin heißt es, dass die ersten zoldanischen Eiskonditoren aus Zoppè stammten, und dass sie die Geheimnisse dieser Kunst von den Gelatieri aus Cadore gelernt haben. Von eben diesen seien sie später als billige Arbeitskräfte nach Wien geholt worden. Dabei hätten sie gelernt, wie man Speiseeis herstellt, und schon bald machten sich auch die Zoldaner selbstständig und zogen Ende des 19. Jahrhunderts mit ihrem Speiseeiskarren durch die Hauptstadt der Donaumonarchie.

Sandro Marcon zog auch – und zwar 1997 mit seiner Frau Lara ins sächsische Großenhain. Hier hatte es dem jungen Mann am besten gefallen. Hier gab es bereits ein ansprechend hergerichtetes Stadtzentrum und ein Ladenlokal, das für ein Eiscafé nicht besser geeignet sein konnte. Auf dem Großenhainer Hauptmarkt, unmittelbar in der Nähe des Rathauses, dem Wochenmarkt, der Kirche und zahlreichen Geschäften würde sich sein köstlicher Traum in weiß, rosa oder gelb bestimmt gut verkaufen lassen. Oder etwa nicht? „Am Anfang hatte ich ganz schön zu kämpfen! Immerhin schrieben wir erst acht Jahre nach der Wende. Viele Menschen schworen noch immer auf ihr geliebtes Softeis und das hatte ich nicht im Angebot“, gibt Sandro Marcon zu bedenken.

Etwas, dass sich bis heute im Übrigen nicht geändert hat. Die bei minus 18 Grad in der Theke kühl gehaltenen Kreationen werden immer noch von ihm selbst zubereitet. Mittlerweile in täglich wechselnden Geschmacksrichtungen und eben saisonalen Trends folgend. Ausprobieren tue er gern und ein Leben ohne sein Eis könne sich der bekennende Fußballfan dank seiner stets mithelfenden Frau Lara wirklich nicht vorstellen. Der schönste Platz für Sandro Marcon – dessen Nachname dem frisch gewählten französischen Staatsoberhaupt Emmanuel Macron verdächtig nahekommt – ist noch immer der im beschaulichen Hinterraum des Großenhainer Cafés. Dort steht seine Eismaschine. Dort zaubert er das Glück, was es tatsächlich im „San Marco“ seit 20 Jahren zu kaufen gibt.