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Gift im Wein: sechs Betriebe betroffen

Der Freistaat schließt die Kontrollen in 39 Weingütern ab. Sechs Winzerbetriebe haben unerlaubte Pflanzenschutzmittel verwendet - ein Unternehmen ist „massiv betroffen“.

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© dpa

Von Dominique Bielmeier

Dresden/Meißen. Insgesamt sechs sächsische Winzerbetriebe haben unerlaubte Pflanzenschutzmittel bei der Pflege ihrer Weinreben eingesetzt. Das teilt Sachsens Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, Barbara Klepsch (CDU), am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Dresden mit. Einer der sechs Betriebe sei zudem „massiv betroffen“. Die Staatsministerin sprach von mehreren 100 000 Litern Wein, der Hälfte des gesamten 2015er Jahrgangs des Unternehmens. Nach SZ-Informationen handelt es sich dabei um die Winzergenossenschaft Meißen.

„Wir konnten belegen, dass die allermeisten kontrollierten Betriebe rechtskonform arbeiten. Die übergroße Mehrzahl der analysierten Weine erfüllt die an sie gestellten Erwartungen“, so Klepsch weiter. In den Monaten April und Mai wurden im Rahmen eines Sonder-Landesüberwachungsprogramm in 39 Betrieben Proben entnommen und 100 zusätzliche Analysen durchgeführt. Oberstes Ziel ist es laut Klepsch, den Ruf des sächsischen Weines wiederherzustellen. Denn: „Die Branche spürt bereits den Vertrauensverlust in die sächsische Marke des Weines.“

Die Auswahl erfolgte aus 48 Betrieben mit mehr als 10 Hektolitern Produktion, die zuvor noch nicht kontrolliert worden waren - oder unzureichende Eigenkontrolluntersuchungen vorweisen konnten. Ziel der durchgeführten Analysen war es, sich ergänzend zu den Ermittlungen der zuständigen Vor-Ort-Behörden einen Gesamtüberblick über die Verwendung von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in sächsischen Weinbaubetrieben zu verschaffen.

Neue Testverfahren

Um zukünftig einen weiteren Weinskandal zu verhindern, führt der Freistaat nun neue Testverfahren für Qualitäts- und Prädikatsweine ein. Künftig würden alle Weine, für die eine amtliche Prüfnummer beantragt werde, ausschließlich an der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen analysiert, so die Ministerin. Das Sozialministerium werde auf Grund der besonderen Ausgangssituation bis auf Weiteres alle in der Landesuntersuchungsanstalt ankommenden Weine in diesem Rahmen zusätzlich auch auf verbotene Pflanzenschutzmittel überprüfen.

So solle sichergestellt werden, dass sächsische Qualitäts- und Prädikatsweine aufs Strengste auch auf Pflanzenschutzmittel untersucht werden. „Wir schaffen damit einen glaubwürdigen und nachprüfbaren Qualitätsbeleg für den sächsischen Wein und schützen damit auch die Marke Sächsischer Wein“, erklärt Klepsch. Ein striktes Qualitätsmanagement - verbunden mit engen Kontrollen – solle künftig das Image des Weinlandes Sachsen stärken. Zusätzlich würden die sächsischen Landweine ab der kommenden Lese wieder im Rahmen eines Sonderüberwachungsprogramms der amtlichen Lebensmittelüberwachung schwerpunktmäßig kontrolliert.

Ministerin Klepsch schloss ihre Presskonferenz mit einem dringenden Appell: Alle belasteten Produkte, die noch im Verkauf seien, müssten zurückgerufen werden - auch wenn von dem gefundenen Dimethoat keine gesundheitliche Gefahr ausgehe. Diesem Aufruf, der bereits an die Weinbaubetriebe kommuniziert wurde, kämen jedoch nicht alle nach. Der Betrieb, der vom Dimethoat-Fund am stärksten betroffen ist, wolle das nicht tun. Niemand dürfe aber das Gefühl bekommen, dass Fehlverhalten toleriert oder gar anerkannt werde, so die Ministerin.

Winzergenossenschaft verteidigt sich

Ein Sprecher der Winzergenossenschaft sagte im Gespräch mit der SZ, er könne den Angriff der Ministerin „in dieser Härte“ nicht verstehen. Es seien nur noch vereinzelt belastete Weine im Umlauf, Händler und Winzer seien informiert worden. Viele hätten sich freiwillig dagegen entschieden, den belasteten Wein zurückzugeben. Doch selbst heute könne jeder, der einen solchen Wein zuhause habe, diesen gegen eine unbelastete Flasche oder den Kaufpreis bei der Winzergenossenschaft umtauschen. Alles, was an belastetem Wein gefunden wurde, sei gesperrt worden, so der Sprecher. Goldriesling stehe zum Beispiel palettenweise im Keller. Informationen zu weiteren belasteten Weinen, die im Verkehr seien, lägen der Winzergenossenschaft nicht vor.

Christoph Reiner, der Vorstandsvorsitzende des sächsischen Weinbauverbandes, begrüßte die umfassenden Kontrollen des Ministeriums als „richtungsweisend“. Die Untersuchung habe deutlich gezeigt, dass von den rund 2 300 Weinbautreibenden im Freistaat weit weniger als ein Prozent Pflanzenschutzmittel nicht sachgemäß angewandt hat. Einem Generalverdacht gegen die Winzerschaft werde dadurch vorgebeugt und für den Verbraucher bedeute es mehr Sicherheit. „Ich bin sehr glücklich und hoffe, dass wir dadurch ein Stück weiter kommen“, so Reiner. Ihm sei außerdem angekündigt worden, dass bei der Landesuntersuchungsanstalt personal- und analysetechnisch aufgestockt werde. Vor allem die neue Analysetechnik stehe dann der sächsischen Lebensmittelüberwachung generell zur Verfügung – und ließe sich beispielsweise auch für Fruchtsäfte verwenden, die deutlich mehr Dimethoat enthalten dürfen als der Wein.