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Glashütte tickt international

Die Uhrenstadt wirkt für viele Menschen wie ein Magnet. Eine neue Ausstellung zeigt, wie es dazu gekommen ist.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Der Name der Stadt sorgt bei vielen für glänzende Augen. Sie denken sofort an die exklusiven Uhren, die hier produziert werden. Die neue Sonderausstellung im Deutschen Uhrenmuseum zeigt, welchen Anteil die frühere Deutsche Uhrmacherschule daran hat, dass Glashütte weltweit bekannt geworden ist. Diese war nach ihrer Gründung vor 140 Jahren deutschlandweit die Ausbildungsstätte für das Uhrmacherhandwerk schlechthin. Jeder, der seinem Sohn oder seiner Tochter eine gute Uhrmacherausbildung zukommen lassen wollte, schickte sie nach Glashütte. Bis zu ihrer Schließung 1951 besuchten mehr als 2 500 Schüler diese Institution, berichtet Museumsmitarbeiterin Anke Johne. Ein Jahr lang hat sie an der Konzeption dieser Ausstellung gearbeitet.

Vier talentierte Uhrmacherschüler

Von Ostpreußen nach Glashütte Eva Fitkau ist eine der wenigen Frauen, die an der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte ausgebildet wurden. Die gebürtige Ostpreußin, sie wurde im Januar 1912 in Elbing geboren, besuchte die Schule in den Jahren von 1930 bis 1933. „Sie war die einzige Schülerin, die das Gangmodell eines ‚Fliegenden Tourbillons‘ fertigte“, sagt Ausstellungsmacherin Anke Johne. Eva Fitkau wurde 1945 verschleppt. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Von Ostpreußen nach Glashütte Eva Fitkau ist eine der wenigen Frauen, die an der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte ausgebildet wurden. Die gebürtige Ostpreußin, sie wurde im Januar 1912 in Elbing geboren, besuchte die Schule in den Jahren von 1930 bis 1933. „Sie war die einzige Schülerin, die das Gangmodell eines ‚Fliegenden Tourbillons‘ fertigte“, sagt Ausstellungsmacherin Anke Johne. Eva Fitkau wurde 1945 verschleppt. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
Von Südafrika nach Glashütte Gustav Tripmaker, geboren 1882 im südafrikanischen Winburg, kam 1902 als Schüler nach Glashütte. Nach der Ausbildung blieb er als Englischlehrer. Zuerst wurde er probehalber angestellt, 1910 erhielt er auf Vorschlag des Aufsichtsrates eine feste Stelle, weil er erfolgreich im Unterrichten der englischen Sprache war. Im gleichen Jahr lernten in Glashütte u. a. drei Russen, zwei Brasilianer und je ein Amerikaner und ein Schweizer.
Von Südafrika nach Glashütte Gustav Tripmaker, geboren 1882 im südafrikanischen Winburg, kam 1902 als Schüler nach Glashütte. Nach der Ausbildung blieb er als Englischlehrer. Zuerst wurde er probehalber angestellt, 1910 erhielt er auf Vorschlag des Aufsichtsrates eine feste Stelle, weil er erfolgreich im Unterrichten der englischen Sprache war. Im gleichen Jahr lernten in Glashütte u. a. drei Russen, zwei Brasilianer und je ein Amerikaner und ein Schweizer.
Von Glashütte nach Australien Ferdinand T. Haschka besuchte die Deutsche Uhrmacherschule im Rahmen einer Weiterbildung vom April bis Oktober 1881. Danach gründete er mit einem Mitschüler eine Uhrenfirma in Australien. Letztlich wurde er in New York sesshaft und leitete dort die Uhren-Abteilung der Fa. Tiffany & Co. Das ist die erstaunliche Karriere eines Osterzgebirglers. Haschka wurde 1861 im sächsischen Teil des Grenzdorfes Müg-litz geboren.
Von Glashütte nach Australien Ferdinand T. Haschka besuchte die Deutsche Uhrmacherschule im Rahmen einer Weiterbildung vom April bis Oktober 1881. Danach gründete er mit einem Mitschüler eine Uhrenfirma in Australien. Letztlich wurde er in New York sesshaft und leitete dort die Uhren-Abteilung der Fa. Tiffany & Co. Das ist die erstaunliche Karriere eines Osterzgebirglers. Haschka wurde 1861 im sächsischen Teil des Grenzdorfes Müg-litz geboren.
Von Glashütte nach Finnland  Leonard Tuomi (1891–1962) machte sich aus Finnland auf, um sich von 1922 bis 1923 in der Glashütter Uhrmacherkunst ausbilden zu lassen. Danach kehrte er in sein Heimatland zurück und gründete dort die erste finnische Uhrmacherschule. Er unterrichtete seine Schüler nach der „Glashütter Methode“. Nach diesen Vorgaben werden die finnischen Uhrmacherschüler noch heute ausgebildet, sagt Ausstellungsmacherin Anke Johne.
Von Glashütte nach Finnland Leonard Tuomi (1891–1962) machte sich aus Finnland auf, um sich von 1922 bis 1923 in der Glashütter Uhrmacherkunst ausbilden zu lassen. Danach kehrte er in sein Heimatland zurück und gründete dort die erste finnische Uhrmacherschule. Er unterrichtete seine Schüler nach der „Glashütter Methode“. Nach diesen Vorgaben werden die finnischen Uhrmacherschüler noch heute ausgebildet, sagt Ausstellungsmacherin Anke Johne.

Um die Geschichte lebendig werden zu lassen, stellt das Museum exemplarisch einige der Schüler mit Fotos und ihren Arbeiten vor. „Es gibt sehr spannende Biografien“, sagt Frau Johne. Es sei sehr schwer gewesen, eine Auswahl zu treffen. Letztlich folgte sie einem Ziel. In der Ausstellung möchte sie zeigen, dass sich das Uhrenhandwerk von heute in einem kaum von dem vor hundert Jahren unterscheidet. Es ist international. Damals wie heute kommen Uhrmacher und Uhrenliebhaber aus aller Welt nach Glashütte. Eine Karte, die in der Mitte des Ausstellungsraumes hängt, verdeutlicht das. In den 73 Jahren der Deutschen Uhrmacherschule wurden neben den deutschen Lehrlingen auch 421 junge Menschen aus 37 verschiedenen Ländern in Glashütte unterrichtet. Es gab Lehrlinge, die aus den USA, Costa Rica, Indien, Tansania und Russland nach Glashütte kamen, um das Uhrmacherhandwerk zu lernen.

Weibliche Seite der Uhrmacherei

„Meist waren es die Söhne von Uhrenhändlern“, erklärt Museumsleiter Reinhard Reichel. Diese wurden nach Glashütte geschickt, damit sie verstehen, wie eine Glashütter Uhr funktioniert, um sie später im väterlichen Laden besser verkaufen zu können. Nicht jeder Plan ging auf. Es gab nicht wenige Lehrlinge, die in Glashütte „hängengeblieben“ sind. „Aus Schülern wurden Lehrer“, sagt Reichel. Einer, den ältere Glashütter noch kennen dürften, war Alfred Helwig. Der gebürtige Niederlausitzer kam 1904 nach Glashütte, um sich hier weiterbilden zu lassen. Seine außergewöhnlichen Leistungen beeindruckten die Lehrer. 1913 begann er als Aushilfslehrer, später bekam er eine Festanstellung, und 1923 wurde er Oberlehrer. Es gab auch die, die nach ihrer Glashütter Ausbildung im Ausland Karriere machten, wie der Müglitzer Ferdinand T. Haschka oder Fred Gruen. Letzterer kam 1892 aus Amerika nach Glashütte zur Ausbildung. Gruen lernte Paul Assmann, den Sohn des angesehenen Uhrenfabrikanten Julius Assmann, kennen. Beide Familien gründeten später eine gemeinsame Firma, die „Grünsche Uhrenfabrikation Grün und Assmann“. Assmann produzierte anschließend für Gruen ein Uhrwerk, welches in den USA von der dort tätigen Tochterfirma „D. Gruen & Son“ in Uhren eingebaut wurde. Diese wurden in den USA verkauft.

Obwohl heute nur noch wenige Uhrmacher leben, die an der Deutschen Uhrmacherschule aus- und weitergebildet wurden, sind Anke Johne und Reinhard Reichel überzeugt, dass die Ausstellung ihre Besucher findet. Vor allem die Nachfahren jener 2 500 Absolventen dürfte es interessieren, warum ihre Vorfahren nach Glashütte gekommen sind, wie ihre Ausbildung aussah und wie sie ihre Freizeit auslebten. Denn auch darauf gibt die Ausstellung Antworten. „Junge Menschen haben Leben in die Stadt gebracht, es gab ein reges Vereinswesen“, sagt Reichel. Es wurde ein Gesangsverein gegründet, es wurde Theater gespielt. Das lasse sich mit heute nicht vergleichen – heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, so Reichel. In der Ausstellung wird auch die weibliche Seite der Uhrmacherei gezeigt. Die ersten jungen Frauen wurden 1902 aufgenommen. „Sie hatten die gleichen Rechte, Pflichten und Möglichkeiten“, sagt Frau Johne. Dennoch blieb die Zahl der Frauen gering. Bis zur Auflösung der Uhrmacherschule waren es 44. In einer Vitrine sind einige ihrer Arbeiten zu sehen.

Auf ein großes Interesse könnte der Computer stoßen, den Anke Johne installieren ließ. Hier kann nach Vorfahren oder Bekannten gesucht werden. Jeder der ehemaligen Schüler wurde aufgelistet, bei über 100 gibt es auch Fotos. „Wir hoffen, dass uns Nachfahren weitere Informationen geben“, sagt Frau Johne. Sicher werden auch Besucher aus Holland und Österreich nach Glashütte kommen, sagt Reichel. Denn auch aus diesen beiden Ländern gibt es Verbindungen nach Glashütte.

Die Ausstellung „Mehr als Theorie und Praxis. Deutsche Uhrmacherschule Glashütte 1878 – 1951“ ist vom 4. Mai bis 6. Januar 2019 täglich von 10 bis 17 Uhr zu sehen.