Von Maik Brückner
Glashütte. Der Name der Stadt sorgt bei vielen für glänzende Augen. Sie denken sofort an die exklusiven Uhren, die hier produziert werden. Die neue Sonderausstellung im Deutschen Uhrenmuseum zeigt, welchen Anteil die frühere Deutsche Uhrmacherschule daran hat, dass Glashütte weltweit bekannt geworden ist. Diese war nach ihrer Gründung vor 140 Jahren deutschlandweit die Ausbildungsstätte für das Uhrmacherhandwerk schlechthin. Jeder, der seinem Sohn oder seiner Tochter eine gute Uhrmacherausbildung zukommen lassen wollte, schickte sie nach Glashütte. Bis zu ihrer Schließung 1951 besuchten mehr als 2 500 Schüler diese Institution, berichtet Museumsmitarbeiterin Anke Johne. Ein Jahr lang hat sie an der Konzeption dieser Ausstellung gearbeitet.
Vier talentierte Uhrmacherschüler
Um die Geschichte lebendig werden zu lassen, stellt das Museum exemplarisch einige der Schüler mit Fotos und ihren Arbeiten vor. „Es gibt sehr spannende Biografien“, sagt Frau Johne. Es sei sehr schwer gewesen, eine Auswahl zu treffen. Letztlich folgte sie einem Ziel. In der Ausstellung möchte sie zeigen, dass sich das Uhrenhandwerk von heute in einem kaum von dem vor hundert Jahren unterscheidet. Es ist international. Damals wie heute kommen Uhrmacher und Uhrenliebhaber aus aller Welt nach Glashütte. Eine Karte, die in der Mitte des Ausstellungsraumes hängt, verdeutlicht das. In den 73 Jahren der Deutschen Uhrmacherschule wurden neben den deutschen Lehrlingen auch 421 junge Menschen aus 37 verschiedenen Ländern in Glashütte unterrichtet. Es gab Lehrlinge, die aus den USA, Costa Rica, Indien, Tansania und Russland nach Glashütte kamen, um das Uhrmacherhandwerk zu lernen.
Weibliche Seite der Uhrmacherei
„Meist waren es die Söhne von Uhrenhändlern“, erklärt Museumsleiter Reinhard Reichel. Diese wurden nach Glashütte geschickt, damit sie verstehen, wie eine Glashütter Uhr funktioniert, um sie später im väterlichen Laden besser verkaufen zu können. Nicht jeder Plan ging auf. Es gab nicht wenige Lehrlinge, die in Glashütte „hängengeblieben“ sind. „Aus Schülern wurden Lehrer“, sagt Reichel. Einer, den ältere Glashütter noch kennen dürften, war Alfred Helwig. Der gebürtige Niederlausitzer kam 1904 nach Glashütte, um sich hier weiterbilden zu lassen. Seine außergewöhnlichen Leistungen beeindruckten die Lehrer. 1913 begann er als Aushilfslehrer, später bekam er eine Festanstellung, und 1923 wurde er Oberlehrer. Es gab auch die, die nach ihrer Glashütter Ausbildung im Ausland Karriere machten, wie der Müglitzer Ferdinand T. Haschka oder Fred Gruen. Letzterer kam 1892 aus Amerika nach Glashütte zur Ausbildung. Gruen lernte Paul Assmann, den Sohn des angesehenen Uhrenfabrikanten Julius Assmann, kennen. Beide Familien gründeten später eine gemeinsame Firma, die „Grünsche Uhrenfabrikation Grün und Assmann“. Assmann produzierte anschließend für Gruen ein Uhrwerk, welches in den USA von der dort tätigen Tochterfirma „D. Gruen & Son“ in Uhren eingebaut wurde. Diese wurden in den USA verkauft.
Obwohl heute nur noch wenige Uhrmacher leben, die an der Deutschen Uhrmacherschule aus- und weitergebildet wurden, sind Anke Johne und Reinhard Reichel überzeugt, dass die Ausstellung ihre Besucher findet. Vor allem die Nachfahren jener 2 500 Absolventen dürfte es interessieren, warum ihre Vorfahren nach Glashütte gekommen sind, wie ihre Ausbildung aussah und wie sie ihre Freizeit auslebten. Denn auch darauf gibt die Ausstellung Antworten. „Junge Menschen haben Leben in die Stadt gebracht, es gab ein reges Vereinswesen“, sagt Reichel. Es wurde ein Gesangsverein gegründet, es wurde Theater gespielt. Das lasse sich mit heute nicht vergleichen – heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, so Reichel. In der Ausstellung wird auch die weibliche Seite der Uhrmacherei gezeigt. Die ersten jungen Frauen wurden 1902 aufgenommen. „Sie hatten die gleichen Rechte, Pflichten und Möglichkeiten“, sagt Frau Johne. Dennoch blieb die Zahl der Frauen gering. Bis zur Auflösung der Uhrmacherschule waren es 44. In einer Vitrine sind einige ihrer Arbeiten zu sehen.
Auf ein großes Interesse könnte der Computer stoßen, den Anke Johne installieren ließ. Hier kann nach Vorfahren oder Bekannten gesucht werden. Jeder der ehemaligen Schüler wurde aufgelistet, bei über 100 gibt es auch Fotos. „Wir hoffen, dass uns Nachfahren weitere Informationen geben“, sagt Frau Johne. Sicher werden auch Besucher aus Holland und Österreich nach Glashütte kommen, sagt Reichel. Denn auch aus diesen beiden Ländern gibt es Verbindungen nach Glashütte.
Die Ausstellung „Mehr als Theorie und Praxis. Deutsche Uhrmacherschule Glashütte 1878 – 1951“ ist vom 4. Mai bis 6. Januar 2019 täglich von 10 bis 17 Uhr zu sehen.