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Glück gehabt, altes Haus

Die Stadt wollte das umstrittene „Hotel am Terrassenufer“ abreißen lassen. Doch dafür sah das Verwaltungsgericht keine Grundlage. Die Eigentümer wollen jetzt kräftig investieren.

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Von Tobias Winzer

Als Richterin Susanne Dahlke-Piel ihr Urteil verkündet hatte, fiel der Druck von Max Trapp merklich ab. Der Eigentümer des Hotels am Terrassenufer musste bis gestern Vormittag befürchten, dass er sein Hochhaus unweit der Carolabrücke schnell abreißen muss. Das jedenfalls wollte die Stadtverwaltung mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht erreichen. Wie sich jedoch in der etwa einstündigen Verhandlung zeigte, gibt es dafür keinerlei vertragliche Grundlage. „Jetzt ist die Erleichterung natürlich groß“, sagte Trapp kurz nach der Urteilsverkündung. Gemeinsam mit seinem Vater Ernst und Hoteldirektor Dino Filpi machte er sich sofort auf den Weg, um den 40 Mitarbeitern die frohe Botschaft zu verkünden. Die Stadt muss sich unterdessen fragen lassen, warum sie es auf den Prozess hat ankommen lassen.

„Jetzt ist die Erleichterung natürlich groß.“ Die beiden Eigentümer des Hotels am Terrassenufer Max (l.) und Ernst Trapp müssen den Zwölfgeschosser nicht abreißen. Nun wollen Vater und Sohn kräftig investieren. Foto: Steffen Füssel
„Jetzt ist die Erleichterung natürlich groß.“ Die beiden Eigentümer des Hotels am Terrassenufer Max (l.) und Ernst Trapp müssen den Zwölfgeschosser nicht abreißen. Nun wollen Vater und Sohn kräftig investieren. Foto: Steffen Füssel

Denn Dahlke-Piel ließ kein gutes Haar an dem Vertrag, den die Stadtverwaltung im Juli 1993 mit den Trapps geschlossen hat. Das Schriftstück sollte als Beleg dafür herhalten, dass sich die Eigentümer damals zu einem Abriss verpflichtet haben. Doch die Formulierungen erwiesen sich gestern als schwammig. Im Paragraf 1 ist zwar von einem Abriss die Rede. Eine Frist dafür gibt es aber nicht. Es ist lediglich festgehalten, dass das Hochhaus „alsbald“ und „nach frühestens zehn Jahren“ abzureißen sei. Also schon nach 20 Jahren? Nach 40 Jahren? Oder erst nach hundert Jahren? „Das ist ein weites Feld“, sagte Richterin Dahlke-Piel.

Eigentümer plant nun den Umbau

Noch bizarrer wurde es bei dem Vertragspunkt, der den Trapps nach dem Abriss eine „wirtschaftlich gleichwertige Nutzungsmöglichkeit“ zusichert. Nach den Plänen der Stadt sollten die Hoteleigentümer mit einem Nachbargrundstück entschädigt werden, auf dem bis 2005 ein baugleiches Hochhaus stand. Die Haken an der Sache: Die Trapps sollten die Fläche erstens zum normalen Grundstückswert kaufen, was bei der Lage ein Millionenbetrag wäre. Zweitens ist es technisch nicht möglich, dort ein ähnlich großes Hotel mit 200 Zimmern zu bauen, denn die Stadt will laut Bebauungsplan freien Blick ins Elbtal und kein Hochhaus mehr zulassen.

Dahlke-Piel folgerte, dass den Trapps also nur Nachteile entstehen. „Das ist keine vertragliche Grundlage.“ „Da müsste die Stadt schon einmal ein bisschen Geld in die Hand nehmen.“ Selbst die Vertreterin des städtischen Rechtsamtes räumte ein: „Der Vertrag hat Unzulänglichkeiten.“ So war relativ schnell klar, dass die Klage der Stadt kaum Aussicht auf Erfolg hat.

Richterin Dahlke-Piel erlaubte sich abschließend einen Seitenhieb. „Die Chance, den Abriss vertraglich zu regeln, wurde schon 1991 vertan.“ Die Treuhandanstalt, die das ehemalige Volkseigentum nach der Wiedervereinigung verwaltete, hatte das Hochhaus damals an die Familie Trapp verkauft – ohne sich eine spätere Abrissverpflichtung zusichern zu lassen.

„Das lief damals alles an den rechtlichen Steuerungsmöglichkeiten der Stadt vorbei“, sagte die Vertreterin des Rechtsamtes. Der Vertrag mit der Stadt zwei Jahre später wurde geschlossen, weil die Trapps Genehmigungen für Sanierungen und Umbauten brauchten. Warum der Vertrag damals so schlampig formuliert worden war, wurde gestern nicht geklärt. „Heute würden wir das jedenfalls nicht mehr so machen“, so die Rathausmitarbeiterin.

Mit dem gestrigen Urteil scheint der Plan der Stadt, auf dem Grundstück irgendwann eine Kultureinrichtung zu bauen und die Steinstraße zu verlängern, obsolet. Eigentümer Max Trapp jedenfalls hat noch große Pläne mit seinem Hotel. „Jetzt haben wir wieder den Kopf frei für neue Dinge“, sagte er. Bereits vor drei Jahren hatte er der Stadt Pläne präsentiert, wonach das Haus und die Fassade umgebaut werden sollen. Sie waren damals jedoch mit Verweis auf den geplanten Abriss abgelehnt worden.

Der Entwurf des Dresdner Architekturbüros Rohdecan sieht vor, dass die strenge Plattenbaustruktur aufgelöst wird. Durch eine spezielle Farbtechnik soll die Fassade dann dreidimensional wirken und sich insgesamt harmonischer in die Umgebung einfügen. „Wir sind sicher, dass wir jetzt eine gute Kompromisslösung finden“, sagte Trapp. Die Stadt äußerte sich gestern nur knapp zu dem Urteil. Man wolle zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann Schlussfolgerungen ziehen. Ob eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht beantragt wird, ist noch offen.