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Glocken sind zurück

Auf ihren Klang müssen die Brockwitzer aber noch warten. Von außen ist der Kirchturm fast fertig saniert.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Dicke schwere Wolken hängen über dem Elbdorf. Nieselregen nervt. Das passt so gar nicht zu dem, was sich in wenigen Minuten hier an der Brockwitzer Kirche abspielen wird. Etwas Freudiges, lang Erwartetes. Die beiden Kirchenglocken kommen zurück. Und finden in der Heimat beinahe dasselbe Wetter vor wie beim Verlassen der Kirche Ende April.

Als sie den langen Weg in die Niederlande antraten, um im Glockenschweißwerk Asten repariert zu werden. Denn die Jahre, in denen sie zuverlässig Dienst taten, sind nicht spurlos an ihnen vorübergegangen. Eine lange Zeit. Die Ältere, Baujahr 1625, mit 450 Kilogramm schwerer und größer als ihre 250-Kilo-Schwester aus dem Jahr 1847, hat nun einen neuen Schlagring – der Bereich, wo der Klöppel anschlägt. Die Jüngere besitzt wieder eine komplette Krone, der fehlte ein Bügel.

Jetzt warten sie aufs Hinaufschweben zum Turm. Das wollen sie sich nicht entgehen lassen, die Brockwitzer, die sich nach und nach an der Kirche einfinden. Und feststellen: Diesmal läuft alles ein wenig anders als bei der Abnahme vor einem reichlichen halben Jahr.

Kein Minikran ist in Stellung gebracht, sondern ein Ladekran, ein italienischer Fassi-Kran, wie Kranführer Sven Merzdorf von Mentner-Krane sagt. Zuerst kommt die kleinere Glocke an den Haken. Geradezu überpünktlich tritt sie ihre kurze Luftfahrt an. Sven Merzdorf steuert das Ganze fern, hat den besten Überblick von oben, vom Turmfenster. Dort verharrt der Kranarm kurz. Dann schiebt sich die Glocke perfekt ausgerichtet ins Innere. Wo sie von zwei Mitarbeitern der Heidenauer Glockenläute- und Elektroanlagen GmbH in Empfang genommen wird. Kurz darauf ist Nummer zwei an der Reihe, passt in Höhe und Breite gerade so durch die Fensteröffnung. Präzise gesteuert, wird auch sie schließlich mithilfe eines Kettenzugs auf dem Boden der Glockenstube abgesetzt.

Für die Zuschauer gibt es nun außen nichts mehr zu sehen. Und auch nichts zu hören. Worauf offensichtlich mancher gewartet hat. Doch bis die Glocken wieder klingen können, müssen sie erst mal hängen. Und das geht nicht ohne die hölzernen Joche, drehbar gelagerte Balken, an denen sie im Glockenstuhl befestigt werden. Die Joche fehlen allerdings noch. Wie Manfred Richter, der kirchliche Baupfleger, bestätigt, ist der Glockenstuhl bereits repariert und überarbeitet, bietet den Glocken künftig einen neuen Platz. Damit sie endlich an der richtigen Stelle hängen.

Über 70 Jahre war das große Glockenfeld frei. Die größere Glocke hing im kleinen Feld, die kleine davor. Künftig besetzt jede das, was ihr größenmäßig zusteht. Doch erst müssen die Zimmerleute die Joche anfertigen. Wofür jetzt, da die Glocken endlich da sind, Maß genommen wird. Dabei müssen die Glockenbauer ran. René Müller von der Heidenauer Firma erklärt anhand der alten Joche auf dem Dachboden der Kirche, wie die Glocken festzumachen sind. Mit dem Glockeneinbau werden er und seine Kollegen etwa eine Woche zu tun haben, nachdem die Zimmerei die Joche fertig hat. Was ebenfalls einige Zeit in Anspruch nimmt.

Nach der Sanierung von Kirchturmdachstuhl und Dachreiter ist es nun Pfarrer Matthias Quentin zufolge die große Hoffnung der Brockwitzer, dass die Glocken zu Weihnachten wieder geläutet werden können. Er selbst konnte das Hochheben wegen eines Arbeitsunfalls leider nicht mit erleben. Freut sich aber natürlich sehr darüber, dass die Glocken daheim sind und die Sanierung so gut wie beendet ist.

Nach dem Durchfädeln der Glocken soll die im Frühjahr entfernte Sandstein-Mittelsäule im Turmfenster wieder eingesetzt und dann gestrichen werden, sagt Baupfleger Manfred Richter. In Kürze kann auch das Gerüst verschwinden, das den Turm jetzt noch einhüllt.